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Nr. 17 Gbsrlausitzer He!matze!tung 273 ßigem Beten, Singen und Vibellesen ermahnet . . so hat man doch erst zu Ausgang Mai es dem Gesamtministerium eröffnet und bet demselben Rat gepflogen, welches denn die Angefochtene zuvörderst mit Gottes Wort gewaffnet, im Glauben auf Christum, den Überwinder des Teufels, ge stärkt . . ., auch geraten, man solle das öffentliche Kirchen gebet zu Hilfe nehmen, auch im Hause gewisse Betstunden anstellen, dabei das Ministerium mit seinem Amte ihnen willig dienen wolle. Auf Befragung aber, ob man den Keller nicht aufgraben solle, zumalen man vermute, daß jemand allda begraben liegen möchte, weil man vor et lichen Jahren, als man am Keller am Gemäuer etwas bauen müssen, Knochen gefunden, die übel gewesen, so hat solches das Ministerium von sich gewiesen als Sache, bei der es nicht zuständig, doch aus gewissen Umständen ge schlossen, es wäre solch Aufgraben gefährlich und möchte ein Gift dadurch erreget werden, sonderlich da jemand in der Pest dahin wäre begraben worden, wie denn das Ge spenst des 1631. Jahres, da es erschlagen sei, angebe, teils auch, weil man des Aufgrabens keinen rechten Endzweck sähe und die Obrigkeit hier gegen den angegebenen Täter keine Klage auf Mord anstrengen könne, da er vorlängst gestorben. Wenn das Gespenst angab, es könne sonst nicht rufen, so sei das ein nichtig Ding, sintemal es gewiß keine Seele, sondern der leibhafte Satan sei usw. Sobald nun dieses Anliegen Gott dem Herrn im öffentlichen Kirchengebete vorgetragen, auch in der Folge in dem behafteten Hause alle Montage und Donnerstage gewisse Betstunden nebst kurzen und zur Sache dienenden Sermonen vom Ministerium angestellet worden, dabei sich allemal über 100 Personen, Adelige und Bürgerliche, be funden, so hat das hiesige Päpstliche Kapitel, welches die Rechtsprechung über dieses Haus für sich beansprucht, sich erboten: Sie wollten ein paar Kapitelherren hinschicken, diese Seele, die aus dem Fegefeuer wäre und nicht ruhen könne, zu beschwören und zu befragen, was ihr Anliegen wäre. Da aber der Rat der Stadt die Rechtsprechung über dieses Haus für sich beansprucht, hat er solches an die hohe Obrigkeit nach Dresden berichtet und ein Verbot an das Kapitel ausgewirkt, daß dieses bet der strittigen Zuständig keit durchaus nichts gegen die richterlichen Rechte des Rates und zu Nachteil der evangelischen Einwohner, vornehmen solle. Als das Kapitel, wie gesagt, sich erboten, die Seele beschwören zu lassen, hat das Gespenst den Tag darauf, nämlich am 18. Juni, diese Worte mit Kreide auf den Tisch geschrieben: „Den Katholischen traue nicht! Kannst mir wohl trauen! Ich bin nicht im Fegefeuer." Und darunter: „Got tes Wort und Luthers Lehr vergehen nie und nimmer mehr." Als der Dekan solches vernommen, hat er zwei Ka pitelherren hingeschickt, die Schrift aüszukunden. Die denn sehr unwillig über solche Schrift worden, mit Kreide 3 Kreuze darüber gemacht und diese Worte dazu geschrieben: „Du bist eine Hexe." Den IS. Juni hat hierauf das Ge spenst hingegen diese Worte angeschrieben: „Die katholischen Hunde. Martin Kattmann." . . . Als einst Herr Muscovins, damals Archidiakonüs und Beichtvater, jetzt Pastor Primarius zu Lauban, ins Haus kommen, die Keilpflugin zu besuchen und zu trösten, hat das Gespenst dem Herrn Archidiakonüs mit der Hand ge- dräuet, und ehe dieser etwas von dessen Gegenwart ge wußt, ist ihm so übel und entsetzlich worden, als wenn er augenblicks sterben sollte. . . . Einst hat Herr Keilpflug und sein Diener den Degen genommen und gegen den Ort, da das Gespenst nach Anzeige der Keilpflugin stehen sollte, die Länge