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Specht- und Kuckucksvögeln, ist den meisten bisher ganz unbekannt und neben der Blaurake Mandelkrähe) ein außerordentlich seltener Höhlenbrüter. Sein unauffälliges, graubraun gesprenkeltes Gefieder und vor allem seine Scheuheit haben ihn nicht bekannt werden lassen, während die Manüelkrähe trotz der gleichen zurückgezogenen Lebens weise, öfters genannt wird, da sie durch ihr tropisch-bunt- farbiges Gefieder, das zudem in den herrlichsten Farben (hauptsächlich grün und blau) schillert, die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat. Mit Ausnahme der kleinen Rohrdommel (Zwergreiher), die auch nicht zu den alltäglichsten Teichbewohnern gehört, sind alle Reihervögel ziemlich selten, oder wenigstens im starken Rückgang begriffen. Der Schwarzstorch (Waldstorch), einer der Schönsten seiner Familie, ist schon seit fast zwei Jahrzehnten nicht mehr bei uns Brutvogel. Er unterhielt vor dieser Zeitspanne Brutplätze in den ausgedehnten Ge bieten des „Muskauer Tiergartens" und wird außerordent lich selten hin und wieder auch noch in der Oberlausitz be obachtet. Auch den weißen Storch wird man in absehbarer Zeit zu den ausgestorbenen -Oberlausitzer Vögeln zählen müssen, da ihn Futtermangel und andere unglückliche Be gleitumstände zu stetem Rückgang veranlassen. Bet der gro ßen Rohrdommel ist ein solcher wohl augenblicklich nicht vorhanden. Sie hat etwa Fischreihergröße, ist aber kürzer und gedrungener gebaut und versteht es, sich durch ein ver stecktes, nächtliches Teichleben, das sich zudem in den dich ten Nohrbeständen der Heidcteiche avspielt, vor den Blicken des Menschen zu verbergen, obwohl sie auf den verschieden sten sächsischen, sowie preußischen Teichen brütet und abends ihren ochsengebrüllähnlichen Valzruf ausstößt. Der Meist- verfolgtestc unserer Vogelfamilie ist jedoch der Fischreiher selbst, der überall als gefährlicher „Fischräuber" verrufen ist und dementsprechend behandelt wird. Obwohl er ein Zierstück unserer heimischen Teichvvgelwelt ist, wird er schonungslos abgeschvssen, damit der Fischerei einige Taler mehr in die Tasche fallen. Schußprämien, die sogar in den verschiedensten Revieren bezahlt werden, lassen die trostlose Lage, in der sich die Reiher befinden, um so drastischer er scheinen. Hoffentlich kommt die Einsicht, daß der Fischreiher als Naturdenkmal und -schönheit geschützt werden muß, nicht zu spät, so daß wir ihn noch längere Zeit zu unseren Brutvögeln zählen können! Der größte und stattlichste Stelzvogel, der Kranich, ist ebenfalls eine Seltenheit für unsere Heimat geworden. Während man ihn an einigen wenigen Stellen der preußischen Oberlausitz bis jetzt mit Bestimmtheit antreffen konnte, ist er in Sachsen nur ver einzelt und auf dem Zuge zu beobachten. 1926 zum Beispiel überflog eine Schar von etwa vierzig Kranichen die Ost ausläufer Bautzens in der bekannten Keil- bezw. Winkel form. Wahrscheinlich muß man damit rechnen, daß auch die noch bestehenden Standorte bezw. Brutplätze in kurzer Zeit aufgehoben werden, da sich selbst in den entlegensten Heidcwinkeln ein reges Jndustrieleben entwickelt. Selbst die Stammutter unserer Zuchtgänse, die Grau gans, ist ein Glied der heimischen Vogelivelt. Sie gleicht in Stimme, Körperbau und -grüße der zahmen Gans, vor der sie sich durch ihre vortreffliche braungraue Schutzfärbung und ein wesentlich höher entwickeltes Flugvermögen aus zeichnet. Obwohl sie sich 1928 ständig auf einigen sächsischen Teichen aufhielt, wo ich sie öfter beobachten konnte, ist mir doch an dieser Stelle kein Nest bekannt geworden. Von der Familie der Entenvögel ist ferner noch die kleine Schellente (auch Klang- oder Hohlente) zu nennen. Vor allem sind ihre für eine Ente interessanten Brutverhältnisse einzigartig und beobachtenswert. Obgleich sie fast die Größe der Nebelkrähe erreicht, ist sie doch Höhlenbrüter und bringt ihre Brut in Baumlöchern und Schwarzspechthöhlen