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auf den Kippen vor, die aber auch nur im Schutz der Weiß- erlen ein frohes Wachstum zeigen. Im Allgemeinen kränkeln im Laufe der Jahre fast alle Nadelholzbestände. Teilerfolge sind nur bei günstiger Windrichtung zu verzeichnen, die Rauchschäden nicht auf kommen lassen. Kiefernreinkulturen, in unmittelbarer Nähe der Industriegebiete, die ständig unter Rauchschäden leiden, zeigen einen erbärmlichen Wuchs, sind infolgedessen vollkommen unrentabel und decken kaum die aufgewende ten Kulturkosten. Auch nach jahrelanger Beobachtung sol cher Mißbestände, die tatsächlich in ihrem kümmerlichen Wuchs fast auf dem Boden hinkriechen, zeigt sich keine gün stige Veränderung. Außerdem wird durch den feinen Koh lenstaub nicht nur die Entwicklung der Pflanzen gehemmt, sondern auch die Brandgefahr beim Nadelholz beständig vermehrt. Fast alle Jahre fallen solche Nadelholzbestände dem Feuer zum Opfer. Laubholz ist bekanntlich dieser Ge fahr weniger ausgesetzt und hat sich überhaupt bei der Kul turmethode auf den Kippen glänzend bewährt. Seit einigen Jahren hat man in mehreren Gegenden der Niederlausttzer Industriegebiete in unmittelbarer Nähe von Senftenberg NL. Versuche mit der Wieöerknltur sol cher Kippenböden unternommen. Dank der geleisteten Pionierarbeit hervorragender Forstleute auf diesem Gebiet sind diese Versuche aus den Kinderschuhen herausgewachsen. Heute kann festgestellt wer den, daß wohl 80 Prozent der Kippenböden kulturfähig sind, und daß sich diese Kulturen auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus vollkommen verantworten lassen. Neben der Forderung des Heimatschutzes, die ästethi schen Rücksichten Raum gewährt, darf die wirtschaftliche Seite nicht außer Acht gelassen werden. Die Industrie, die dem Volke ihre Heimat zerstört hat, ist es auch späteren Generationen schuldig, daß sie ihnen gerade jetzt in der wirtschaftlich immer schwieriger werdenden Zeit wieder neue Existenzmöglichkeiten schafft. Das ist nur möglich, wenn zum Aufbau uumitelbar nach dem Bergmann wie der der Forstmann antritt. In der Deutschen Forstzeitung Nr. 82 vom Jahre 1926 schreibt ein Vorkämpfer auf diesem Gebiet — Forstverwal ter Heusohn — folgendes: „Je nach Art und Beschaffen heit der einzelnen Lagerungen kommt durch das Baggern eine grobe Mischung von Kies, grobem Sand und Ton zu Stande, dann aber auch insbesondere bei den Abdeckungen des sogenannten zweiten Flözes die dunkleren feineren zum Teil stark alannhaltigen Sandböden mit Raseneiscn- stein nnd Schwefelkies hervor. Wir haben so Bodenmischun gen in den verschiedensten Variationen auf ein und der selben Kippe, die ihrer Eigenart entsprechend behandelt und sachkundig aufgeforstet, mehr ergeben können als die ge wachsenen Böden, die durch die jahrelange Reinkultur der Kiefer und der fortgesetzten Streuentnahme vollständig verarmt sind!" Herr Professor Dr. Dengler von der Forst akademie in Eberswalde sagte in seinem Bortrage über Kippen: „Die aus der Tiefe geholten jungfräulichen Böden bergen in ihrem Urzustände ungeahnte Kräfte in gebunde nem Zustande." Es wird wohl nun die Frage aufgeworfen werden, in welcher Weise können überhaupt auf diesen rohen Kippen böden Kulturen angelegt werden und welche forstlichen Pflanzen kommen bei diesen Knlturmaßnahmen in Frage. Bewährt haben sich auf Gründ jahrelanger Erfahrungen Anpflanzungen in folgender Mischung: Im 1,60-Meter- Verband ca. SO Prozent Noteiche, kanadische Pappel, Aka zie, Traubeneiche, gewöhnliche Eiche, Birke, japanische Lärche, auch hier und da die Eberesche eingesprengt. Die Eberesche soll später, wenn sie im Herbst in ihrer roten Blütenpracht prangt, öen ans dem Zuge befindlichen Vogel arten Aufenthalt und Nahrung bieten. Als Boöenverbesse- rer und Stickstoffsammler leistet die