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Krone nach unten zu verlängert, und gegenwärtig hat es stellenweise bereits ihren Fuß erreicht. Die Landeskrone wird in wenig Jahren also kein fußfreies Unterkleid mehr tragen. Das Auge weilt mit Wohlgefallen aus diesem un unterbrochenen grünen Gewände, das am schönsten auf dem Wege Lindenallee—Nordweg sichtbar wird. Nur hier und da vermochten noch einige andere ursprüngliche Bewohner des Berges sich gegen die Eroberungssucht des Mongolen zu behaupten und weben noch einige reizvolle Muster in das frische Grün: Farnkräuter, Christophskraut. So bedauerlich dieses Verdräugen einheimischer Pflan zen für den Pflanzenfrcund auch ist, das glatte grüne Ge wand erfreut auch ihn und entlockt ihm durch die Raum ausnützung seines Blattgewirrs seine Bewunderung. Kein Lichtstrahl, der durch die Baumkronen des Laubwaldes dringt, darf verloren gehen. Dichter Schatten lagert unter Sem Blätterdach dieser Balsamine. Der Leser denkt bei die sem Namen an die schönen, verschiedenfarbigen Blüten der gleichnamigen Pflanzen unserer Blumengärten. Unser neuer Landeskronenbürger hat nur kleine, unscheinbare gelbe Blüten. Eine Verwandte von ihm besitzt große gelbe Blü ten und gehört zu den einheimischen Kindern unserer Pflanzenwelt, muß aber auch dem Eindringling weichen. Nur an wenigen Stellen ist erstere jetzt noch bei Görlitz zu finden. Einst war sie die einzige europäische Vertreterin der etwa 400 Arten zählenden Balsamine,- die Mehrzahl von ihnen ist „dem Leben im Dämmerlichte des feuchten wind stillen Urwaldes angepaßt" oder liebt die feuchten Gebüsch gürtel der höheren Bergregionen. Das größte Entzücken bereitet aber das grüne Kleid infolge seiner Empfindlichkeit den Kindern. Die Eltern können oft nur mit Mühe ihre Kinder aus dem Hagel von Wurfgeschossen wieder herausbekommen, der jeden um schwirrt, der in den Wald dieser „Springkräuter" eindringt. Die Empfindlichkeit ist den Früchten der Balsaminen eigen und ihre auffällige Eigenschaft. Sie wurde namengebend: Der lateinische Name „Jmpattens" bedeutet soviel wie „un geduldig, empfindlich" und der deutsche Volksmund legte der großblütigen Verwandten sJmpatiens Noli tangere) den Warnungsruf „Rühr mich nicht an!" bei. Schon bei dem alten deutschen Naturforscher Gesner (1860) heißt die Pflanze Noli me tangere (- rühre mich nicht an). Mit einer bewundernswerten Ausdauer sieht man oft die Kinder bei dem Spiel mit den empfindlichen Früchten beschäftigt: ein leichtes Berühren der Spitze der reifen länglichen Frucht kapsel genügt, um sie zum Platzen zu bringen. Die Samen körner werden dabei mit ziemlicher Gewalt fortgeschleu dert. Die Mechanik dieses Vorganges ist leicht der Be obachtung zugänglich- die Ursache für die Schleuderkraft liegt in der verschiedenen Gewebespannung der hieran be teiligten Gewebeschichten begründet. Die kleinblütige Balsamine ist in allen Teilen der Stadt in den Parkanlagen nnd auch in Privatgärten zu finden. Sie wird hier bald züm lästigen Unkraut. Die ober- lausitzer Erde scheint ihr ausgezeichnet zu behagen, und in der Schleudereinrichtung ihrer Früchte besitzt sie ein jeden Wettbewerb aushaltendes Verbreitungsmittel. Besonders rasch ist die Ausbreitung dort, wo neben diese Schleuderein richtung durch das geneigte Gelände noch eine Verbreitung der Samenkörner durch herabfließendes Wasser tritt. Dar auf beruht das überraschend schnelle Überhandnehmen des Einwanderers auf der Landeskrone. Die dadurch verursach ten Veränderungen im Pflanzenbestande unsers Berges sind zu bedauern. Doch scheinen bereits Beobachtungen dar auf hinzudeuten, daß auf den zuerst eroberten Plätzen ent weder der Widerstand unserer Mutter Erde stärker ge worden ist oder die Eroberungssucht des „Mongolen" nach gelassen hat. Das würde von den Pflanzenfreunden sehr begrüßt werden,- denn durch den Abbau der Landeskronen- besehung wird der heimatliche Boden wieder für die Be tätigung heimatlicher Kräfte frei. Alfred Hartmann. Ein standhafter Zeuge oberlausitzer Heimatliebe Wer als Fremder in die Oberlausitz kommt, den ent zückt die Vielgestaltigkeit ihres Landschaftsbildes. In kecker Schroffheit ragen die vulkanischen Bergkuppen, daneben lagern sich wuchtig langgestreckte Gebirgszüge und breiten sich anmutige Täler. Der Oberlausitzer hat die Schönheit seiner Heimat stets zu würdigen gewußt und alles getan, um die vielen trefflichen Aussichtspunkte dem Verkehr zu erschließen. So erheben sich auf allen größeren Höhenzügen Aussichtstürme, durch die der Beschauer einen begeisternden Eindruck von dem Landschaftsbilde erhält. Ein besonderes Kleinod besitzt Löbau in seinem eisernen Frieörtch-August-Turm auf dem Westgipfel des Löbauer Berges (450 Meter). Nicht nur, daß dieses Bauwerk besonders bequem von der Stadt aus zu erreichen ist, sondern es darf für sich höchste Origi nalität in Anspruch nehmen. Der 28 Meter hohe Turm ist der einzige in Deutschland, der ganz aus Gußeisen her gestellt ist. Aber auch seine ungewöhnlich geschmackvolle Architektur, die die gewaltigen Eisenmassen (der Turm ent hält 1400 Zentner Eisen) vollständig in ein lichtes Zier- und Rankenwerk auflöst, hebt den Turm über alle anderen Bergwarte hinaus. Dieses Wunderwerk wurde seinerzeit von dem Eisenhüttenwerk des Herrn von Klitzing in Berns dorf OL. geschaffen und erregt noch heute die Bewunderung der Fachleute. Was den Löbauern den Turm besonders wertvoll macht, ist seine Entstehungsgeschichte. Nicht allein die Anregung zum Bau und der Entwurf kamen aus der Bürgerschaft, sondern auch der Bau selbst wurde lediglich mit Privatmitteln durch geführt. Ein Löbauer Bürger, der Bäckermeister Friedrich August Bretsch neider, opferte für den Bau einen großen Teil seines stattlichen Grundbesitzes. Die Stadt er stattete nur bei dem späteren Übergang des Turmes und der Gastwirtschaft in den städtischen Besitz AM Taler zn-