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2SS Gbsrlaujltzer bet einem Aufstand unzufriedener Bürger gegen den Rat die Verschwörer sich zur Nachtzeit in dem Hause Langen straße 12 trafen, dessen Hofausgang durch jene Pforte führte. Sie verließen diese immer erst, wenn der „Mönch" geschlagen und der Nachtwächter die Stunde angesagt hatte. Einmal schlug die Uhr sieben Minuten zu früh, die Verschworenen wurden von dem vorübergehenden Nacht wächter gesehen, dieser schöpfte Argwohn und die Folge war, daß die Schuldigen gefänglich eingezogen und hin gerichtet wurden. Zum dauernden Gedenken an dieses Ge schehnis schlägt der „Mönch" bis zum heutigen Tage sieben Minuten zu früh. So die Sage,' die Geschichte berichtet, daß ein Schneidermeister den Anschlag verraten habe und daraufhin die Gefangennahme der Verschwörer erfolgt sei. In der erwähnten „Verräterecke" unseres „Mönchshofes" befindet sich nun neben anderem eine getreue und künstle rische Wiedergabe jener verhängnisvollen Tür, die vielen, die unserem an Zeugen der Geschichte und Sage so reichen Görlitz einen Besuch widmen, als stimmungsvolle Rast- und Gedenkstätte dienen möge. O. Sch. Wann sind die Slawen in die Sudetenländer eingewandert? Von Priv.-Doz. Dr. Ernst Schwarz, Prag-Gablonz a. N. Die Frage nach der Zeit der slawischen Einwanderung in den Sudetenländern wird noch heute verschieden beant wortet, obwohl die Forschung jetzt darüber ziemlich ge naue Auskunft geben kann. Das Auseinandergehen der Ansichten erklärt sich aus dem Fehlen direkter sicherer Nach richten, teils aber auch aus dem slawischerseits bestehen den Wunsche, die Einwanderung in möglichst alte Zeit zurückzuverlegen. Aber auch auf deutscher Seite finden sich noch bisweilen unrichtige Angaben, so daß eine kurze Dar stellung der Quellen und sicheren Ergebnisse berechtigt ist. Als slawische Urheimat, das heißt dasjenige Ge biet, von dem aus die Ausstrahlung der verschiedenen sla wischen Stämme erfolgt ist, sind viele Landschaften von Mittel- bis Osteuropa in Anspruch genommen worden. Die von tschechischer Seite mit Hartnäckigkeit, zuletzt noch von dem Prähistoriker Pik verfochtene Ansicht, daß Ostdeutsch land mit den Sudetenländern dafür in Betracht käme, ist heute auch von dem Großteil der slawischen Forscher auf gegeben worden. Pik behauptete, daß die prähistorischen Funde der sogenannten Lausitzer Kultur ein slawisches Ge präge aufweisen. Die hauptsächlich durch Urnenfelder ver tretene Kulturgruppe gehört in die jüngere Bronzezeit. Diese Funde sind aber bis in Gegenden zu verfolgen, wo niemals Slawen gewohnt haben — sie reichen bis an das untere Jnntal (Hötting bei Innsbruck) —, so daß dieser Gedanke überall abgelehnt wurde. Auf tschechischer Seite spricht sich Schranil in seiner eben erschienenen Vor geschichte Böhmens und Mährens deutlich dagegen aus. Aus den historischen Nachrichten, die uns von Plinius, Tacitus und Ptolemaeus überliefert sind, ist zu entnehmen, daß die Slawen die Ostnachbarn der östlichen germanischen Stämme, der Ostgermanen, gewesen sind. Sie gehören in das Land zwischen Weichsel und Dniepr, wo bei es nur fraglich ist, wie weit sie an die Weichsel und die Karpathen herangekommen sind. Ihre Nachbarn im Norden waren baltische, finnische, im Osten und Süden skythische Stämme. Bei den Deutschen war als ihr Name Venedi üblich, der in unserem „Wenden, Winden" fortlebt. Wertvolle Hinweise aus die slawische Urheimat ver mag uns die Pflanzengeographie zu geben. Den Slawen war die Buche unbekannt, deren Ostgrenze etwa eine Linie von der Weichselmündung bis zur Bukowina dar stellt. Der Name für den Baum ist deshalb den Germanen Heimatzeitung Mr. N abgeborgt worden sbuk), die slawische Urheimat also östlich von der angegebenen Grenze zu