Volltext Seite (XML)
Die Beteiligung der einzelnen Vereine war demnach recht verschieden. Auffallend im allgemeinen ist die starke Be teiligung jener Vereine, die regelmäßig Vvrträgc halten, daher des öfteren Gelegenheit hatten, etwas über die Hohe Tatra selbst zu erfahren. Aber auch das recht späte Er scheinen der vorläufigen Wanderpläne hat sehr viel dazu betgetragen, daß wohl einzelne an dem Zustandekommen der Wanderfahrt überhaupt gezweifelt haben und dem gemäß ihren Urlaub anders einteilten, teils überhaupt nichts von der Fahrt wußten und bei Erscheinen des Wan derplanes bereits in die Ferien gegangen waren. Die Um arbeitung des gesamten Wanderplanes, insbesondere für die Gruppen II, war notwendig geworden und die neuen Wanderpläne gelangten während der Bahnfahrt an jeden Teilnehmer zur Verteilung. Die Änderungen waren kaum nennenswert und bestanden in der Hauptsache darin, daß die Gruppen II gleichzeitig an verschiedenen Punkten der vorgesehenen Wanderstrecke eingesetzt wurden, aber schließ lich doch alle dieselben Punkte nur in anderer Reihenfolge besuchten. Sehr angenehm wurde es empfunden, daß der Karpathenverein fast bei jeder Wanderung die Rucksäcke durch Fahrzeuge nach den neuen Nächtigungsstationen bringen ließ, so daß man frei und ungehindert darauflos marschieren konnte. Die Fahrt ging über Turnau, Josefsstaöt, Königgrätz, Böhm. Trübau, Olmütz, Oderberg, wo seitens der Tschecho slowakischen Staatsbahn ein Frühstück vorbereitet worden war, Sillein, TschirM nach Poprad. Bereits auf der Höhe von Mähr.-Weihkirchen graute der Tag. Das Gesenke bot sich den Blicken der Fahrer zur Linken, während die Aus läufer der Weißen Karpathen sowie des Javornik- und Jablunkagebirges rechts zu erkennen waren. Die eigene Landschaft des Jablunkagebirges enthüllte sich nach Te ichen, tief eingeschnittene Täler, gebettet zwischen dicht bewaldeten steilen Abhängen, fast ohne menschliche Sied lung, einsame ärmliche Hütten auf Weidegründen. Hoch interessant wurde die Bahnstrecke mit dem Eintritt in das Tal der Waag bei Sillein. Typisch slowakische Holzdörf- lein belebten die Landschaft. Ungeheuere Herden von Gän sen, Schafen und Rindern wurden gesichtet. Gegen 10 Uhr morgens am 8. September tauchten zur linken Hand die schneebedeckten Spitzen der Hohen Tatra auf. Die gewal tige Steilspitze des Krivan beherrschte zunächst das Bild. Nach und nach schoben sich der Satan, die Gerlsdorfer und Lomnitzer Spitzen in den Gesichtskreis. In Tschirm (ung. Csoba, sl. Strba) verließen zwei Gruppen den Zug, um mit der Zahnradbahn in ihre erste Nächtigungsstation ge bracht zu werden, die übrigen Gruppen wurden von Pop rad, wo sie 11,03 Uhr anlangten, verteilt. Bon Poprad ans übersah man den ganzen Gebirgs zug. Spitze an Spitze mit Neuschnee bedeckt, der aber im Laufe der ersten Tage in der brennenden Höhensonne wie der bis aus geringe Reste an den Nordabhängen verschwand. Deutlich erkannte man auch die Linie der elektrischen Tatrabahn, die am Südabhange der Hohen Tatra die be rühmten Tatrabäder in einer Höhe von 850 bis 1350 Meter verbindet und im Laufe der Woche mehrfach von den ein zelnen Gruppen benutzt wurde, um die notwendigen Sei tenverschiebungen vorzunehmen. Diese elektrische Bahn ist mit dem Tale in Tatra-Lomnitz durch die Lokalbahn, in Schmecks durch eine elektrische Strecke und in Tschirm mit einer Zahnradbahn verbunden. Zwei Drahtseilbahnen er möglichen von ihr ans noch die Überwindung weiterer Höhenlagen. Die Dretgliederung der Tatraseen, die stufen artig angeordnet von gewaltigen Moränen ehem. Glet scher, läßt drei Eiszeitperioöen erkennen, eine bis 1300 Meter herab, eine weitere bei 15—1600 Meter und schließ lich die letzte in einer Höhenlage von ungefähr 2000 Meter. Ungeheuer steil erhebt sich der granitene Gebirgsstock, wild zerrissen und so dicht zusammengedrängt, wie man es in den Alpen nicht findet auf verhältnismäßig kleinem Raume bis auf 2663 Meter. Die Bevölkerung erscheint bunt ge mischt aus den Deutschen (Zipfer Sachsen), Ungarn und Slowaken. In den Gebieten, die bei der Dunajetzfahrt und der zur Dobschauer Eishöhle durchquert wurden, begegnete man Zigeunerdörfern und ruthenischen griech.