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hromada - Kommt zusammen!) Bei Unruhen, Exzessen im Kretscham oder Unfug durchziehender Soldaten, ja auch bei Auftreten der Pestilenz wurden die Glieder des Dorf gerichts auch durch Sturmgeläut zusammengerufen. sNeu- kircher Pfarrarchtv. Loc. I, Nr. 1, Pilk II.) Ein Besuch im Herrnhuter Altertums-Museum Nach dem Einzuge des Frühlings regt sich immer stär ker die Wanderlust. Auch ich machte mich an einem freien Tage auf und suchte bas mir schou lange bekannte Herrn hut auf, für das ich wegen seiner vielen historischen Stät ten, seiner großen geschichtlichen Vergangenheit und seiner stilvollen Bauten schon immer eine besondere Vorliebe ge habt habe. Ich wollte etwas durch den Ort schweifen und dann von dort aus einen kleinen Fußmarsch unternehmen. Aber nach der Ankunft brach der Regen los und so mußte ich, da ich mich auf schlechtes Wetter nicht eingerichtet hatte, auf eine Wanderung verzichten. Bet der Tasse Kaffee im Gasthof der Brüdergemeine, in dem man gut aufgehoben ist, wurde mir geraten, doch die Stunden meines Aufenthaltes zu einem Besuch im Museum zu verwenden. Ich glaubte es zu kennen — beim Wege vom Bahnhof sieht man ja ein Eckgebäude mit der Aufschrift Museum liegen, in dem ich schon einmal einen interessanten Besuch gemacht hatte. Ich wurde aber belehrt, daß dies das „Bölkermuseum" gewesen sei — es gebe aber außerdem noch im Brüdcrhaus ein interessantes Museum des Vereins für Geschichte Herrnhuts, das „Oberlausitzer Heimat- und Herrnhuter Örtsmuseum", dessen Besuch überaus lohnend sei. Ich folgte dem freundlichen Rat — und ich habe es nicht bereut! Um auch andere Besucher Herrnhuts auf dieses Museum hinzuweisen, das sonst leicht übersehen werden dürfte, will ich etwas davon berichten. Wie schou der Name sagt, zerfällt das Museum in zwei Abteilungen, deren jede in ungefähr drei Räumen unter gebracht ist. Wenn man den ersten Raum durch die Tür im Seiten flügel des Brüderhauses betritt, nachdem man eine Treppe hoch gestiegen ist, dann fällt einem sofort die lebensgroße Gestalt eines sächsischen Briefträgers in der bis 1866 üb lichen gelben Uniform in die Augen. Sehr fesselten mich in diesem Raume die Sammlungen von Bauernschmuck ver gangener Zeiten. Da sah ich mancherlei Halsketten, Ringe, Hauben und verzierte Kämme, wie sie die Bäuerinnen zum Kirchgang und bei festlichen Gelegenheiten trugen. Die Art der Beleuchtung in den verschiedensten Zeiten, mit dem Kienspan beginnend, wird einem vorgeführt. Pferüekämme, schön verziert, Schießscheiben von ländlichen Schützenfesten, die gesamte Ausrüstung eures Nachtwächters zu Urgroß vaters Zeiten sind vorhanden. Dessen Horn, Spieß und Laterne, die man auf den Bildern von Ludwig Richter so oft sehen kann, machten mir besondere Freude. Auch Haus und Stallaternen ivie Bauernnhren sind gut vertreten. Ansichten aus der Umgebung, teils einzelner Gebäude, von denen manche nicht mehr vorhanden sind, teils ganzer Städte zu verschiedenen Zeiten und in mannigfacher Aus führung schließen sich an. Auch Bilder von der ersten Eisen bahn von Bautzen nach Löbau, wie sie bei der Probefahrt 1846 im Schnee stecken blieb, mit Hohngedichten; der Ein sturz des Eisenbahnviadukts bei Löbau 1858 und die ersten Fahrkarten finden sich vor. Fibeln, Bilderbücher, Paten briefe, Schreibvorschriften früherer Jahrhunderte und all die Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens in alter Zeit sind zu sehen. Der zweite Raum fesselt besonders durch seine Eigen art. Er ist ein vollständig eingebautes Bauernhaus, das mau an seinem alten Standort abgebrochen und hierher j versetzt hat mit Gallerte, an der ein Wachtelhaus, Sonuen- uhr und Käsehaus angebracht