Volltext Seite (XML)
Daß aber auch in Elstraer Flur alte Begräbnisstätten vorhanden sein müssen, beweist der Umstand, Saß früher dem Stadtmuseum Zittau eine guterhaltene Urne geschenkt wurden ist, die 1730 auf einem Felde in Elstra mit anderen Gegenständen gefunden wurde. ü- 8pa;;ßafte 6e;chlchten Von Franz N a u ch f u ß Gustav M., seines Zeichens ehrsamer Fuhrwerker in Elstra, besorgt in den 80—90 er Jahren Botenfuhren von Elstra nach Bischofswerda mit Pferdegeschirr. Schreiben lind Lesen ist seine schwache Seite. Unser Gustav wird nun eines schönen Tages in Bischofswerda von einem Schutz mann ungehalten, weil er nach der eben ergangenen neuen Verordnung ein Firmenschild am Wagen nicht hat. Über den neumodischen, unnötigen Krempel aufgebracht, läßt sich unser Gustav die Sache des Langen und Breiten ausein- anöersetzen, weil er die Zeitung noch nicht gelesen habe, und der Schutzmann läßt unfern Gustav ohne Anzeige fahren, zumal dieser hoch und heilig verspricht, daß er das nächste Mal so'n Ding am Wagen dran hätte. Gustav fährt heim und denkt nicht mehr an die Geschichte. .Die Woche drauf erwischt derselbe Schutzmann unser» Gnstav in Bischofswerda wieder ohne Wagenschild. Ei Sapperment, konnte der Blanke aber die Hölle heiß machen, anzeigen wolle er'u Gustav, einen Haufen Strafe müsse er bezahle«, womöglich gar brummen! Na, unser Gustav ver steht cs, den Mann des Gesetzes zu besänftigen, dieser läßt Gustav nochmal ohne Anzeige fahren, weil Gustav wieder hoch und heilig verspricht, daß er das nächste Mal aber nun ganz bestimmt so'n Dings am Wagen haben würde. Wie Gustav heim kommt, erzählt er seiner Pauline, was ihm passiert ist und daß er ohne so ein Ding nicht wieder fah ren dürfe. Panline besorgt die Sache. Als nun unser Gustav das nächste Mal wieder nach Bischofswerda fährt, so früh um 4 Uhr im Finstern, be sinnt er sich doch auf das Schild und Pauline holt trapp etwas aus dein Hause und schiebts dem schon davonfahren den uutcrm Wagenkasten. Unser Gnstav hat alles schön in Bischofswerda besorgt und will gerade stolz am Nathause vvrttberfahren. Steht da nicht schon wieder derselbe Schutz mann da, winkt, Holts Notizbuch raus und sagt so barsch ivie nur möglich: „He, Sie, Sie haben doch schon wieder kein Schild am Wagen, diesmal fliegen Se aber granatg nein!" Unser Gustav ist fix runter vom Sitze, langt schnell in den Wagenkasten und hält mit freundlichem Grinsen und den Worten: „Da hab'chs Luder!" dem Blanken — einen Haussegen unter die Nase! Die Pauline hatte in der Rasche und in der Düsterheit die Schilder verwechselt und Gustav hatte keine Ahnung, was drauf stand. Gott, wer hat nicht A. Heinrich gekannt, den alten, ge raden Nachtschutzmann nnd Totenbettmeister, der in seiner urwüchsigen nnd schlagfertigen Art um Nichts verlegen ivar und sich auch durch kein „Bvomwvllenes" umreißen ließ. Bei einem nächtlichen Revisionsgange trifft der Bür germeister den getreuen Diener der Stadt, dessen gleich mäßiger Tritt und Stockschlag schon von Weiten zu.hören war, und beide gehen gemeinsam die vorgesehene Ronde ab. Wie das nun nicht anders ist, wird von dem und jenem gesprochen. A. Heinrich wird langsam warm, erzählt von sich, was er trotz rauher Schale für ein guter Kerl sei und daß er Jeden, der begraben würde, noch ein letztes „Lebe Hoch" ausbrächte, bevor er in die Erde versenkt würde. Der Potzoberste, der schon manches vom A. Heinrich wußte nud auch Spaß verstand, war denn doch nicht bereit, das ohne weiteres zu glauben, worauf ihm A. Heinrich folgen des sagte: „Herr Vergemeister, Sie gehn doch ooch bald bei Jeden mit ze Grabe. Wenn mir 'n Nächsten warn begrab». 