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empfohlen, dann wird eindringlichst gemahnt, mit Feuer und Licht behutsam umzugehen, sich nur der Laternen und nicht bloßer Lichte zu bedienen. Den Knechten wird ein geschärft, nicht mit der Tabakspfeife Scheunen und Ställe zu betreten, ja auch im Hause oder im Freien'„bey Schmau- chung des Tabaks" einen Deckel auf der Pfeife zu haben, sonst gab es zwei Taler Strafe. Verboten ist auch das nächt liche Auslaufen des Gesindes, Trunk und Bölleret, Karten- und Würfelspiel, wobei auch den Wirten oder Schenken, die dem Gesinde nächtliche Zusammenkünfte ermöglichen, Geldbußen von 4 Talern angedroht werden. Aller Schaden, der durch das Gesinde der Herrschaft entsteht, kann dem Ge sinde am Lohn gekürzt werden. Natürlich unterlag das Ge sinde als niederster Stand auch besonderen Bestimmungen der Kleiderordnungen früherer Zeit. Die von 1780 (Koll. w. I, 471) verbietet den Dienstmägden seidene Gewänder und goldene wie silberne Spitzen daran und gestattet ihnen nur das Tragen von inländischen Stoffen, und zwar wol lenen, leinenen und höchstens halbseidenen. Sehr drastisch wirkt heutigentags auch auf uns der sehr ernste Landtags beschluß von 1652 (Koll. w. I, 626), daß Bauern, Wirte wie Knechte, nicht lange Haare tragen dürften, sondern bei ihren althergebrachten „Bauernkolben" bleiben sollten. „Diejenigen Bauersleute und Knechte, so lange Haare tragen, unterstünden sich trotziglich, die dergleichen Haare nicht hätten, zu verachten und fast neben sich in Diensten und sonsten nicht zu dulden, noch zu leiden, dahero dann vielmal große Schlägereien in denen Gerichten und anders wo causiret und verursacht würden und zu besorgen wäre, sofern diesem und andern daraus kommenden Übel in Zei ten nicht gesteuert werden sollte, es dürfte diese Leicht fertigkeit je länger und mehr einreißen und zunehmen, ja endlich wohl gar Todschläge zuwegebringen, welches keines wegs, weder bei Gott noch der ehrbaren Welt zu verant worten sein wollte." Dieses interessante kleine Kulturbild chen wird uns durch eine noch heute in der Oberlausitz ge bräuchliche Redensart deutlich. „Jemanden die Kolbe jod. Kulbe) lausen" heißt „jemanden tüchtig verprügeln" und bedeutet ursprünglich wohl „ihm tüchtig den Kolben, d. h. den gestutzten Haarschopf zerzausen." Ein Stück des alten Dorflebens hellt uns auch das Oberamtspatent vom 6. Juli 1677 auf. Hier wird gegen die nächtlichen Zusammenkünfte der Knechte und Mägde, insonderheit in Spinn- und Rockenstuben geeifert und besonders das dabei betriebene „Spiegelsehen", ein Zauberbrauch zur Entdeckung eines Diebes, streng ver boten. Es wird darauf hingewiesen, „wie bei denen Geist lichen als andren frommen Gott liebenden Herzen unter schiedene Klage geführt worden, daß besonders auf dem Lande, in Städtlein und Dörfern, nicht nur große Üppig keit und Hurerei getrieben und das nächtliche Freien der Knechte und Mägde sonderlichen Anlaß gebe: sondern sich auch Personen im Lande finden wollten, welche bei vor gehenden Diebstahl und anderer Begebenheit durch ver botene Mittel, insonderheit durch Spiegel-Sehen! die Täter namhaft zu machen sich unterstünden, nnd einesteils durch dergleichen boshaftes und ruchloses Hurenleben, so beson ders in denen finstern Ställen und Winkeln, ingleichen durch die von denen Mägden angestellten Spinn- und Rockenstuben Gottes vergessener Weise ausgeübt werden, der gerechteste Gott zu allerhand schweren Zornstrasen, so er bisher über dieses Land durch Feuersbrünsten, Miß wachs und ungewöhnlich große Wasserfluten verhänget, ge- reizet wird." Das „Spiegelsehen" wird als Abgötterei, Zauberei und Tenfelsbannerei bezeichnet. Der Zauber spiegel, mit dem man Diebe zu entdecken, Hexen zu er kennen glaubte, spielt noch heute im Volksaberglauben eine ziemliche Rolle als Zaubermittel. Vergl. Wuttke, der deutsche Bolksaberglanbe. 