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Aus der ältesten Geschichte der Kottmarsdorfer Kirche Wer kennt sie nicht, die Kirche auf dem Berge! Land beherrschend schaut ihr Turm in unsere Lausitzer Heimat. Bet klarem Wetter kann man von ihm gegen 40 Kirchen zählen. Die Gemeinde Kottmarsdorf kann nun in diesem Jahre ein Jubiläum feiern. Bor 400 Jahren, im Jahre 1829, wurde hier als eine der ersten Gemeinden hiesiger Gegend die Reformation eingeführt. Grund genug, einmal auf die Geschichte dieser Kirche hinzuweisen. Die Kirche ist sehr alt. Bereits 1346 wird sie in einer Einteilung der Kirchspiele als eine Filiale von Löbau er wähnt. Allerdings war es nur eine Kapelle, in der noch zur katholischen Zeit jährlich einigemal ein Kaplan aus Löbau die Messe las. Infolge des Heiligenkultus war sie der heiligen Kathrina und heiligen Anna geweiht. Leider läßt sich nicht feststellen, wann diese Kapelle erbaut und zu katholischen Gottesdiensten geweiht worden ist. Luthers Thesen und Schriften hatten auch ihren Weg in die Lausitz gefunden. In Kottmarsdorf fanden sich die Einwohner bereits 1520 zusammen, um die Nachrichten über die neue Lehre zu erfahren. So vergingen die Jahre. Die Kunde, daß Bautzen evangelisch sei, drang auch auf die Höhe. 1529 kehrten Bewohner aus Löbau zurück, die dort eine Predigt vom Magister Weise, der Parochus in Löbau war, gehört hatten. Weise mußte seines evangelischen Glau bens zufolge Löbau verlassen und ging nach Kottmarsdorf, als einer Filiale der Kirche zu Löbau. Sehr zu bedauern ist es, daß aus dieser Zeit des Über ganges vom Katholizismus zum evangelischen Glauben keine handschriftlichen Aufzeichnungen vorhanden sind und diesem ersten evangelischen Pfarrer bis jetzt noch kein Ge- dächtuissteiu errichtet worden ist. Wenn nun auch in der Kapelle die evangelische Lehre verkiindet wurde, so wurde doch an den Sonntagen vor den Namenstagen der beiden Schutzpatroninnen, der heiligen Kathrina und der heiligen Anna, deren Legenden bis zum Jahre 1703 gelesen. Auf Weise folgte Maternus Starke, der aus Senften berg stammte und Schulmeister in Pulsnitz gewesen ist. Sein Amtsantritt erfolgte um 1549. Auch von ihm ganz wenig bekannt, da die einzige Quelle, das von ihm ange legte Kirchenbuch, nicht mehr vorhanden ist. Dieser Verlust ist sehr zu beklagen, da die alten Kirchenbücher oft durch Einträge ortsgeschichtlicher Art sehr interessant gemacht worden sind und bei der Anlage von Ortschroniken als reiche Fundgrube mit berücksichtigt werden müssen. Nach der einen Lesart soll dieses Buch im Dreißigjährigen Kriege nach Löbau in Sicherheit gebracht worden und dort von Soldaten weggenommen und zerrissen worden sein. Ein anderer Bericht besagt, daß es bei einer durch Blitz schlag entstandenen Feuersbrunst im Hause des Kirchvaters Knobloch in Obercunnersdorf im Jahre 1676 verbrannt sei. Obercunnersdorf war Tochterkirche von Kottmarsdorf. Die Verbindung beider Gemeinden soll seit den ältesten Zeiten bestanden haben, durch Rezeß vom 22. April 1597 wurden die Verhältnisse fest geregelt. Die Pfarrer von Kottmarsdorf waren verpflichtet, die „gehörigen Pfarr-, Sorg- und Kirchenümter als predigen, Beichte hören, Sa kramente reichen, taufen, copulieren ltrauen), begraben, wie sichs gebührt, zu versehen." Als Gegenleistung mußte Obercunnersdorf „den gewöhnlichen Decem, der sich in Allem auf 25 Scheffel Korn und 25 Scheffel Hafer erstreckte, neben den gebräuchlichen affektorien" aufbringen. Bon jeder Leichenpredigt erhielt der Pfarrer einen „Schreckenberger". Das Kirchengebänüe mußten die Kottmarsdorfer selbst er halten. „Wenn aber an den Wohngebäuden des Pfarr hauses und der Schulen zu