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selbe. Im Wortschatz der indogermanischen Spracheinheit finden wir 1. bei spar sich sperren, mit den Füßen treten, zappeln, griech. spairo für sparjo, lat. spernere verachten, eigentlich zurückstoßen, lit. spir-iu, spir-ti ähnlich, sparas Sparren, deutsch sich sperren, Sparren, Sporn, Spur und Weiterbildungen dazu, spara Speer usw. 2. spar winden, dazu griechische Worte, speiro usw. Die Bedeutung des Windens ist wohl erst wieder aus der des Zappelns, Zuckens entwickelt, denn allen diesen ist der Begriff des un ruhigen Hin- und Herbewegens gemeinsam. Die Grund bedeutung von spra, spar läßt sich aber noch allgemeiner herausnehmen, als die eines plötzlichen schnellen Aus gehens von einer Stelle, dann besonders eines plötzlichen Auseinandergehens von einem Ort nach verschiedenen Rich tungen. So springt die Quelle aus der Erde, d. h. sie trennt sich von dieser und geht in Strahlen auseinander, ebenso trennt sich das Wasser beim Spritzen, Sprühen plötzlich auseinander. Entsprechend sprießt die Pflanze aus der Erde, wobei allerdings das Plötzliche wenigstens zurück tritt, der Sproß trennt sich vom Baume, wovon dann wie der die Sprosse der Leiter benannt ist. Mit dem Springen hängt der Sprenkel zusammen,' sprekal - gesprenkelt scheint weniger gut dazu zu passen, aber wenn man Feder oder Pinsel ausspritzt, so gehen die Tropfen der Flüssigkeit auch strahlenförmig auseinander. Daher wohl auch der Name Sprehe für den weißgesprenkelten Star, wenn auch Fick dies spra zu lat. parus (Meiße), griech. psar stellt. Es ist hier nicht nötig, der weitverzweigten Wurzel spra oder spar noch weiter nachzugehen. Das Beigebrachte dürfte genügen, nm den Schluß zu machen: Spree bedeutet in sei nem bestimmenden Wortteile der sich sper rende, zuckende, der in verschiedenen Rich tungen au s e i n a n d e r g eh e nd e, sich teilende oder, wenn man will, sich windende Fluß — beides kommt auf dasselbe hinaus. Ich glaube, man wird mir zu stimmen, daß kein Name auf die untere Spree besser passen kann, als dieser — man braucht das Wort Spreewald nur zu nennen. Zwar haben auch andre ostdeutsche Flüsse die Neigung zur Verästelung und Jnselbildnng, aber des wegen braucht und darf natürlich nicht verlangt werden, daß sie alle ihren Namen davon haben müßten. Bei einigen würde sich auch ein darauföeutender Name feststellen lassen, so z. B. bedeutet die Warthe früher „die Insel bildende". Obige Ausführungen entstammen bereits fast ganz dem Jahre 1910, wo ich sie in einem Vortrag, den ich in der Gesellschaft für Anthropologie am 7. Dezember des Jahres hielt, zuerst veröffentlichte. Es war mir eine Genugtuung, daß vor kurzem Dr. K. L i e r s ch-K o tt b u s in einem kurzen Aufsatz der Niederlausitzer Mittei lungen f18. Band, 2. Hälfte) unabhängig von mir zu demselben Ergebnis kommt. Für eine sorgfältige Forschung wäre nun noch nötig, etwa vorhandene Flüsse gleichen Namens festzustel len und daraufhin zu untersuchen, ob auch bei ihnen Be deutung des Namens und Eigentümlichkeit des Flußlaufes übereinstimmt und somit die Deutung unsres Spree namens bestätigt. Aber einen zweiten Fluß Spree gibt es, soviel ich wenigstens habe feststellen können, nicht. Am ähnlichsten lautet Spreca, der Name für einen Fluß, der in die Vosna (Donau) mündet. Aber dieser Name, wie die deutschen Sprakel, Sprakebach, Sprakensihl, Sprakten, Sprekens enthalten bereits eine jüngere Weiter bildung der Wurzel spra mit Hinzunahme eines Kehl lauts, so daß wir auch eine veränderte Bedeutung an nehmen müssen und diese ist jedenfalls die des sprengens oder springens- diese Flüsse dürften ihren Namen entweder danach haben, daß sie sich rasch bewegen, springen, oder daß sie den Erdboden sprengen, aufreißen. Ebenso