suchen. Auch die Eibe war im Lande zwischen Dniepr und Wolga nicht vorhan den und konnte höchstens westlichen Slawenstämmen, falls sie westlich vom Dniepr wohnten, bekannt sein. Das dafür vorhandene Wort iva hat bei fast allen slawischen Völkern die Bedeutung „Weide" angenommen. Besonders wichtig ist der Name des Berga Horns, der den Slawen durch deutsche Vermittlung zugekommen ist sjavor). Der Berg ahorn kommt in dem großen osteuropäischen Tiefland schon nördlich der Karpathen nicht vor, wohl aber in den Karpathen, Sudeten und Alpen. Aus sprachlichen Grün den läßt sich zeigen, daß die Slawen den Namen von West germanen gehört haben müssen, und zwar nicht vor deru 6. Jahrhundert, daß also erst in dieser Zeit die Einwande rung in das Markomannen- und Quadenland (Böhmen, Mähren, Oberungarn) erfolgt sein kann, und die Urhei mat der Slawen in dem Tieflande nördlich davon zu suchen ist. Sie kann demnach nicht an die Karpathen herangereicht haben. Wettere Aufschlüsse wird uns freilich erst die in An griff genommene Untersuchung der Ortsnamen der in Betracht kommenden Gebiete liefern. Die Aufgabe besteht darin, die ältesten uns erhaltenen Namen und vermutlich ältesten der heutigen Namen, besonders der oft in die Ur zeit zurückreichenden Flußnamen, auf ihre- Erklärungs möglichkeit zu untersuchen. Daraus hat sich schon jetzt er geben, daß die Slawen nicht an die mittlere Wolga und ebenso nicht an das Schwarze Meer herangereicht haben, daß sie aber auch durch baltische Stämme, die ursprünglich weiter südlich bis heute gewohnt haben, von der Ostsee ge trennt waren, und weiter sowohl Ungarn wie die Su detenländer und Ostdeutschland bis über die Weichsel hin aus als urslawische Länder auszuscheiden haben. Auch auf, diesem Wege läßt sich also das Slawentum in den ältesten Zeiten auf den Prtpet-Dnieprraum begrenzen. Im 4. Jahrhundert wurden die Slawen von den Ost goten, die in Südrußland ein großes Reich aufgerichtet hatten, unter König Ermenrik unterworfen. Die Angaben unserer Gewährsmänner zeigen uns, daß wir sie uns noch in ihren alten Sitzen zu denken haben, und daß sie durch Germanen vom Schwarzen Meer getrennt waren. Im Jahre 512 hören wir dann wieder von den Slawen. Als in Ungarn das Herulerreich von den Langobarden zerstört worden war, beschloß ein Teil des besiegten Volkes, bei dem sich auch Mitglieder des Königsgeschlechtes befanden, nach der alten Heimat in Südskandinavien zurückzukehren. Der abenteuerliche Zug — ein wichtiger Zeuge für Hei matliebe der Germanen, wenn auch in Zeiten der Not — ist uns von einem Zeitgenossen genauer beschrieben wor den. Er berührte „alle Stämme der Sklavenen", die die Erlaubnis zum Durchmarsch gaben, und ging dann weiter durch „wüst liegendes Land" nach der jütischen Halbinsel, von deren Oberküste sich die Heruler nach Schweden ein schifften. Man hat auf slawischer Seite versucht, diese Stelle so auszulegen, als ob der Zug durch die Slowakei und Böhmen geführt hätte, die demnach damals schon von Slawen besiedelt gewesen wären. Aber damit sind die Nachrichten über die politischen Verhältnisse dieser Länder in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts auf keinen Fall in Übereinstimmung zu bringen, so daß eine andere Aus legung gesucht werden muß. Die Heruler haben zuletzt nach ihrer Niederlage an der unteren Theiß im Gepidenlande gewohnt, von wo ein Teil auf oströmisches Gebiet über trat. Von diesem Ausgangspunkte aus ist also die Wande rung erfolgt, die dann zunächst donauabwärts und dann am Außenrande der Karpathen auf der alten Völker- und Handelsstraße von der Oder zum Schwarzen Meer zu denken ist. Die vor Jütland genannte „Wüste", das heißt das dünn bewohnte Land, kann nur Ostdeutschland sein, das damals von seinen früheren Bewohnern, den