Volltext Seite (XML)
den Paß von Lückendsrf verfolgen lassen. Darunter sind die neuesten Rekonstruktionen der eiszeitlichen Tiere Mammut, Wollhaar-Nashorn und Riesenhirsch ausgestellt. Dadurch, daß diese von Künstlerhand in der Landesanstalt für Vorgeschichte in Halle hergestellten Modelle den gleichen Maßstab haben, lassen sich auch die Größenverhältnisse der Tiere leicht ersehen. Nachbildungen eines Unterkiefers vom Nashorn und eines Backenzahnes vom Mammut sowie die ausgestellten Reste vom Geweih und von Knochen des Riesenhirsches vermögen die wirkliche Größe dieser Tiere anzudeuten. Ein Schaukasten birgt Reste der Kultur der Eiszeiimenschen. Deutlich tritt in den ausgestellten Werkzeugen der Unterschied der beiden Kul turkreise, die man unterscheidet, in die Erscheinung. In der „Faustkeil-Zeit" lebte die uns gegenwärtig bekannte älteste Menschenrasse, der Neandertalmensch. Die zurück fliehende Stirn, tiefliegende und von mächtigen Knochenwülsten überschattete Augen, eine breite platte Nase in Verbindung mit einem stark betonten Gebiß und dem fehlenden Kinnoorsprunge stempelten diesen Menschen nicht zu einer Schönheit. Er lebte vom Sammeln pflanzlicher und tierischer Produkte und der Jagd. Von den Waffen und Geräten des Neandertalers sind Faustkeile aus Feuerstein, Schaber und Kratzer aus gleichem Stoffe ausgestellt. Daneben wurden noch Holzkeulen und Stöcke verwendet. Hochgewachsene Menschen, mit einem dem heutigen Nordeuropäer ähnelnden Schädelbau sind die Träger der „Klingenzeit". Diese Cro-Magnon-Rasse fertigte sich schön gedengelte Klingen aus Feuerstein, die als Messer, Dolche, Lanzen- und Pfeilspitzen Verwendung fanden. Der Bogen muß von ihr somit erfunden sein. Aus Knochen und Geweih stellte man Nadeln, Pfriemen und Harpunen her. Die Be schäftigung bestand aus der Sammlertätigkeit, dem Fischfänge und der Jagd. Bei letzterer zeigt uns den älteren Steinzeit menschen ein Bild, das eine Mammutjagd darstellt. Ein an deres Bild läßt uns einen Blick in das Höhlenleben dieser Menschen tun. Hier überrascht vor allem den Beschauer die Ausübung der Malkunst, die aus dieser Zeit uns in besonders schönen Proben in Südfrankreich erhalten geblieben ist: aber nach in Süddeutschland und Österreich aufgefundenen Knochen schnitzereien muß auch hier die darstellende Kunst eine Pflege stätte gefunden haben. An einer weiteren Wandfläche sind die „Mittlere und die Jüngere Steinzeit" dargestellt. Die „Mittlere Steinzeit", deren Zeitdauer man von 12006 bis 4000 v. Ehr. ansetzt, hatte ein dem unsrigen ähnelndes Klima. Große Wälder erstreckten sich weit und breit. Drei Bilder führen hier in die Lebensweise der Nachkommen der Eiszeitjäger ein: Pilzesuchen vor 10000 Jahren, Fischfang vor 10000 Jahren und Jäger beim Feuer bohren vor 10000 Fahren. Als Fagdtiere wurden erlegt: Wild schwein, Urstier, Wisent, Wildpferd, Elch, Rot- und Reh-Wild. Unter dem ausgestellten Kulturgerät von Messern, Schabern, Pfeilspitzen, Geröll- und Spitzhacken aus Stein erscheinen hier zum ersten Male Geräte aus unserer engsten Heimat. Es gelang Dr. Gandert in diesem Sommer, bei Kohlfurt in den Dünen die dort von ihm erwarteten und gesuchten Kleingeräte, die sog. Mikrolithen, aufzufinden. Das übrige Kulturgerät aus der Steinzeit entstammt näher und ferner liegenden Gebieten. An Fertigkeiten hat der Mensch dieser Zeit die Töpferei, den Stein schliff, das Spinnen und Weben hinzugelernt. Im Ausgange des 6. und 5. Jahrtausends geht er zum Ackerbau und zur Viehzucht über: damit wird er seßhaft und beginnt feste Häuser zu bauen. Mit einem Bilde „Hausbau vor 5000 Jahren" wird in die „Jüngere Steinzeit" hinübergeleitet, aus der auch noch eine Wasserjagd vor 5000 Jahren bildlich dargestellt ist. Ein Bild „Bandkeramische Siedlung" weist uns auf die in der jüngeren Steinzeit unterschiedenen beiden Kreise des „Nor dischen Kulturkreises" und des „Donau —Balkan- Kreises" hin. Ihre Tonmare ist verschieden und wird zur Unterscheidung der beiden Kulturkreise benützt. Aus dem Süd- osten stammt die „Bandkeramik", und ihre Träger wanderten als Ackerbauer in Mitteldeutschland ein. Mit dem Übergang zu Ackerbau