und die Quere gehauen. Da dann die Keilpflugin berichtet, sie habe gesehen als es mit dem Degen in den Winkes getrieben worden, daß es dem Degen bald sich -tickend, bald in die Höhe springen- gewichen sei. auch dann, wenn sie niedrig gehauen, in einen in die Höh fliegenden Vogel, wenn sie aber in die Höhe gehauen, in eine auf die Erde fallende Kugel verwandelt worden. . . . Den 15. Juli fand man des Morgens auf die Dielen der Schlafkammer geschrieben: „Gehe aus von dem sündigen Sodom, aus der Blutstabt, es wird derselben übel er gehen." Den 16. Juli hat es mit Kreide auf einen Kasten geschrieben: „Feuer soll in der Stadt werden." Folgende Tage hat es fast nichts anderes geschrieben als Feuer- Drohungen, auf die Bettücher, die Tische, an vielen Orten des Hauses. Darüber ist ein groß Schrecken bet den Leuten in der Stadt entstanden, daß ihrer viele ihre besten Sachen in die Keller geräumt und man auch gute Wache gehalten. Es schrieb einer vom Ministerium unter letztgesetzte Feuer drohung: „Feuer auch in der Hölle, und zwar ewiges Feuer, für dich und deine Gesellschaft!" Darunter schrieb das Gespenst: „Du solltest mir helfen und verdammst mich zur Hölle! Ecce homo!" Hierauf hat es sich etliche Tage im Hause mit der Feuerkugel, desgleichen zuweilen wie ein Blitz sehen! lassen: nicht allein vor der Keilpflugin und ihrer Magd, sondern auch vor einem Mägdlein von 15 Jahren. Nachdem aber Gott durch seine gnädige Behütung diesen höllischen Schreckgeist mit seinen Feuerverkündi gungen zu einem Lügengeiste gemacht, hat es sich gleichsam geschämt. . . . Im August hats wieder angefangen zu tu- multieren, sodaß es nach den Leuten im Hause geworfen am Hellen Tage; wenn sie in der Küche gestanden, die Töpfe neben ihnen mit großem Ungestüm auf die Erde geworfen; der Frau Keilpflugin Ohrfeigen gegeben, Feuer funken als Kohlen nach ihr geworfen. . . . Da nun hierauf auf Rat des Ministeriums beschlossen worden, daß man hinfüro keine Schrift, die man finden würde, weiter lesen, sondern ungelesen auslöschen oder zudecken sollte, so hat es bald zu schreiben aufgehört, folgends auch vom Reden. Hat auch nachgelassen zu erscheinen, daß man am 8. Ok tober, dem 19. Sonntage nach Trinitatis, in der Kirche eine öffentliche Danksagung zu Gott getan. Dieser starke Gott steure ferner dem Satan und trete ihn unter seine Füße. Seinem Namen sei Preis und Ehre! Amen. Solches ist aus dem Diarium des Ministeriums, das zur selben Zeit geführt worden, ausgezogen. —e, Bautzen. Anmerkung: Der Text ist gekürzt, die Rechtschreibung modernisiert worden. Graf Heinrich von Schönbergs Glück und Ende Ergänzung zu dem Artikel „Gräfin Charlotte Kielmannsegge und ihre Beziehungen zur Oberlausitz" . jSiehe OHZ. 1929 Nr. 16) In den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts tauchte, aus Dürrhennersdorf zugezogen, plötzlich in Ebers bach im Niederdorfe, da, wo die Spree die Staatsstraße unterspült, dem jetzigen Kotteckschen Geschäft gegenüber, im Hause des ehemaligen „Klein-Schneiders" eine Familie auf, die im Dorfe allgemeines Aufsehen hervorrief. Der Familienvater nannte sich Graf Heinrich v. Schönberg und war ein auffällig langer, schwarzhaariger, finsterer, schon etwas gebückter Mann mit sonorer, tiefer Baßstimme. Seine Frau trug sich neumodisch und wußte durch ihr prä- tenziöses Wesen Sie Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Der etwa siebenjährige Sohn saß jahrelang mit mir auf einer Schulbank. Die Lebensweise dieser Familie (der Mann war seines Handwerks Böttcher) ging in vielen! Dingen über die dörf lichen Begriffe ihrer Umgebung hinaus. Man munkelte, -aß ste „alle Tage herrlich «n- in Freuden" lebe, jeden Tag