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zwei Kilometer nordöstlich von der Stadt an der nach Kamenz führenden Bahn. Die Herren von Pulsnitz hatten in einem Rechtsstreit mit dem Könige von Böhmen das genannte Flurstück, das damals Feld war, verloren, aber sich die Gnade ausgebeten und sie auch bewilligt erhalten, wenigstens noch einmal darauf säen und ernten zu dürfen. Sie säten jedoch nicht Korn, sondern Eicheln, daher der Name Eichart, und sicherten sich so den Besitz der schon verlorenen Flur. Diese Sage kehrt in dieser oder einer ähnlichen Form in Deutschland öfter wieder, so in einer Wette zwischen dem Teufel und den klugen Mönchen. Kehren wir von dieser kleinen Plauderei über Elstras Namen zurück zu Pfarrer Heydrichs Chronik und lesen einmal hier nach, was sie uns über die Stadtrechts- ver leih ung durch König Ferdirirind zu berichten weiß. Biel ist es nicht, wie überhaupt der Abschnitt über die älteste Geschichte bei ihm sehr knapp gehalten ist. Heydrich schreibt: „Es hat auch Ferdinand I. diesem Orte de dato Schloß Prag, am Sankt Thomastag 1528 ein sehr gnädiges Privi legium wegen der Regiments-Bestellung l- Stadt verwaltung!, des Mähens., Schlachtens, Gewand schnei d e u s und anderer Befreiungen verliehen, des gleichen wegen eines außer den ordentlichen Jahrmärkten allezeit Dienstags zn haltenden Wochen-Marktes, auch die Stadt mit den Rat und Bürgerschaft verliehenen Erbgerichte sniedere Gerichtsbarkeit! begnadigt. . . ." 1568 bestätigte Kaiser Maximilian II. diesen Wochen markt. 1610 erhielt Elstra einen 2. Jahrmarkt, 1684 einen 3., mit dem ein Biehmarkt verbunden war, und end lich 1740 den 4. Jahrmarkt, der besonders der Schützengilde zugute kam. Der von Ferdinand verliehene Wochenmarkt ist in späteren Jahrhunderten wieder eingegaugen. Es seien noch einige kurze Notizen aus der ältesten Geschichte der Stadt nachgeholt. Die Überlieferung will wissen, Elstra sei gleich den Nachbarstädten von den Hus siten völlig zerstört worden. Diese hätten damals auf der Prietitzer Schanze ein festes Lager gehabt, ähnlich wie in Altstadt bei Stolpen. Daß diese Hussitenschanzen und -berge ein viel höheres Alter haben, ist gewiß. Die tschechi schen Heere fanden die Befestigungen bereits vor. Auf dem Schlußblatte des Heydrichschen Manuskriptes entdeckte ich eine handschriftliche, mit „Anton" unterzeichnete Ergänzung, die folgenden Wortlaut hat: „In der Matrikel des Bistums Meißen von Anno 1346 kommt Elstra bet dem Sedes Kamenz vor. Als Herr schaften sind mir in Urkunden und Lehnsbriefen vor gekommen: 1502: Hannß von Ponikau, 1513: Nicol von Ponicau, 1545: Wolf von Ponicau." . Der Schreiber dieser Notiz ist durch sein Werk: An ton, Versuch über Slaven, bekannt geworden. Von der damaligen Beschaffenheit des Ortes Vor 140 Jahren zählte man in Elstra 500 über 14 Jahre alte Bewohner. Feuerstätten waren 187 vorhanden. Fast alle Häuser hatten Schindeldächer. Das Städtchen wurde eingeteilt in „des Bürgermeisters und des Stadt richters Seite". Der jedesmalige regierende Stadtrichter und der zur Zeit regierende Bürgermeister waren zugleich Steuereinnehmer. Der Rat bestand aus drei Bürgermei stern, drei Stadtrichtern, drei Scabinis (- Beisitzern! und einem Stadtschreiber. Außerdem waren zwei Gemeinde älteste vorhanden. In Gemeinschaft mit dem regierenden Bürgermeister unterstand ihnen das Bauwesen. Bon den 187 Feuerstätten waren nicht wengier als 114 Häuser b r a u b e r e ch t ig t. Neben der Landwirtschaft war die Brauerei der wichtigste Erwcrbszwcig. Erwähnenswert waren noch der Flachsbau, das Stricken