und Viehzucht und der damit verbundenen Seßhaftig keit waren große Unterschiede in der Lebensweise im Vergleich mit dem älteren Steinzeitmenschen verbunden. Die Verwendung des gleichen Werkzeugstoffes (Stein) verbindet sie aber mit ihren Vorgängern. Die Verwendung eines neuen Materials zur Herstellung von Waffen und Werkzeugen zeigen uns die gegenüberliegende Wand und die Fensterseite. Hier herrscht die Bronze der „Bronze-Zeit", die man von 2000 bis 800 v. Ehr. ansetzt. Das ist das vorgeschichtliche Zeitalter, das in unserer Ober lausitz reiche und prächtige Funde aus seiner Kultur hinter lassen hat und — hieraus zu schließen — eine überaus starke Besiedlung aufzuweisen hatte. Diese stärkere Besiedlung wird als Folge eines damals wärmer und trockener werdenden Klimas aufgefaßt. Der Wald nahm an Umfang ab und gab neues Siedlungsland frei. Bon den fünf Perioden der Bronze- zeit sind aus den Abschnitten 3 bis 5 reiche Schätze in unserem Museum vorhanden, aber nur wenige ausgewählte Stücke in einem Schranke zur Ausstellung gelangt, der es gestattet, die Unterschiede der Tonware in diesen Perioden zu unterscheiden. An den Gefäßen der dritten Periode setzt der Henkel fast stets etwas unter dem oberen Gefäßrande an, während die Tonware der vierten Periode öfters den Henkel darüber hinausgreifend zeigt und dies bei den Gefäßen der fünften Periode regelmäßig der Fall ist. Die Tonware dieser Zeiten aus unserer Ober lausitz ist hervorragend schön und hoch entwickelt auch in der Behandlung des Tones, der auf seiner Oberfläche fein rot oder lederglänzend, oft auch glänzend schwarz getönt ist. Am schönsten ist die Tonware der „L a u s itz e r K u l t«r", wie sie von Virchow benannt worden ist, aus der dritten Periode. Am auf fälligsten werden die Gefäße durch ihre Buckelverzierung, die in den nachfolgenden Perioden sich allmählich verliert und durch andere Verzierungen ersetzt wird. Auch die Schönheit und Strenge der Formen läßt nach und macht allmählich — und besonders gegen Schluß der Bronzezeit — einer Vielheit der Formen Platz, deren Deutung vielfach große Schwierigkeiten bietet. Es ist auffällig, daß dieser geschmackvollen Töpferware der Lausitzer die Bronzeschmiede keine gleichwertige Bronze- waren gegenüberstellen konnten. Im dritten Jahrtausend v. Ehr. war das Kupfer als wertvolle Handelsware aus Ungarn und Spanien nach Mitteldeutschland gekommen; bald darauf aber wurde es auch im Salzkammergut bergmännisch gewonnen. Doch erst die gefundene Legierung von 90 Teilen Kupfer mit 10 Teilen Zinn ermöglichte seine Verwendung als Werkzeug metall. Neben den Bronzewaffen und Geräten fällt unter den Schmuckstücken besonders eine große Fibel auf, die man als Gewand- oder Sicherheitsnadel verwendete. Besonders lehrreich ist die aus sehr schönen Stücken dargestellte Entwickelung des Vronzebetles von den ursprünglich dem Steinbeil abgesehenen bis zu den selbständigen Formen. Ein Bild veranschaulicht das Gewerbe des Vronzegießers und erlaubt einige der bronze zeitlichen Gußarten (offener und verdeckter Herdguß, Schalen guß, Guß in der verlorenen Form) bildlich anzuschauen. Aus der großen Fülle des Materials, das aus der Lausitzer Kultur vorhanden ist, sei nur noch die Frage der Herkunft der Lausitzer gestreift. Sie war einst heiß umstritten und spielte im Kampfe der Nationalitäten eine große Rolle. Allmählich hat sich das Geheimnis zum großen Teile gelüstet, und der Führer durch die Ausstellung äußert sich dahingehend, daß die Träger der Lausitzer Kultur mit den Germanen verwandt, aber selbst keine Germanen sind. Seit dem Beginne der Bronzezeit lassen sie sich als geschlossene Gruppe in Skandinavien und Norddeutschland erkennen. Es sind aber auch keine Slaven, wie die polnischen Archäologen jetzt noch glauben und auch die tschechischen For scher früher annahmen. Die lausitzischen Bronzezeitleute sind vielmehr eine Bevölkerung, die noch im 5. Jahrhundert v. Ehr. ihre ostdeutschen Wohnsitze verließ und nach Südosten in die Gebiete ihrer Stammverwandten abwanderte. Diese verwandten Stämme waren die Illyrier. Man darf also annehmen, daß die Lausitzer Kultur illyrisch ist.