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scher Ratsweinkeller gedient, ist aber später zu einer Gast stätte von minderem Range geworden. Daselbst hat sich im Anfang des 17. Jahrhunderts der von Chronisten berichtete Wirtshausstreit abgespielt, in dessen Folge ein Zittauer Bürger erstochen wurde. Die schon erwähnte gesellige Zusammenkunft fand im Kaffeehaus von Schiffrier statt. Herr Dr. Müller berichtete über den Reichtum unserer alten Zittauer Häu ser an umfangreichen Kelleranlagen, die aus der Zeit vor dem dreißigjährigen Kriege stammen und zum Teil höchst sehenswert sind. Namentlich kommen verschiedene Grund stücke in der Wettinerstraße in Betracht, die gelegentlich gemeinsam besucht werden sollen. An der Hand eines handschriftlichen „Häuserbuchs" aus dem 18. Jahrhundert gab der Redner eine Anzahl interessanter geschichtlicher Mitteilungen, die das vorher besuchte Haus in der „Kohl gasse" betrafen. Er kam dann darauf zu sprechen, daß die Zittauer Chronisten sich früher im wesentlichen auf die Aufzeichnung von Notizen über prominente Persönlich keiten der Stadt beschränkten, aber noch nicht erkannt hat ten, daß die Voraussetzung für die kulturelle Blüte einer Stadt die gedeihliche Entwickelung des Handels in ihren Mauern sei. An zweiter Stelle machte Herr Dr. Brix fesselnde Ausführungen über die noch vorhandenen Spuren eines förmlichen Netzes von geheimen unterirdischen Notaus gängen aus dem umwallten Stadtgebiet für den Fall des Eindringens einer räuberischen Soldateska. Unter Bezug nahme auf Moscheroschs „Philander von Sittewald" und andere Quellen verwies er auf die furchtbaren Greuel, denen durch Jahrhunderte hindurch die Bewohner erober ter Städte ausgesetzt gewesen sind. Das oft behauptete Vorhandensein eines unterirdischen Ganges von Zittau nach Oybin verwies der Redner in das Reich der Fabel,' dagegen konnte er durch eine Reihe glaubhafter Anhalts punkte seiner Ansicht Geltung verschaffen, daß die wohl habenden Zittauer Bürger von ihren Kellern aus unter der Erde gut geschützte Gänge angelegt haben, die irgend wo außerhalb der Stadtmauer an verborgener Stelle ende ten und im Falle äußerster Gefahr ein heimliches Ent kommen ermöglichten. Der Sprecher verwendete sich für die planmäßige Durchforschung dieser Gänge und regte eine größere Führung durch das unterirdische Zittau an. Auch im übrigen war der fesselnde Abend an Anregungen ver schiedener Art reich. Bruno Reichard. pra-.safttt Oer,.5axonia"-8rortz»önau Am 26. und 26. Mai veranstaltete die „Saxonia" mit 85 Teilnehmern eine Fahrt nach Prag und ins böhmische Elbtal. Dank eingehender Vorbereitung nahm die Reise einen überaus befriedigenden Verlauf. Schon die Bahn fahrt an dem prächtigen Maienmorgen brachte viel neue Eindrücke. Das gesegnete Böhmerland zeigte sich im schön sten Schmucke. Vorbei ging es am Hirschberger Großteich, am Bösig, das Jsertal entlang von Bakov nach Jungbunz- lau, bei Neratowitz über die Elbe und schließlich durch die fruchtbare Prager Ebene. Kurz nach 9 Uhr lief der Schnell zug im Wilsonbahnhof ein. Zunächst wurden die Quartiere in den drei voraus bestellten Hotels aufgesucht (Blauer Stern, Imperial, Palace). Die Aufnahme war recht freund lich und zuvorkommend, ebenso gefielen die Zimmer. Nach einer Frühstückspause fuhren gegen s^ll Uhr große Aus sichtswagen des Reisebüros „Ceüok" vor und nun kam ein Glanzpunkt der Reise, eine dreistündige Rundfahrt durch die Stadt. Es ist nicht möglich, an dieser Stelle all die empfangenen Eindrücke zu schildern. Wohl kein Teilnehmer hatte eine solche Fülle von Sehenswürdigkeiten vermutet. Das Auge wußte nicht, was es mehr bewundern sollte, den riesenhaften Verkehr, den stolzen Moldaufluß mit den vie