und Spinnen für die Vudissiner Strumpsfabrikanten. Auch hatte sich „das Band- und Schnüremachen" der Großröhrsdorfer Pflege in Elstra eingebürgert. Unter den Handwerkern waren Schuhmacher, Leineweber und Fleischhauer am stärksten vertreten. Die Einwohnerzahl war seit vielen Jahrzehnten fast gleich geblieben. Die zahlreichen großen Staötbrände, von denen später noch die Rede sein wird, vernichteten immer wieder den aufblühenden Wohlstand, und manche Familie zog weg und suchte wo anders sich ihr Brot. Heyd rich schreibt: „Man kann nicht sagen, daß sich die Volks menge in Elster und den dazu gehörigen Ortschaften in den neuesten Zeiten vermehrt hat. Gewiß ist's, daß durch manche traurige Schicksale in früheren und späteren Zeiten Elsters Bewohner außerordentlich viel gelitten haben, wodurch dann auch von Zeit zu Zeit die Bevölkerung sehr vermin dert worden ist, wie denn noch immer viele, von Armut und Mangel gedrückt, hier ihr Leben höchst kümmerlich und sorgenvoll zubringen müssen. . . ." Im Jahre 1751 wurden zu Elstra 67 Kinder geboren, 1700 nur 60. Die Zahl der Eheschließungen betrug in den beiden genannten Jahren 11. 1761 starben 54 Personen, um 1790 aber jährlich 60—70. Die Zahl der Kommunikanten ivar sehr hoch. Sie betrug 1751 gegen 3000 und 1701 etwa 2800. Von den 187 Feuerstätten zu Elstra gehörte eine ganze Anzahl der Herrschaft. So besaß sie sechs bürgerliche Schuhhäuser, ferner das Schloß, etwas abseits erbaut, und schließlich am Markte das noch heute vorhandene Her renhaus. Es hatte verschiedene Freiheiten, wie Wein- unö Branntweinschank und Backen. Wie sah es nun in Elstra nach den Napo leonischen Kriegen aus? 1814 zählte man in dem Städtchen mit Einschluß der öffentlichen Gebäude 206 Häu ser, von denen 114 brauberechtigt waren. Die Einwohner zahl betrug 900. Die Herrschaft hatte die obere Gerichts barkeit, das Patrimouialgericht über die Stadt und die dazu gehörigen Dörfer. Dem Rate standen nnr die niederen Ge richte zu. Der Sitz der Herrschaft war das schöne, aus zwei dreistöckigen hohen Flügeln bestehende Schloß. Die Zahl der Bürgermeister war auf zwei verringert worden. Neben ihnen gab es drei Stadtrichter und drei Ratsmannen. An der Kirche waren ein Pastor und ein Diakon angestellt, an der Schule ein Rektor und ein Schulkollege. Einge- pfarrt waren Dobrig, Gödlau, Kindisch, Kriepitz, Ossel, Boderitz, Rauschwitz, Talpenberg und Welka. In Elstra befanden sich 1814 eine Accise, eine Zoll einnahme und eine Steuereinnahme. Jeden Donnerstag ging von dem Städtchen eine Bvtenpost nach Dresden: auch mit Budissin war eine regelmäßige Verbindung vor handen. Im Jahre 1840 zählte man iu Elstra einschließlich Kirche, Pfarre und Schule, jedoch ohne die herrschaftlichen Gebäude, 214 Häuser. Die Einwohnerzahl betrug an 1100. „Sie trieben fast alle Professionen und den Ackerbau mit seltenem Fleiße." Außer einer L e i n w a n d f a b r i k war damals schon eine Apotheke in dem Städtchen vor handen. Über die rechtlichen Verhältnisse und die Stadtverwaltung schreibt der um 1840 in Elstra amtierende Pfarrer Richter: „Der Stadtrath bestand früher aus 3 Bürgermeistern, 3 Stadtrichtern, 3 Senatoren, 3 Schöppen oder Scabinen und 1 Stadtschreiber jin Person des Rektors der Stadt schule). Die Bürgermeister und Stadtrichter regierten ein Jahr um das andere, und ein jeder hatte seinen Senator und Scabinus. Die Wahl dieser Nathsmitglieder geschah also, daß die Bürgerschaft zu jeder Stelle 3 Mitglieder des Magistrats vorschlug, von denen die Lehns- und Gerichts herrschaft einen zum Bürgermeister oder Stadtrichter usw.