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304 Gbsrlausitzer Heimatzertung 2lr. IS Die Feier des 140-jährigen Bestehens und gleichzeitig die Abhaltung des Bartholomäi- und Haupt- schießens der Priv. Schützengesellschaft Reichenau wurde an den Tagen vom 28. bis 29. August 1929 abgehalten. Bei dem Festkommers (Königsfrühstück) war eine Ausstellung von verschiedenen Kopfbedeckungen und anderen Uniformstücken arrangiert worden, woraus man die wechselvollen Zeit abschnitte der uniformierten Schützengilöe Reichenau ersehen konnte. Der Leiter des hiesigen Ortsmuseums, Herr Apo theker Schröder, hatte in liebenswürdiger Weise aus dem wertvollen Schatzkästlein des Museumsbestandes ver schiedene heimatliche Geöenkstücke geliehen. Ferner hatte ge nannter Herr, der als Schützenkönig in diesem Jahre von der Gesellschaft in festlichem Zuge abgehvlt wurde, vor seiner Wohnung einen Posten vor Gewehr in der Tracht aus der Zeit der Gründung (mit Schilderhaus) treuhistorisch auf gestellt. * Über das neue Schützenhaus, dessen Erbauung etc., sei in möglichster Kürze folgendes bemerkt: Das alte Schießhaus hatte schon längst nicht mehr den an dasselbe gemachten Forderungen entsprochen und die Ansichten, diesem Übelstande abzuhelfen, waren geteilt, in dem eine Partei einen Neubau, die andere dagegen nur eine Renovation des alten mit Erweiterung in Vorschlag brachte. Man stimmte für Neubau durch ausgegebene Ak tien. Bei einer am 3. Dezember 18S8 gepflogenen Ver sammlung wurde eine Aktienzeichnung von mindestens 3000 Taler Höhe pro Aktie zu 10 Taler festgestellt, es wur den auch sofort 500 Taler von der Jägerkompanie für Aktien gezeichnet. Auch auf vielfach andere Weise wurde der Zweck unterstützt, z. B. Abhaltung von Bällen usw. Die Auslosung der Aktien geschah schon in den 70 er Jah ren (1878 wurden 8 Stück ausgelost). Man veranschlagte die Erbauung eines neuen Schießhauses auf 6000 bis 6500 Taler, was aber später freilich nicht als genügend erschien. Aus der Versammlung vom 20. Januar 1869 ergab sich folgendes Resultat: Es waren eingegangen durch Zeich nung von 287 Aktien pro 10 Taler - 2870 Taler, laut einer ferneren Zeichnung am 21. März 1869 2990 Taler, in Summa 5860 Taler. Die Konzession zur Ausübung der Befugnisse eines Restaurateurs und Abhaltung von den regulativmäßigen Tanzmusiken in dem, entweder zu reparierenden oder ganz neu herzustellenden Schießhause hatte man bereits von Seiten des hiesigen Königlichen Gerichtsamts erlangt und man beschloß, das bisher Geschehene den Aktionären mit zuteilen, das weitere zu hören und Kostenanschläge und Baurisse anfertigen zu lassen. Es schien von den ausgeleg ten Rissen der Maurer Bischoffsche Bauriß sich am besten zu qualifizieren. Zwölf Kollegen stimmten nur für Er bauung eines neuen Tanzsaales, Beibehaltung des alten Schießhauses und Verwendung von 4000 Talern zu diesem Baue, alle übrigen erklärten sich für einen Neubau. Demzufolge ward der Bischoffsche Riß angenommen, mit der Bestimmung, daß der Bau nicht mehr als höch stens 6500 Taler kosten und mindestfordernd an einen oder mehrere vergeben werden solle. Es wurde eine aus 10 Personen bestehende Bauöeputation gewählt, welche ihre Mühewaltungen gratis zu verrichten hatte. Am 24. April 1869 wurde auch ein Gesellschaftsbote angestellt. Den 3. Mai erfolgte die allgemeine Genehmigung der Schützenmit glieder für deü Neubau eines Schießhauses. Die Festlich keiten des Pfingst- und Bartholomäischießens fielen in diesem Jahre aus, am ersteren wurde nur ein Lagenschie ßen aus dem alten Schießhause abgehalten. Für das alte Schießhaus bot man 125 Taler, was nicht genehmigt wurde, weshalb es die Gesellschaft selbst abtragen ließ. Das alte Schützenzelt wurde mit 60 Taler bezahlt. Schon im