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Nr. 14 Gberlausitzer Heimatzeitung 2Ü um dasselbe, welche das Auge, das aufs denen die übrigen Seiten des Stäbchens umgebenden Ebenen und Flächen nicht so viele Ruhepunkte findet, sehr anziehet und ver gnüget. Es liegt aber Elstra an der sogenannten schwarzen Elster, welcher ohnweit Elstra bey dem Dorfe Kindis ch entspringet und endlich ohnweit Wittenberg bei einem Stäbchen gleichen Namens (Elster) als ein schon ziemlich starker Fluß in die Elbe fällt . . Der hier von Heydrich genannte Ort an der^Mündung der Schwarzen Elster in die Elbe ist auch heute noch kein Städtchen, sondern nur ein Dorf. Elster liegt hart am rechten Elbufer. Ein Stück stromauf mündet die Schwarze Elster nach 118 Kilometer langem Laufe als ein stattlicher, 40 Meter breiter Fluß an der Grenze der Kreise Schweinitz und Wittenberg, verstärkt durch S ch w a r z w a s s e r, Pulsnitz und Röder, in die Elbe. Dieser Zufluß ist es, der den Strom zu einer gewaltigen Biegung zwingt, denn bis zur Elstermllndung fließt die Elbe hier genau nordwärts, dann aber nach Westen. Die Quelle der Schwarzen Elster findet sich 1,3 Kilometer nordwestlich vom Heiteren Blick am Osthang des Rammenauer Steinberges. Über ihr führt der vielbegangene Kammweg Kamenzer Hutberg— Sibyllensteiu—Butterberg dahin. Bei der in der Elstraer Pflege noch üblichen Sitte des O st e r w a s s e r s ch ö p - fens suchen die Mädchen früh vor Tau und Tag auch die in einem einsamen Waldgrunde gelegene Quelle der Schwarzen Elster auf, da ihr Wasser au dem Morgen be sondere Schönheit und Anziehungskraft verleiht. Über das Osterwasserschöpfen im Gebiet der Schwarzen Elster schreibt D r. Vönisch in seiner 1825 erschienenen „Topographie der Stadt Camenz": „Noch vor 100 Jahren wurde sogar die Schwarze Elster in der Osternacht angespannt und dann in Kindisch und Rauschwitz das Vieh hineingetrieben, damit es das ganze Jahr vor Seuchen und Krankheit und Unfall ge schützt sei. Der gewöhnliche Fahrweg zwischen diesen Ortschaften war am Ostertag nicht passierbar. Niemand durfte vor Sonnenuntergang die Verschützung lösen . Doch kehren wir von der Schwarzen Elster wieder zu Heydrichs Chronik zurück! Er erwähnt dann weiter bei der Beschreibung der Lage Elstras zwei Landstraßen: „Leitwerts Elstra in einer Entfernung von 24 Stunde liegt die große Landstraße von Kloster Marienstern nach Kamenz. Durch Elstra selbst geht nur eine kleinere, weniger befahrene und nach Dresden führende Straße, daher auch die dasigen Bürger weniger Zuwachs ihrer Nahrung von Durchreisenden erwarten können..." . Heydrich kommt dann auf Elstras Nachbarorte kurz zu sprechen: „Die Orter, mit denen Elstra insbeson dere gränzet, sind: Gegen Morgen das klösterliche Dorff Kriepitz, gegen Mittag die herrschaftlichen Dörffer Gödlau und Rauschwitz, gegen Abend Rehnsdorf und einige kleine zu Wohla gehörende Dörffer, ins gemein die Ländergen genannt, gegen Mitternacht Prietitz . . ." Das „Ländchen Wohl a", wie noch heute die Pflege heißt, sogar auf den amtlichen Gemeindetafeln finden wir diese Bezeichnung, besteht aus dem Rittergute Wohla uud den südlich von ihm an der Straße nach Rehnsdorf gelegenen Dörfchen Welka setwas seitwärts erbaut), Boderitz, Ossel, Talpenberg und Dobrig. In alten Urkunden finden wir für diese Weiler die Namen Podriz, Talckenperg, Doverack, Weckau, Ozel. Am Wirts haus in Boderitz lesen wir heute noch das Schild „Gast haus zum Ländchen Wohla". Auch das dem Frem den in seinem Namen unerklärliche Wirtshaus Fünfe in Dobrig geht auf die uralte Abhängigkeit der