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In der Oberlausitz konnten wir es im Jahre 1921 in dem altwendischen Dorfe Schleife im Kreise Hoyers werda feststellen. Einer Nachricht vom 24. August genann ten Jahres seien folgende Einzelheiten entlehnt: „Eine alte Sitte frischte der Burschenklub „Einigkeit" durch Ver anstaltung eines Ringreitens am Sonntag wieder auf. Gegen 1 Uhr ritten die Burschen in ihrer schmucken Klei dung unter Vorantritt der Musikkapelle zum Festplatz. Hier war ein Tor erbaut worden, in dessen obere Mitte ein Huhn befestigt war. Dies galt es, beim Durchreiten herunter zu holen. Manch einer kam durch, ohne auch nur eine Feder in der Hand zu halten, zur Belustigung der Zuschauer. Es gelang aber doch schließlich den Burschen, den ersten Preis durch Abreißen des Hühnerkopfes, den zweiten und dritten durch Herunterholen der Leiden Flü gel zu gewinnen. Die Sieger waren Hans Domel, Hein rich Kappler und Matthäus Domula. Für die Nichtreiter fand ein Preisschießen statt." * Ein ähnlicher Brauch ist das sogenannte Stollen retten, wir begegnen ihm ebenfalls im Kreise Hoyers werda, und zwar auch an einem Augustsonntage. Ein Be richt vom 26. August 1925 enthält darüber nachstehende Mitteilungen: „Bei strömendem Regen zog am vergange nen Sonntage die Jugend unseres Ortes hinaus auf das für das Stollenreiten bestimmte Stoppelfeld. Zum Glück hatte nun der Regen etwas nachgelassen, und jetzt erfolgte das Wettreiten der jungen Burschen. Die drei Sieger er hielten nach altem Brauch je eine von der weiblichen Jugend gestiftete Kuchenstolle. Bis spät in die Nacht be lustigte sich dann die Jugend bet Spiel und Tanz im Gast hof Schlenkrich. Der Ort der Handlung dieser alten Volkssitte ist das Dorf Tätzschwttz im Kreise Hoyerswerda. Die Bemer kung „nach altem Brauch" in unserem Bericht läßt darauf schließen, daß das „Stollenreiten" zu den altüberlieferten Bräuchen jener Gegend gehört. Es findet sich übrigens auch in der Niederlausitz. So schreibt von ihm Paul Sar- tori in seinem „Handbuche der Volkskunde" (Sitte und Brauch. 3. Teil, 1914s: „Stollenreiten in der Niederlausitz an Sonntagen des Juni oder überhaupt des Sommers um Stollen, die die Mädchen gebacken haben." Von diesen „Stollenreiten" wird uns an anderer Stelle berichtet: „Als Umzug zur Pfingstzeit wurde in einigen Gegenden Deutschlands früher das sogenannte Stollenreiten angesehen, das sich teilweise in kleineren Ortschaften noch bis zum heutigen Tage erhalten hat. Als Siegerpreis galt bet dieser Belustigung der noch heute neben dem Kuchen so beliebte Stollen. Die Pferde der Stollenreiter trugen gewöhnlich Blumen- und Bänder schmuck. Die Tracht der Reiter bestand aus einem blauen Rock, derber Hose und blanken Stiefeln. Der Wettritt wurde ohne Sattel ausgetragen, wobei der beste Reiter außer dem Stollen nicht selten ein seidenes Halstuch, der schlechteste als Trostpreis ein Taschentuch sowie eine vom Bäcker eigenhändig gebackene Pfeife erhielt." * Aus der sächsischen Lausitz wird uns im Jahre 1927 be richtet: „Eine schöne lausitzer Sitte scheint sich in der Ka menzer Gegend einbürgern zu wollen. Es ist das Stollenreiten. Dieser Brauch stammt aus der Gegend um Senftenberg. Dort werden in der Herbstzeit, wenn die Ernte geborgen ist und der Wind über die Stoppeln