Mai hatten die Baugelder die Anschlagsumme von 6500 Taler überschritten. Der Bauvertrag mit den Maurermeistern Stübner und Bischoff und den Zimmermeistern Funke und Wiedemuth wurde am 7. Mai abgeschlossen. Der Raum des Tanzsaales aber wurde um vier Ellen verlängert. Der Bau begann rüstig, so daß am 22. Juni schon die Hebungs feierlichkeit vor sich gehen konnte. Die Restaurations-Er öffnung fand am 7. November (Kirmesfeier) statt. Der Verpachtungstermin der Restauration, zu welchem sich 16 Bewerber etngefunden hatten, war schon am 8. Oktober ab gehalten worden, wo auch ein sehr annehmbares Pacht gebot erfolgte. Der Pacht der Schützenwiese wurde auf 6 htntereinanderfolgende Jahre festgestellt. Man stimmte bei der Beleuchtung des Schützenhauses für Gas und nahm 50 Flammen an. Für einen Kronleuchter im Tanzsaal waren bis zum 14. Oktober 1870 an freiwilligen Beiträgen 160 Taler 20 Ngr. gesammelt worden. Er kostete 171 Taler 20 Ngr. Man versah auch das Schießhaus mit einer Blitz strahlleitung. 1877 ward die Hausflur gepflastert. Ein Kegelschub ward im November 1878 vom Pächter erbaut. Auch im übrigen erfreute man sich im Tanzsaale eines sehr entsprechenden Ausschmuckes, z. B. großen Spiegeln, Büsten (Monarchen), je drei usw. Die festliche Einweihung des neuen Schützenyauses, welches 1874 im Mai auch ein äußeres farbiges Gewand erhielt, fand Sonntag, 19. Juni 1870, statt. Als der Erwähnung wert, möge auch noch fol gendem hier ein Plätzchen vergönnt sein: Am 31. Dezember 1917 verkaufte die Gesellschaft ihr Schützenhaus an die Firma B. G. Rolle, hier. Der Gesell schaft steht die Festwiese und der Schießstand selbstverständ lich auch noch nach dem Verkauf zur Benutzung. Die Firma als nunmehrige Besitzerin hat 1927 umfangreiche Baulich keiten und Erneuerungen des Saales, der Vereinszimmer, Garderobe usw. vorgenommen,' in ihrem neuen, modern ausgeführten Gewände machen dieselben jetzt einen überaus vornehmen Eindruck. Im Jahre 1928 wurde das Schützenhaus in seinem Äußeren ganz neu aufgeputzt und vor demselben eine Neu anlage geschaffen. Im Frühjahr d. I. erhielten die Räume des Gast- und des Billardzimmers ein neues, modernes Aussehen, das den Aufenthalt höchst angenehm gestaltet. Die Schützengesellschaft fühlt sich, trotzdem sie nicht mehr Besitze rin des Grundstückes ist, in den lieben Räumen wohl, und es ist nur zu wünschen, daß das bisherige gute Einverneh men zwischen der neuen Besitzerin und der Gesellschaft auch weiterhin bestehen bleiben möge. Julius Palme. Impstiens p3rvjslor3 (Springkraut, kleinblütige Balsamtne) In den Gärten und Parks der Städte und Dörfer unserer Oberlausitz und auf ihren Bergen verdrängt seit zwei Jahrzehnten ein Einwanderer aus dem Osten einhei mische Pflanzen aus ihren alteingesessenen Gebieten. Ein besonders lehrreiches Beispiel von den Erfolgen dieses „Mongolen"-Einfalles bietet die Landeskrone bei Görlitz. Wer sie jetzt besucht, der kann sie von einer Seite kennen lernen, die er früher nicht beobachten konnte: die große Empfindlichkeit ihres Kleides. Letzteres hat die Kleidermode der Menschen nicht mitgemacht und ist eigene Wege ge gangen. Noch in den letzten Jahren vor dem Kriege wurde es von Tausenden von Pflanzen des Kälberkropfes, eines nicht hohen und zierlichen Doldenblütlers, gewebt. Da be gann ein ostsibirisch-mongolischer Einwanderer, der zu Be ginn des 19. Jahrhunderts in Zier- und Botanischen Gär ten Deutschlands (in Dresden 1837) ausgesät worden war, den Kälberkropf auf unserer Lanöeskrone zu verdrängen. Das ist ihm mit so glänzenden Erfolge gelungen, daß es heute schwer fällt, noch einige von den einstigen Beherr schern der oberen Hälfte des Berges auf seiner nördlichen Seite aufzuspüren. Alljährlich wurde das Pflanzenkleid der