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Är. 15 Obevlausitzer Hsimatzeiiung 23s Buchwalde, das untergehende Dorf Was Türchau im Süden der Lausitz, das ist Vuchwalde in ihrem Norden: ein untergehenöes Dorf. Beide sterben den Grubentod. Wenn man von Groß-Särchen herüber kommt, sieht man schon von ferne die hohen Halden der Grube Werminghoff und die rauchenden Schornsteine der Brikettfabrik. Die Grube ist der Feind nicht nur der Fel der und Wälder, sondern auch der Dörfer. Vor zwei Jah ren noch ging die Bautzen—Hoyerswerdaer Staatsstraße schnurgerade von Groß-Särchen bis Maukendorf. Heute sperren dort, wo sie die ersten Häuser von Bnchwalde er reicht, Planken den Weg. Damals war es von der Straße bis zur Grube noch weit. Wälder und Felder lagen da zwischen. Sie hat der Bagger verschlungen, und als er an die Straße heran war, verschlang er auch diese, weil Kohle unter ihr liegt. Im Bogen wurde eine neue Straße um die Grube gelegt, mitten durch den Wald. Heute ist die Grube auch bis zu dieser neuen Straße vorgedrungen, und ihre Grubenbahnen fahren so knapp am Straßenrande lang, daß man sie jetzt hat einzäunen müssen. Einstweilen wird der Bagger sie verschonen. Er hat sich dereweilen weiter südlich gewendet und seinen Weg stracks auf Buch walde zugeuvmmen. Einstens war Buchwalde ein stilles Heidedorf. Die Männer gingen als Bergarbeiter auf die Grube, die Frauen versorgten die kleine Wirtschaft, denn zu den mei sten Häusern gehörte auch Stall, Vieh und ein Stück Feld. Zwischen dem Dorfe und der Grube lag schöner Heide wald, und es war ein gut Stück Weges bis dahinüber. Der Wald ist von der Grube verschlungen worden, sie hat sich inzwischen bis dicht ans Dorf herangefressen und ist in den letzten Tagen gar bis ins Dorf hineingekommen. Die Grubenverwaltung sicherte sich rechtzeitig das kohlenhaltige Gelände, das in ihrer Umgebung liegt. Da auch Buchwalde auf Kohlenflözen steht, brachte sie den dor tigen Grund und Boden in ihren Besitz. Sie erwarb die einzelnen Grundstücke, und die Besitzer erhielten dafür keine schlechten Preise. Sie durften in ihren Häusern wohnen bleiben, waren aber nur Pächter. Die Gruben verwaltung konnte ihnen jederzeit kündigen. Und diese Zeit ist jetzt gekommen. Eine Anzahl von Familien hat das Dorf bereits verlassen, eine weitere Anzahl hat den „Räumungsbefehl" in der Tasche, und ebensvviele rechnen damit, daß sie ihn über kurz oder lang erhalten werden. Die Grubenbahn fährt haarscharf an den Häusern hin. Die letzten Häuser selbst stehen so dicht am Grubenrand, daß es von weitem aussieht, als sollten sie jeden Augenblick in das Abbaufeld hinabstürzen, dem Bagger gerade zwi schen die Eisenzähne. Der grübt so dicht am Dorfe hin, daß man meint, er würde die Häuser gleich mit Hinweg raffen. Eine ganze Anzahl von Häusern ist bereits abge brochen morden. Ein Häuflein Ziegel bezeichnet noch die Stelle, wo sie einst standen. Von einer Reihe weiterer Häuser stehen nur noch die Umfassungsmauern. Wie Ruinen in zerschossenem Feindesland stehen sie da. Und endlich gibt es eine Anzahl Häuser, die bereits verlassen sind und deren vereinsamte Höfe, Stuben und Ställe des Hammers harren, der sie fällen soll. Hier ist die Front. Dahinter liegen noch friedlich die übrigen Wirtschaften. Aber ihre Besitzer sitzen schon auf dem Sprunge. Denn der Bagger verlegt die Front ständig weiter dorswärts. Haben die Bewohner ihr Haus verlassen, so läßt die Grubenver waltung fremde Maurer kommen, die es in wenigen Tagen dem Erdboden gleichmachen. Die ausziehenden Familien siedeln zum Teil nach der Kolonie der Grube Werminghoff iiber, wo durch Neu bauten neue Wohnungen geschaffen werden, zum Teil auch nach