kleinen Dörfer von der Wohlacr Rittergutsherrschast zurück. Dobrig, zu dem das Wirtshaus Fünfe gehört, ist ja, von Wohla aus gezählt, das fünfte Dorf des Ländchens, das in seinem Namen — und nicht nur darin — an den be kannten Eigenschen Kreis bei Bernstadt er innert. Auf die Ausführungen über Lage und Grenzen Elstras folgen dann in der Heydrichschen Chronik einige nur sehr kurze Bemerkungen über die älteste Geschichte Elstras. Er schreibt da: „Elstra war erst ein bloßes Dorf, ob man gleich die ersten Erbauer desselben nicht angeben kann. Der Ort war anfänglich klein und gelangte erst nach und nach zu einiger Größe, besonders aber ist derselbe nach den beiden Hauptbränden in den für Elstra so trau rigen Jahren 1717 und 1768 merklich vergrößert und ver schönert worden, wiedennoch in den letztverflossenen Jah ren verschiedene neue Häuser dort gebaut worden sind . . ." Der hier kurz erwähnte Stadtbrand von Anno 1717 war wohl das schrecklichste Schadenfeuer, das Elstra je heimgesucht, und die Chronik dieses Städtchens weiß wahrlich von Feuersnöten mehr zu künden als andere des Landes. Das mitten in der Nacht durch böswillige Brand- stiftüng entstandene Feuer vom 28. und 29. Juni 1717 ver nichtete in wenig Stunden Kirche, Pfarre, Diakonat, Schule, Rathaus, 124 Bürgerhäuser, 48 Scheunen und den herr schaftlichen Schafstall, wobei gegen 500 Schafe in den Flam men umkamen. Leider waren auch fünf Menschen leben zu beklagen, die aus dem Feuermeer keinen Aus gang gefunden hatten, da sie mitten im Schlaf von den Flammen überrascht worden waren. Jedermann mutzte fliehen und nur auf Rettung seiner und der Seinigen Leben bedacht sein. Das Elend war damals unbeschreiblich. Der Gottesdienst wurde lange Zeit erst unter freiem Him mel und dann in einer Scheune unter einem Kornboden abgehalteu. Nur nach und nach konnten bei der grvtzcn Armut des Ortes die Häuser wieder errichtet werden. Die fünf Toten waren: 1. Frau Susanna ScheidleriN, die blinde Witwe des Mei sters Scheidler, verstorbenen Bürgers und Hufschmieds. 2. Drei Kinder des Schuhmachers Hempel im Alter von 3, 6 und 7 Jahren. Sie wohnten mit der oben genann ten Frau Scheidler, ihrer Großmutter, in einem Hause. 3. Der sechsjährige Sohn des Tagelöhners Klahre. Ein Knabe, der dem Stadtpfarrer Magister Löffler zur Erziehung übergeben war, flüchtete bei dem nächtlichen Feuer in den Keller des Pfarrhauses und wurde ihm auf wunderbare Weise das Leben erhalten, obwohl die Pfarre von den Flammen völlig zerstört wurde. Der Diakonus Kaspar Mylius — ein Mylius war der Jugendfreund Lessings — rettete bei dein 1717 er Stadtbrande nichts als Ornat, Bibel, einen Schuh und einen Pantoffel. Der von Heydrich erwähnte Stadt brand Anno 17 66 ging an einem Sonnabend vormittags 2L6 Uhr hin ter der Pfarre zwischen den Lchmannschen und Haufeschen Bürgerhäusern auf. Infolge der großen Trockenheit des Herbstes — der Brand war am 27. September — wurden binnen kurzer Zeit 69 Häuser zerstört. Darunter befanden sich wieder Pfarre, Diakonat und Schule, dazu 22 Scheu nen. Die furchtbare Hitze setzte die Spurtafel am Kirch turm, wie man damals die Zifferblätter nannte, in Brand, und das Feuer ergriff den Turm selbst, der bald lichter loh brannte und schließlich zusammenstürzte. Sein Mauer werk fiel auf die Trümmer des bereits ausgebrannten Hauses von Meister Jänichen. Beim 1766 er Stadtbranüe war nur ein Menschen leben zu beklagen, die Frau des Tagelöhners Rodig. Sic wurde erst eine Woche später unter den Trümmern des Lchmannschen Hauses verkohlt aufgefundcn und noch am selben Abend beerdigt.