-orthodoxen Siedlungen. Die meisten Einwohner beherrschen demgemäß auch zumeist drei Sprachen vollkommen. Die Flora ist als alpin anzusprechen. Der Enzian war in voller Blüte. Zweierlei Arten desselben waren häufig anzutreffen. Auffallend war der starke Bestand an Wa cholderbeersträuchern an der Grenze zwischen der Walö- und Knieholzzone. Die Riesenbartflechte (Rübezahlsbart) trat in ungeahnter Menge und erstaunlicher Länge aus. Edelweiß befindet sich nur auf dem Kalkboden der an grenzenden Belaer Kalkalpen. Aus dem Tierreiche ist her vorzuheben das Auftreten zahlreicher Gemsrudel, die recht gut beobachtet werden konnten. Eine mehr als 10 jährige Schonzeit hat diese Gebirgstiere fast die Scheu vor dem Menschen vergessen lassen. Auch Murmeltiere wurden fast von allen Gruppen in unmittelbarer Nähe längere Zeit beobachtet. Hühnerhabichte breiteten ihre gewaltigen Schwingen im fast immer südlich blauen Himmel aus. Bären bekamen die Wanderfahrtteilnehmer keine zu Ge sicht, da sich diese nur noch im polnischen Teile der Tatra sowie in den Kalkalpen aufhalten, aber recht ungefährlich sein sollen. Die Unterkünfte übertrafen alle Erwartungen. Selbst verständlich waren die beiden Gruppen, für welche ein dauerndes Standquartier vorgesehen war, damit am besten daran. Unvergessen wird den Teilnehmern der Gruppe IV die Unterbringung und Verpflegung im Palast-Sanato rium in Neuschmecks bleiben. Der Besitzer dieses 1000 Meter hoch gelegenen Sanatoriums erwies sich als lie benswürdiger Gastherr. Das auf das allermoderuste ein gerichtete Gebäude ist 100 Meter lang und 6 Stock hoch. Als prächtigen Menschen und vorbildlichen Führer lernte diese Gruppe Herrn Direktor Köszeghy-Winkler, Leutscha, kennen. In geradezu väterlicher Weise vermittelte er als Forscher und Förderer der Zips alles Wissenswerte. Dir Gruppe V war ebenfalls hervorragend in den Villen von Schmecks untergebracht. Der ganze Ort gehört einer Bank und war dementsprechend glänzend eingerichtet. Der Lei ter der ganzen Tatrawoche, Herr Professor Hefty aus Kes- mark, hatte hier ebenfalls vorübergehend sein Standquar tier aufgeschlagen, von welchem aus er die verschiedenen Wandergruppen besuchte. Seine liebenswerte Frau Ge mahlin führte die Gruppe V zur allergrößten Zufrieden heit. Die übrigen Gruppen wechselten ihre Quartiere stän dig, derselben wird Lei den einzelnen Wanderungen ge dacht werden. Die Bergsteigergruppe begann ihre Wanderung in Tatralomnitz, über den grünen See, Lomnitzer Spitze (2634 Meter), Jägerbreitenturm (2131 Meter), Kerbchen (2290 Meter), Poln. Kamm (2208 Meter), Kl. Visoka (2429 Meter), Gerlsdorferspitze (2663 Meter), Meeraugenspitze (2508 Meter), Tatraspitze (2565 Meter) und endete ihre an strengende Bergfahrt in Tschirm. Die Führung unter Bei gabe von Berufsbergsteigern erwies sich als äußerst ge schickt. Die Iler Gruppen waren ebenfalls mit ihren Füh rern außerordentlich zufrieden, was durchaus erklärlich war, waren dies doch alles Vorstandsmitglieder des Kar pathenvereins, daher mit allen Einzelheiten vollständig vertraut. Sämtliche Gruppen besuchten das Karpathenmuseum in Poprad. Es ist eine reine Sammlung rein örtlichen Charakters für die Zips. Der Besuch erwies sich daher als sehr lohnend. Mit den Mineralien wurde begonnen. Außer allen Gesteinen und Erzen der Zips fiel insbesondere eine Sammlung aller Bergspitzen der Tatra auf. Als sehr be-