3. Q. MO, S. 245 f.). Alle diese Vorschriften und Verbote mußten auch von der Kanzel, und zwar meist viermal im Jahre verlesen werden. Daß die alten Gesindeverorönungcn auch das Recht des Zwangsgesindes zu wahren suchten, erkennt man aus Mancherlei Bestimmungen, in denen auch den Herrschaften zu Gemüte geführt wird, daß sie sich ihres Ge sindes annehmen und dieses nicht in seinen Rechten schä digen sollen. Kulturgeschichtlich interessant ist z. B. in dem Oberamtspatcnt vom 3. April 1685 (Koll. w. I, 639) das Verbot für die Herrschaften, von ihren heiratenden Unter tanen besondere Gebühren zu fordern oder sie zu nötigen, mehr Vier bei deren Hochzeiten von der Herrschaft zu kaufen, als die Heiratenden es wünschen. Das Bier wurde ja meist von der Gutsherrschaft geliefert, die auch im Ge nuß der Schankgerechtigkeit war. Es ist auffällig, daß die ses Verbot unbilliger Auflagen bei „Brautzügen" mehrfach erlassen worden ist. (1675. 1683. 1685. 1687.) So bieten uns die alten Rechtsbestimmnngcn mancher lei beachtenswerte Einblicke in die Sozialverhältnisse früherer Zeiten. Matten. Von Oskar Schw ä r. Geruch, Farbe, Form und Größe gefiel mir. Auch der Preis erschien nicht zn hoch. Ich nahm also gleich ein Kistchen zu fünfzig Stück. Zu Haus, wie ich's auspackte, fielen mir erst Namen und Bild auf. Auf der Außenseite der Kiste und der Innenseite des Deckels prangte Goethes Kopf. Bischen sehr rosig und hold, in Goldschnörkelrahmen. Und fünfmal stand der Name Goethe an der Kiste. Marke Goethe! Mir wurde ordentlich feierlich zumute, wie ich die erste davon anbrannte. Goethe! dachte ich nur immer. Ja, sie war gut, mild und gab einen schönen, bläulichen Rauch. Hat Goethe solche Wie? Goethe war doch ein ausgemachter Feind des Tabakranchens! Natürlich, er konnte es nicht ersehen und erriechen. Während ich die erste Zigarre genoß, erinnerte ich mich, daß er cs irgendwo als häßlich und schädlich verdammt. Es verdumme die Menschen, ver führe sie zum Trinken, es sei eine Sache der Müßiggänger, der faulen Türken, sagt er. Und bei der Schilderung der Rheinreise mit Lavatcr und Basedow in „Dichtung und Wahrheit" vergißt er nicht, Basedows „äußerst lästig" fallendes Tabakrauchen zu erwähnen. Aus den „Mitschuldigen" stammen die Worte: „Er ist ein Taugenichts, der voller Bosheit steckt, spielt, sauft und Tabak raucht und tolle Streiche heckt!" Schließlich fiel mir auch noch die bewegliche Klage ein: „Und wärst du auch zum fernsten Ort, Zur kleinsten Hütte vorgedrungen, Was hilft es dir? Du findest dort Tabak und böse Zungen!" So also hat Goethe zum Tabakrauchen gestanden! Und nach ihm mußte eine Zigarre genannt werden! O Ironie! Wie mag der Biedere, der sie tanfte, darauf verfallen sein? Gingen ihm des Schülers Worte im Kopf herum: „Ein starkes Bier, ein beizender Tobak und eine Magd im Putz, das ist mein Geschmack!" Und hielt er das für des Dichters Bekenntnis? Oder dachte er einfach: Goethe klingt auch nicht übel, und wozu sind die berühmten Namen da? Oder wollte er Was er auch gewollt haben mag, mir war der Genuß verdorben. Ich wurde ein fatales Bewußtsein nicht los: als ob ich den Großen von Weimar höhnte. Ich konnte die Zigarren nicht weiter rauchen, das mochten meine Gäste tun, denen ich aber die Marke nicht nannte. Für mich mußte ich eine andere Sorte anschaffen. Dies mal gab ich acht auf den Namen. Ich ließ mir etwa ein Dutzend Schachteln vorstellen. Und darunter fand ich die „Marke Vvlksdichter". Wahrhaftig: Marke Volksdichter! „Wie sinnig!" rief ich und nahm sie. Die Schachtel hatte keinen großartigen Schmuck, nur der Name „Volksdichter" war in schlichter, schwarzer Schrift auf das braune Holz ge prägt. Und der Geschmack der Zigarre — ebenfalls sehr schlicht. Der Preis volkstümlich! Der Tabak offenbar heimatlicher Herkunft, also echt! Bei jedem Zuge riech' nnd schmeck' ich's: Volksdichter! Welch sinnige „Marke"!