hoch. Die Jungen, die ja nur kurze Zeit im Schutze der Höhle zubringen, ver lassen diese aus die verschiedensten Arten. Dazu möchte ich eine Beobachtung anführen, die ein Förster machte und mir gelegentlich mitteilte: Die alte Schellente setzt sich auf der Seite des Baumes auf die Erde, die das Loch der Nisthöhle zeigt. Sodann läßt sich der Jungvogel dicht am Stamm herabfallen, schlägt dabei mit den noch kurzen Flügeln und hemmt die Wucht des Falles, indem er mit den Zehen an der Rinde herabschürft, so daß es aussieht, als liefe er den Stamm ganz schnell rückwärts herab, bis er unten von der Alten aufgehalten wird. Obwohl die heimische Vogelwelt sehr vielgestaltig ist, finden wir hier die bedauerliche Tatsache, daß sich viele ihrer oft einzigartig schönen Vertreter zu den seltenen und aussterbenden Arten zählen lassen. Mit wenigen Ausnah men ist uns Menschen selbst die Schuld an diesem Zurück gehen beizumessen, gleichviel ob wir uns bewußt oder un bewußt damit einverstanden erklären. — Es nutzt zum Bei spiel wenig, wenn der Aberglaube, der die Eulen als „Totenvögel" hinstellt und ihnen dadurch so gefährlich wer den soll, auch heute noch stark gegeiselt wird, obwohl er fast ausgestorben ist und nur von ganz zweifelhaften Naturen hochgehalten wird. Es ist natürlich, daß er auch in unserer Zeit dann und wann ein vereinzeltes Opfer fordert, im übrigen wird er aber nur dann angeführt, wenn es das Verschwinden von Eulen zu entschuldigen gibt, das viel leicht gar auf Abschuß beruht. Ferner ist es merkwürdig, daß die Kleinvögel, die in der Nähe des Menschen leben, so viel Schutz genießen, während andere, meist seltenere aber unbekanntere Vögel ihrem Schicksal überlassen wer den und stets mit dem Tode rechnen müssen. Die Liebe, mit der man den Kleinvögeln begegnet, sollte auch aus größere Arten übertragen werden! Leider ist dies noch sehr wenig der Fall. Sv sind mir Jagdpächter bekannt, die jedem Turm falken, der sich längere Zeit auf ihrem Pachtgebiet aufhielt, nach allen Regeln der Kunst auflauerten, da sie diesen durchaus nützlichen Vogel aus merkwürdigen Gründen für einen Schädling hielten. Daß diese Meinung weit mehr ver breitet ist, als man es gutheißen kann, konnte ich auch dies Jahr beobachten, indem ich mehrere Falkennester mit zer schlagenen Eiern vvrfanö. Das Auslegen von vergiftetem Fleisch, das den Krähen verderblich werden soll, ist eben falls stark zu verurteilen, da es namentlich im Winter auch anderen Tieren gefährlich wird. Neben diesen und anderen Faktoren, die die verschiedenen Bogelarten vermindern, ist das mutwillige Ausnehmen und Zerstören von Nestern ein außerordentlich schlechtes Zeichen von der Naturliebe unse rer Zeit. Dieser Unverstand, der meist mit Unrecht auf den Landbewohner geschoben wird, der viel Liebe für die ihn umgebende Natur hat, ist leider noch recht oft zu finden. In einem Feldgehölz hatten sich zwei Elsternpaare, eine Nebel krähe und eine Waldohreule niedergelassen und sämtlich Eier gelegt. Mehrere Tage später fand ich die vier Nester teils leer teils mit zerschlagenen Eiern wieder (man be achte besonders, daß auch eine Eulenart unter diesen Vögeln genannt ist!). Neben diesem könnte ich noch andere Bei spiele anführen, die alle von dem geringen Interesse spre chen, das die Menschheit für die Erhaltung unserer Vögel hat. Obwohl sich für Krähen, Elstern, Eichelhäher und Doh len schwerlich Schutz erzielen lassen wird, wäre es doch sehr wünschenswert, wenn neben den nützlichen Eulen noch andere Vögel, wie Turm-, Baum- und Wanderfalken, Eis vögel (diese farbenprächtigen, ziemlich seltenen Vögel wer den als Fischbrutfänger verfolgt), Spechte, Würger, Kie bitze und Lachmöven und andere ähnlich bedrohte Vögel geschützt würden. Vor allem sollte den am Anfang ange führten Raubvögeln und den „Fischräubern", den Reihern, eine feste Existenz gewährt werden, denn sie alle, vom klei nen Goldhähnchen bis zum Seeadler bitten uns: Laßt uns leben!