kommen die Weiterbildungen mit Ansatz eines Zahnlauts nicht in Betracht (Sprauden, Spritze, Spreddig, Sprotte, Spröde, Sproitz), denn in der Wurzel sprat ist bereits das stark Bewegte, das Zappeln, Sprudeln, zum Ausdruck gebracht. Weitergebildete Wurzeln enthalten auch Spremuitz und Sprentz. Von allen Namen kommt wohl Spriana der Spree am nächsten, was keine Fortbildung mit Konsonanten zeigt, denn ana ist Grundwort - Fluß. Es ist allerdings Name einer bewohnten Ort schaft, aber es steckt sicher, wie in vielen solchen Dorf namen, eine alte Flußbezeichnung darinnen. Der Ort liegt nördlich von Sondrio im Berninagebiet an einem zur Aüda eilenden Flüßchen Malero. Haben vielleicht wandernde Ostgermanen den geliebten Fluß der Heimat hier in Wälsch- land zur Erinnerung an jene verewigt? Von Gesindediensten in alter Zeit in der Oberlausitz Von Dr. Curt Müller-Löbau Zu den kennzeichnendsten Zügen des Feudalismus der alten Zeit gehört die Stellung des Gesindes, d. h. der Knechte und Mägde, der bediensteten und all der unver heirateten ländlichen Arbeiter und Arbeiterinnen des Großgrundbesitzers, der ein Adliger oder auch eine geist liche oder städtische Herrschaft sein konnte. Einige kultur geschichtlich bedeutsame Erscheinungen dieser Art will ich hier herausheben, wobei mir Knvthes grundlegende Arbeit über „Die Stellung der Gutsunterthanen in der Oberlausitz zu ihren Gutsherrschaften" (Neues Lausitzer Magazin, 61. Bö., S. 159—308) und das sogenannte Oberlausitzer Kollektionswerk (Buöissin 1770—1827) als Quellen dienen. Einiges bot mir auch Georg Pilks handschriftliche Bolks- knndcsammlung (Archiv für sächs. Volkskunde in Leipzig). Neben den freien Bauern, die ein volles Eigentums recht an ihrer Scholle hatten und die besonders in den südlichen deutschen Dörfern saßen, gab es die erbunter- tänigen Bauern und Ansiedler:Lehnbauern, Gärtner, Häus ler, deren Scholle in dem Herren oder der Herrschaft einen Obereigentttmer hatte. Und der Untertan war auch mit seiner Person ein „Lehnstück" des Rittergutes, eine pars- fundi, ein Teil der Scholle. Auch die Kinder eines Erb- untertanen wurden wieder als Untertane der betreffenden Herrschaft angesehen, also in die Untertänigkeit wurden sie von Geburt an hineingeftellt, wie eine kurfürstliche Fest stellung und Bestätigung der Untertanenstellung und -Ver hältnisse von 1651 ausführlich erörtert. (Koll. w. I, 615 ff.) Die Untertänigkeit baud den Menschen an die Scholle, er konnte sich nirgendwoanders niederlassen, es sei denn, daß er einen „Losbrief", einen Befreiungsschein, von seiner Herrschaft erhielt, der aber jederzeit von dieser zurück gefordert werden konnte. Dieses Abhängigkeitsverhältnis vererbte auch auf die Kinder der Untertanen, ja im Laufe der Jahrhunderte war es immer mehr Brauch, schließlich Nechtszustand geworden, daß die Gutsherren ebenso über die Arbeitskraft der Kinder ihrer Untertanen verfügten, wie sie in steigendem Maße die Dienste der Eltern in An spruch nahmen. Seit dem 16. Jahrhundert entwickelte sich der „Dienstzwang" oder der „Gesindedienst" für diese in Untertänigkeit geborenen und ausgewachsenen Kinder, in dem sie zu Gesindediensten bei der Herrschaft oder auf dem „Hofe" verpflichtet waren, und zwar einige Jahre (2—4) natürlich gegen Kost, aber sehr geringen Lohn (Knvthe 280). Schon die ersten urkundlich bezeugten Beispiele für den Gesindezwang beweisen, mit welcher Roheit, ja Scham losigkeit die Herren das Zwangsgesinde behandelten und wie sehr sich dieses, besonders das weibliche, häufig gegen die Zumutungen wehren mußte, und mancher Banern- tvchter mag es gegangen sein wie um 1510 einer in Königs hain bei Görlitz, die sich an den Rat von Görlitz dringend gewendet hatte, sie vor ihrem Herrn zu schützen (den