's ward schon wieder mal eens sterbn, da bassen Se mal genau auf mich auf. Und wenn ich Se heite nich belogen habe, dann krieg ich awer von Ihnen zwee Boomwollene!" Der Fall trat ein. Ernst und feierlich nahm A. Heinrich den Trauerzug am Friedhofstore in Empfang und schritt den Trägern voraus. Als der Sarg auf den Querhölzern über dem offenen Grabe ruhte nnd die Träger postiert waren, sah sich A. Heinrich nach dem im Zuge stehenden Ortsgewaltigen um und wies dann die Träger mit folgen den Worten an: „Hoch" — die Träger zogen die Bänder glatt — „Hoch" — die Träger zogen an — „Und noch ein mal hoch" — die Träger hoben den Sarg an, A. Heinrich nahm die Querhölzer weg und der Sarg wurde in die Tiefe gelassen. Es ist selbstverständlich, daß A. Heinrich drei Boommvllene bekam, wosür er sich „wer weiß wieviele male sehr schön bedankte." * In den Elstraer Gaststätten ist immer ein sehr an genehmer Aufenthalt. Neben einem vorzüglichen Trunk und einem guten Happen gibt es gewöhnlich auch immer eine angeregte, spaßhafte Unterhaltung und die Gemütlich keit ist's, die die Leute da eben manchmal etwas länger zusammenhült, als wo anders. Störenfriede lassen Wirt und Gäste nicht groß aufkommen. Mit ihnen wird kurzer Prozeß gemacht, ohne große Umstände, und in kurzer Zeit ist die Ruhe und gute Laune wieder hergestellt. Der Frie densrichter und die Polizei kriegen nicht viel Arbeit. Das ist heute so und war schon früher so. Sitzt da auch einmal im „Schwarzen Roß", zu des alten Otto Zeiten, eine Klique zusammen und macht unterein ander ihren Lvttig. Alles hat zu feixen und die Laune unter der lustigen Gesellschaft ist prima. Auf einmal tritt in die Schankstube herein Koksch, der Schreier, der etwas ange hackt sein mochte, ekelt die Runde und den Wirt an mit Brüllen und Schreien, als ob's gleich regnen solle, und stört den Leuten den ganzen Spaß. Die lassen sich das nicht lange gefallen, sacken den alten Freund an und wupptich — liegt er auch schon draußen in der Durchfahrt. Die Türe wird von innen wieder zugemacht und die unterbrochene gemütliche Unterhaltung geht weiter, wobei die Störung leicht vergessen ist. Da muß doch einer von der Runde ein mal austreten. In der Durchfahrt schrickt er zusammen. Dort liegt der Brüll-August genau noch so da, wie er hin- posamentiert worden ist, und rührt sich nicht. Der ist tot! — Einer nach dem andern kommt aus der Gaststube her aus. Jeder besieht sich die Leiche, die zwar noch sehr warm ist und sich durch nichts vom Flecke bringen läßt. Es ver geht eine Stunde, es vergeht noch eine Stunde. Die Leiche liegt immer noch auf derselben Stelle und ist noch warm. Die Geisterstunde ist bald vorüber und die lustige Runde hat so allerhand zu tuscheln gehabt. So in der zweiten Stunde guckt der Wirt Otto mit einem guten Freunde, dem H. Lob, wieder mal nach. Der Tote zuckt nicht ein bissel. Nachdem er den Toten hin- und hergcwendet hat, fängt der Lob zum Otto an: „Du, der hat awer en Mächtiges er wischt, die ganzen Schläfe sind verbogen und mindestens zehn Rippen sind entzwee, wahrscheinlich hat er ooch noch ne Masse Arm- und Beenbrüche. — Unds Dümmste is, 's Luder ist noch nich mal ganz weg! Der is noch warm, wie ene Kaffeekanne. Weest de, um den Kerl ist's nich schade. Den kenn mer awer ooch nich hier liegen lassen. Den mis sen mir irgend wohin schmeißen, daß 'n niemand findt. Denn wenn die Schandarmerie hinter die Sache kimmt, Du, da gehts uns aber dreckig, ins Zuchthaus kommer alle zesamm, wenn mer nicht gar geköppt wärn." „O Gott, o Gott," jammert der Wirt: „Daß mern och gerade in de Durchfahrt schmeißen mußten, wenn mern nur uffn Markt gepfeffert hätten, da wärer verleicht bissel weecher geflogen. Was mach mer nur itzt?" „Na," sagt der Lob, „wenn mer die drinnc nur schunn heem hätten, da wißt ich schon een