Kottmarsdorf was baufällig, so sollen die Obercunnersdorfer zu solchen Bau den dritten Groschen oder Pfennig zu geben schuldig sein." Da sich die Gemeinde Obercunnersdorf sehr rasch ver größerte und bald viermal so groß wie die Muttergemeinde Kottmarsdorf war, so regte sich der Wunsch nach einem eigenen Pfarrer. Diesem Wunsche wurde durch ein Kgl. Reskript vom 28. Dezember 1818 entsprochen. Die Aus pfarrung wurde am 20. Mai 1819 vollzogen. Pfarrer Joh. Gottlob Borns verließ Kottmarsdorf und wurde als all einiger Pfarrer von Obercunnersdorf eingesetzt. Als Ent schädigung wurde an das Kirchenärar Kottmarsdorf eine Abfindungssumme von 2100 Talern gezahlt. Auch für die Gemeinde Kottmarsdorf wurde die Ka pelle, die vielleicht 50 Leuten Platz bot, zu klein. Im Laufe der Jahre sind wohl Erweiterungsbauten vorgenommen worden, was aus einem Bericht von Magister Kunkel zu ersehen ist: „Die vorige Kirche muß schon euren Vorfahren seyn zu enge worden, denn man hat an den Mauern war genommen, daß sie sowohl in die Höhe als Breite erweitert worden. Nachdem aber die Gemeinden, sonderlich in Ober- Cunnersdorfs, ungemein angewachsen, so ward endlich das liebe Gotteshaus vor eine so große Menge dermassen zu klein, daß man nicht ohne Mittleiden das Gedränge des begierigen Volkes ansehen konte." Nachdem man verschiedene Baupläne erwogen hatte, entschied man sich für einen Neubau. Am 27. April 1735 konnte der erste Stein in den Grund gelegt werden. Von verschiedenen Seiten wurde der Kirchenbau gefördert, so daß am 28. Oktober- 1736 Kirchweihfest gehalten werden konnte. Die Geschichte dieses Gotteshauses, das in wenigen Jahren sein 200 jähriges Jubiläum feiern kann, sei einer späteren Arbeit Vorbehalten. W. L. Die „Renaissancestadt" Görlitz Görlitz ist nicht die geringste unter den Städten Deutsch lands- Einstmals war es berühmt wegen "seines Reich tums, geachtet als bedeutende Handelsstätte, beliebt ob seiner wundervollen Lage an der Neiße. Heute ist Görlitz ein wichtiger Verkehrspunkt geworden, der nach allen vier Himmelsrichtungen bedeutungsvolle Schienenwege schickt. Mittlerweile hat es auch einen Flughafen bekommen. Was aber Görlitz bekannt werden ließ, sind insbesondere seine unvergleichlich schönen Baudenkmäler. Darein teilt sich die alte Zeit mit erhabenen Zeugen aus der Renaissance und die neue Zeit mit ausdrucksvollen Formen der moder nen Baukunst. Ein Gang durch die Stadt bietet Genüsse, wie sie nicht gleich wieder zu finden sind. Daher spielt Görlitz auch als Fremdenstadt eine Rolle, denn groß ist die Zahl derer, die Görlitz als Kronzeugen einer glanz vollen Epoche in Deutschland kennen lernen wollen. Wer mit der Bahn sich der Stadt nähert, der hat von allen Seiten her einen schönen Überblick über die Stadt. Viele Türme, stattliche Kirchen, wuchtige Industriebauten, herrliche Anlagen, reizvolle Umgebung. Das merkt auch der Fremde auf den ersten Anblick. Der große Bahnhof läßt Schlüsse zu auf den gewal tigen Verkehr. Von ihm aus führt eine richtige Geschäfts straße in die innere Stadt. Da reichen sich die aufstrebende Handelsstadt und die alte Kunststätte die Hand. Meist inter essante Renaissancebauten, die Görlitz in dieser Hinsicht an die erste Stelle in Deutschland rückten. Wer diese Zeit ken nen lernen will, muß Görlitz aufsuchen, sonst wäre sein Wissen lückenhaft, fragmentarisch. Die innere Stadt umschließt gewissenhaft die Schätze aus alter Zeit. Da kann man immerfort stehen bleiben und bewundern. Auf dem Marienplatze trotzt den Einflüssen der Wandlungen durch Jahrhunderte immer noch der „dicke Turm". Wer solche Bauten aufrichten konnte, der konnte die Bürger in Sicherheit wiegen. Sehenswert macht den