sind, die besonders Kindern viel Spaß machen werden. Das Entzücken jedes Heimat freundes wird aber die vollständig mit allem Hausrat ein gerichtete Bauernstube Hervorrufen, in deren einem Schrank noch die ganzen Kleidungsstücke einer Vauernfamilie auf bewahrt werden. In diesem Raume dürfte kaum etwas fehlen, was damals vor über 160 Jahren zur Einrichtung einer gemütlichen Bauernstube gehörte. Oben darüber liegt die Schlafstube mit zweischläfrigem Himmelbett, Wiege und Kinderstühlchen, alles bunt bemalt. Die Fenster haben noch Butzenscheiben, während sie im Erdgeschoß mit Schiebeläden versehen sind. Den kirchlichen Altertümern aus Oberlausitzer Dorf kirchen ist der dritte Raum gewidmet. Hier finden wir den Altaraufsatz aus der Rennersdorfer Kirche mit schönem Altarbild, die Kanzel aus der Kirche in Berthelsdorf, die von 1655—1793 in Gebrauch war und auf der 10 Ortsgeist liche ihres Amtes gewaltet haben, auf der auch Graf Zin- zendorf gepredigt hat. Ferner ist hier ein lebensgroßer, aus Holz geschnitzter Taufengel zu sehen, der gewöhnlich von der Decke herabhängt, bei Taufhandlungen aber herab gelassen wurde und dann in knieender Stellung ein Buch vor sich hält, auf das das Taufbecken gestellt wurde. Auch sonst sah ich in dieser Abteilung noch mancherlei interessanten Schmuck aus Dorfkirchen der alten Zeit, auch Heiligenfiguren usw. aus der ehemaligen katholischen Ka pelle im Oberstrahwalder Schloß. Aus dieser sehenswerten Abteilung wurde ich von dem freundlichen Kustos des Museums in die zweite Abteilung geführt, in das eigentliche Herrnhuter Ortsmuseum. Da fiel mir gleich im ersten Raume die Büste des Grafen Zinzendorf in die Augen, das Modell der großen, im so genannten Herrschaftsgarten ausgestellten Büste des Grafen vom Bildhauer Alfred Reichel in Berlin, der kürzlich ver storben ist. An der Wand neben der Tür am Fenster hängt eine große Zahl verschiedener Bildnisse des Grafen Zin zendorf, seiner beiden Gemahlinnen, seines Sohnes Chri stian Renatus, der gleich seinem Vater als Kirchenlieder dichter hervorgetreten ist. Auch von andern Mitarbeitern der gräflichen Familie aus der ersten Zeit der Brüder gemeine sind schöne Kupferstiche vorhanden. An den andern Wänden dieser Abteilung sah ich mit Interesse Ansichten Herrnhuts aus dem 18. und 19. Jahrhundert, teils einzel ner Gebäude und Straßen, teils Gesamtansichten. Ferner sind da mancherlei Bilder vom Hutberg und Heinrichsberg, sowie auch von andern Brüdergemeinen. Für die ersten Jahrzehnte nach der Gründung Herrnhuts im Jahre 1722 war der einfache Oberlausitzer Stil der Häuser charakte ristisch, in den Jahren nach der Mitte des 18. Jahrhunderts dagegen wurde mehr im Mansardenstil sBarock) gebaut, in dem eine große Zahl stattlicher Häuser entstanden, Sie heute noch für das Äußere Herrnhuts als bezeichnend gelten können und dem Ort ein gewisses vornehmes Aussehen geben. Von beiden Epochen bietet das Museum viele schöne Ansichten, teils in Ölgemälden, teils in anderer Manier ausgeführt. Unter Glaskasten steht das Modell des ersten von dem mährischen Zimmermann Christian David aufgeführten Hauses, das 1905 durch Feuersbrunst zerstört wurde, von dem aber das Türmchen erhalten blieb und hier zu sehen ist. Auch ein Balken aus diesem Hause liegt quer über diesen Raum, in dem die Zimmermannsaxt jenes Christian David steckt. Ferner steht hier der erste Denkstein, der am 17. Juni 1722 an der Stelle im Wald an der Straße nach Großhennersdorf zu aufgestellt wurde, an der Christian David vor 50 Jahren den ersten Baum zum Anbau des Ortes gefällt hatte. Dieser Stein wurde wiederum 50 Jahre später, am 17. Juni 1822 bei der Hundertjahrfeier durch den ersetzt, der jetzt noch -ort steht.