Groß-Särchen, das dadurch in raschem Wachstum be griffen ist. In dem Maße wie die Einwohnerzahlen dieser Ortschaften zunehmen, sinken die von Buchwalde selbst. Fast ständig sieht man jetzt in der dortigen Gegend Möbel transporte. Der Möbelwagen gehört gegenwärtig dort zum typischen Straßenbild. Während in Türchau jetzt ein gewisser Stillstand im Abbau des Dorfes eingetreten ist, ist er in Vuchwalde jetzt in vollem Gange. Mit fabelhafter Geschwindigkeit ver schwindet ein Haus nach dem anderen. Wie lange noch, und auch das letzte wird verschwunden sein. Dann wird von Vuchwalde nichts mehr übrig sein als der Name. Aber auch in den anderen Ortschaften dieser Gegend kündigt sich das Nahen der Grube an. Das sicherste Zeichen hierfür ist das Sinken des Wasserspiegels, das sich in ganz auffallen der Weise bemerkbar macht. Überall müssen die Brunnen vertieft werden, und die Brunnenbauer haben dort alle Hände voll zu tun. Die Streitigkeiten zwischen den Ge meindebehörden und der Grubenverwaltung wollen nicht verstummen. Bis nach Groß-Särchen hin macht sich der Wassermangel bemerkbar. Dieser Ort verspürt die Nähe der Grube noch auf eine ganz besondere Weise: Der große Teich ist ebenfalls ein Opfer der Grube geworden. Er war in seinen gewaltigen Dimensionen seines blanken Wasser spiegels gewissermaßen ein Wahrzeichen des Dorfes. Jetzt ist er bereits trocken gelegt. Auch er soll abgebaggert wer den, denn unter ihm liegen Kohlenflöze. Ebenso ist viel Gelände um Groß-Särchen herum von der Grubenverwal tung zum Abteufen erworben worden. So schiebt sich die Grube immer weiter vor. Felder, Wälder, Straßen und Flüsse sind von ihr bereits verschlungen worden. Sie wird noch mehr verschlingen und die Dörfer, die ihr im Wege stehen, auch. Sterben! das ist das Schicksal der Nachbarn der Grube. Vuchwalde wird bald verschwunden sein. Welches Dorf kommt dann an die Reihe? S. Waldtheater Oybin. „Das Märchen vom Heilige nwald" Ein besonders glücklicher Gedanke ist es gewesen, das allerliebste Lustspiel „Das Märchen vom Heiligenwald" von Halm und Sauöek, das szenisch geradezu für die Oybiner Waldbühne zugeschnitten sein könnte, nach mehr jähriger Pause wieder in den Spielplan aufzunehmen, und auch der Wettergott schien mit dieser Wahl sowie mit der Lösung der schwebenden Waldthcaterfragen durchaus ein verstanden zu sein. Das Publikum, das allerdings noch etwas zahlreicher hätte sein können, erlebte am 10. Juli eine ganz prächtige und höchst vergnügliche Aufführung, die viele zu baldigster Erneuerung des Besuches ver anlassen dürfte. Bei der Inszenierung hatte Julius Glaß, der auch den „beleibten Komiker" jes ist diesmal kein Druckfehler!) Fritz Leibel mit köstlichstem Humor verkörperte, die be währte glückliche Hand gehabt, und auch die andern Mit wirkenden lieferten durchgängig Spitzenleistungen. In den Mittelpunkt des Interesses setzte sich diesmal Elfriede Henschel sowohl durch glänzend durchdachtes Spiel als auch durch vorbildlich klare Textbchandlung. Sie war eine entzückend vernünftige Prinzessin. Wenn wir aus der Menge der sonstigen Mitwirkenden noch Martha Wolff als taufrisches Husche! herausheben, so ist das der Aus druck besonderer Freude über diesen vorzüglichen Perso nalzuwachs. Alle andern Darsteller — Wilhelmi, Hayn, Bud di, Beckow-Lehmann, Foer ster ling, Fritzler, vor allem auch Margarete Feld en und Vilma Corona — bitten wir, wegen Raummangels für diesmal mit einer summarischen Anerkennung ihrer gleichmäßig tadellosen Leistungen sich bescheiden zu wollen. In dieser prächtigen Gesamtaufmachung dürfte die reizende Komödie wie in früheren Jahren auch im laufenden Som mer noch manchen schönen Erfolg erzielen! Bruno Reichard.