len Brücken, die Hunderte von Türmen und Türmchen, die prächtigen Bauwerke, die reichen Kunstschätze im Beitsdom und im Hradschin. Fast wie ein Traum zog all das vor über. Wohl keine Stadt besitzt so viel Kunstdenkmäler aus allen Kunstepochen wie eben Prag: Romanischer Stil, Go tik, Renaissance, Barock finden wir hier in hoher Voll endung vereint. Die Rundfahrt ging vom Pulverturm aus nach dem Altstädter Ring mit dem Hußöenkmal und dem Rathaus (Besichtigung der astronomischen Uhr und der Reprüsentationsräume). Deutschsprechende Führer gaben die Erklärungen. Dann wurde die Judenstadt ausgesucht, und über die Karlsbrücke ging es hinüber nach der Klein seite. Es gab ein großartiges Bild, als die fünf Wagen dicht aufgeschlossen die alte Krönungsstraße der böhmischen Könige zum Hradschin hinauffuhren. Oben wurden der Veitsüom und die großen Burgsäle eingehend besichtigt. Bon der weiteren Fahrt seien noch erwähnt das Belvedere, das Molöauufer, der Stadtteil „Vinorahdi", der Wenzels platz und Ser Graben. Etwas abgespannt und doch begei stert von so viel Schönheit fanden sich die Teilnehmer in den einzelnen Hotels zum trefflichen Mittagsmahl wieder zusammen. Von 3 Uhr an hatten sich in liebenswürdiger Weise deutsche Studenten zur weiteren Führung bereit erklärt. In kleinen zwanglosen Trupps wurden nun die Garten anlagen der Stadt Prag, die mit den Bauwerken an Schön heit wetteifern, aufgesucht. U. a. wurde der Laurenziberg mit dem Aussichtsturm bestiegen. Auch das ganz besonders originelle „Goldge Blümel" wurde nicht vergessen. Im Garten des „Goldenen Kreuzel", das dem deutschen Hilfs verein gehört, traf sich dann die gesamte Reisegesellschaft zum Abendbrot. Ein Bummel über den Wenzelplatz mit seinen riesen haften Lichteffekten beschloß den erlebnisreichen Tag, der in aller Erinnerung noch lange haften wird. Am nächsten Morgen führte der Zug die „Saxonia" in schöner Fahrt an Hopfenfeldern und Weinbergen ent lang über Melnik und Leitmeritz ins „böhmische Para dies". Zur Frühstücksrast im Schloßkellergarten von Groß- Czernofek wurde ein Gläschen des berühmten Rebensaftes gekostet. Es schien allen recht gut zu bekommen. Allzuschnell nach vieler Meinung mußte die gastliche Stätte wieder ver lassen werden, denn der Dampfer kam, um die Gesellschaft nach dem schönsten Fleckchen des Elbtals, nach Salesel, zu bringen. Auf den Elbwiesen im Schatten der Kastanien konnte hier jeder ausgiebig Mittagsruhe halten und sich „aalen". Wer es wünschte, dem wurde auch ein Sonnenbad unent geltlich verabreicht. Leider mußte der Aufenthalt unfrei willig verlängert werden, denn der zunächst vorgesehene Dampfer nahm wegen Überfüllung niemand mit. So konnte nur noch die Dampferfahrt von Salesel nach Aussig genossen werden, während auf den Besuch der Ferdinands- Höhe verzichtet werden mußte. Mit knapper Not langte man am Bahnhof Schreckenstein an, von wo die Heimfahrt über Tetschen nach Warnsdorf erfolgte. Beim Abschied drückten sich alle Teilnehmer die Hand mit den kurzen Worten: Es war sehr schön. * Den Lusatiavereinen kann die eben geschilderte Fahrt sehr empfohlen werden. Sie bieten damit den Mitgliedern mit verhältnismäßig wenig Kosten etwas ganz Besonderes. Der Saxoniavorstand ist zu Auskünften gern bereit. M. K. ZMrrHauptverrammlung der Vereinigung fiir Heimatkunde Heichenvach OL. und Umgebung Die Vereinigung für Heimatkunde Reichenbach OL. und Umgebung tagte am Donnerstag, dem 30. Mai, im Hotel zur Sonne, um Rückschau über das vergangene Jahr zu halten. Der Vorsitzende, Herr Oberlehrer i. R. Otto Schöne-Löbau eröffnete dieselbe mit begrüßenden Worten. 1. Der Schriftführer, Herr Lehrer Titze, erstattete den Jahresbericht, aus dem folgendes zu entnehmen ist: Das