weht, allerorten Stollenreiten abgehalten. Bauernsöhne tun sich zusammen und veranstalten ein Pferderennen auf freiem Felde. Die Dorfschönen sorgen für die Preise für die Sie ger. Sie backen Riesenstollen. Der erste Sieger erhält einen Zwanzigpfünder, der zweite einen Achtzehnpfünder usw. Die Veranstaltungen heben die Sportlust auf dem platten Lande, stählen die Kräfte und bilden zugleich eine angenehme Unterhaltung für die übrigen Dorfbewohner. Immer finden sich zu den Veranstaltungen zahlreiche Zu schauer ein. In der Kamenzer Gegend wird das Stollen reiten in Hausüorf veranstaltet. Zwar gibt es hier noch keine Stollen, doch werden die Sieger von den Mädchen mit Eichenkränzen ausgezeichnet. Auf birkengeschmückten Erntewagen geht es hinaus aufs Feld. Auch die Dorf musik zieht mit hinaus. Das ist ein rechtes ländliches Fest. An einem Augustsonntag wurde es wieder abgehalteu. Es beteiligten sich daran Reiter aus Hausdorf, Cunners dorf und Kamenz. Das schöne Wetter hatte zahlreiche Zuschauer angelockt. Es ist erfreulich, daß diese alte, schöne Sitte im ländlichen Leben wieder auflebt." Für weitere Mitteilungen über das Vorkommen oder Wiederaufleben der im vorstehenden berührten Gebräuche im Gebiete der deutschwendischen Oberlausitz würden wir dankbar sein. O. Sch. Wiederbelebte tzeimatgeschichte Durch die dramatische Bearbeitung der Geschichte der Raubritter von Briesen beim Heimatspiel in Roßnitz bei Zibelle wird jene Zeit vor 500 Jahren wieder lebendig. Westlich von Zibelle dacht sich der Fuchsberg (171,4 Meter) allmählich nach Norden und Nordwesten ab, um allmählich in ein den Brannkohlengruben vorgelagertes Wiesen gelände (früheren Sumps) überzugehen. An der Grenze zwischen Wald und Sumpf liegen die Wallanlagen des „Raubschlosses", wie es im Volksmunde heißt. Mehrere Quellen speisen ein wahres System zuweilen doppelt an gelegter Grüben, die die „Wasserburg" umschlossen. Man läuft etwa 10 Minuten um den äußeren Wall. Von Bau lichkeiten ist allerdings keine Spur mehr vorhanden. In Sumpf und Wald versteckt, dazu nur wenige hundert Meter von der alten Handelsstraße Dresden—Bautzen—Mus kau—Sorau—Polen (der sogenannten Salzstraße) entfernt, war sie im Anfang des 15. Jahrhunderts ein wohlgeeig neter Schlupfwinkel und Stützpunkt der Raubritter von Briesen. Die Gegend von Zibelle kennt noch ein zweites „Raubschloß", den „Rupberg" (Raubberg) beim Bahnhof Tschöpeln. Nach Stanötke (Heimatkunde der Niederlausitz) handelt es sich bei ihm um eine alte Wenöenschanze, was neuerdings jedoch bestritten wird. Der Umfang dieses Walles ist sehr viel kleiner, sodaß man doch eher das „Raubschloß" bei Zibelle als Sitz des bedeutenden Ge schlechtes derer von Briesen annehmen kann. (Ein noch lebender Nachkomme des Geschlechtes, der vor dem Kriege in Zibelle weilte, bestätigte auch diese Annahme.) Daß der „Raubberg" bei Quolsöorf auch gelegentlich den Raubrit tern gedient haben mag, verrät schon der Name und auch ein dort gefundener Säbel. Das Raubschlotz der Briesen soll unterirdisch mit der Zibeller Kirche verbunden gewesen sein. Reste dieses Ganges wurden bei der vorletzten Reno vation der Kirche (nach 1870) entdeckt. Dieser Gang spielt in dem Heimatspiel „Die Briesen" in Zibelle eine sehr wichtige Rolle. W—l. Vs» «au» tiir Lporrsu-Nks! I-susngnsben 10