Weißerle hervor ragende Dienste und ist bei Neubegründung einer Kultur infolgedessen unentbehrlich. Nur höchste Vorsicht ist am Platze. In den losen Schüttungen der Kippenböden ent wickelt sich das Wurzelsystem der Weißerle und ihre Wur zelbrut ganz außerordentlich günstig, sodaß bei zu starker reihenweißer Bepflanzung in den Kulturen infolge zu rascher Höhenentwicklung eine Gefahr der Überwucherung der ihr in den Zwischenreihen zur Pflege übergebenen Edelhölzer entsteht. Es hat sich daher eine Mischung in der Erlenreihe mit Birke als vorteilhaft erwiesen. Die Wur zelbrut der Weißerle wird erst nach dem Abtrieb derselben in Erscheinung treten, da diese durch die Beschattung im geschlossenen Bestand sich nicht entwickeln kann. Ans den Kippen als auch auf den gewachsenen Böden wird die Weißerle zu 80 vom Hundert im Alter von IS bis 20 Jah ren zopftrocken und stirbt ab. Sterbend schafft sie noch Werte als Bodenverbesserer durch reichen Laubabfall und hat in richtiger Mischung bei Begründung eines Neu bestandes ihre Aufgabe als Treibholz und Stickstoffsamm ler für ihre zur Pflege übergebenen Edelhölzer reichlich erfüllt. Bei der Anlage von reinen Birkenbeständen hat man ebenfalls erkannt, daß ohne Beimischung von Weißerle eine Bestandesbegründung nicht möglich ist. Die Birke, die sich auf verschiedenen Kippenböden als äußerst empfindliche Holzart zeigt und auch bei guter Bewurzelung und sorg samer Pflanzung leicht abstirbt, wird ohne Antrieb durch Weißerle immer nur kümmerliche Bestände hervorbringen. Auch ist die Akazie, obwohl sie selbst Stickstoffsammler ist, zur Reinkultur auf öen Kippen nicht zu empfehlen. Viel mehr gibt sie wertvolles Nutzholz, wenn sie eingesprengt im Bestand von der Weißerle eingetrieven wird. Zur Be festigung der Kippenränder können Weißcrlen mit Birke gemischt als zwei bis drei Meter hohe Heister mit Erfolg in Bestand gebracht werden. Für alle Pflanzungen, ins besondere auch für die Nachbesserungen, ist natürlich vor zügliches Pflanzenmaterial mit guter Bewurzelung für das Gelingen der Kultur von größter Bedeutung. Züchtung der Pflanzen im eigenen Forstgarten unter Berücksichtigung der zur Auspflanzung gelangenden Kip penböden sind von großem Vorteil und erwecken die Liebe des Forstmannes. Das Pflanzenmaterial wird bei um fangreichen Anpflanzungen auch von fremden Pflanzen zuchtanstalten gedeckt werden müssen, und hier ist aller größte Aufmerksamkeit auf das Sortieren nnd Ausheben der Pflanzen, sowie auf kräftiges Wurzelsystem, besonders zu achten. Der Transport der Pflanzen vom Ausheben aus den Pflanzgärten bis zum Einschlag auf der Pflanz stelle ist streng zu überwachen und gilt ebenso wie der Pflanzeneinschlag als wichtigste Aufgabe für den Forst mann. Und nun zur Pflanzung selbst: Auswahl geeigneter Leute, die bereits Geschick und Erfahrung sich durch jahre langes Pflanzen erworben haben. In öen Industriegebie ten ist kein Mangel an Leuten und kommen hier haupt sächlich weibliche Arbeitskräfte iu Frage, von denen immer wieder die geeignetsten ausgesucht werden können. Völlige Hingabe des leitenden Forstbeamten und Liebe zur Sache sind unbedingt notwendig zum Gelingen jeder Kultur. Jede Pflanzerin muß im Laufe der Zeit selbst erkennen, daß ihre eigene sorgfältige Arbeit unter stetiger Anleitung des leitenden Forstbeamten für das Gelingen des Ganzen un entbehrlich ist. Daß zur Anlage von Kulturen in der trost losen Umgebung der Industriegebiete mehr Liebe und Auf gehen in die Berufsarbeit hineingebracht werden muß, als cs sonst bei Forstleuten im schattigen Waldgebiet erforder lich ist, ist wohl selbstverständlich und durch das Geschrie bene hinreichend bewiesen. Kulturarbeiten auf den Kippen im Brand der Friihjahrssonne, im schwelenden Ranch der Grubenschornsteine und der sich entwickelnden Dämpfe