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abend besonders lebhaft, ja ganz „verwirrt" zu, vor allem, wenn unter den „Karln", den Burschen, lustige Leute waren. Dann wurde das Kalb ausgetrieben, wie man sagte. Beliebt waren derbe Scherze, um die Lichtengänger zu erschrecken. So blies man wohl durch kleinere Öffnungen, die man entdeckt hatte, Ruß in die Stube hinein. Oder man höhlte einen Kürbis aus, schnitzte aus ihm einen Kopf mit Augen- und Mundlöchern, steckte ein Licht hin ein und stülpte sich den einem Totenkopf ähnlichen Kürbis auf den Kopf, wobei man sich noch ein grelles Helles Ge wand überwarf. So stellte man sich plötzlich an das „Nup- pern"-Fenster, um die Drinsitzenden zu schrecken, was auch meist gelang. Mit einem anderen Ulk ging man auch „scheechen", indem man an Nachbars Fenster nahe der Glasscheibe des Fensterrahmens eine sogenannte „Rumpel schnur" an einer Stecknadel anbrachte, nämlich einen ge wichsten Zwirnsfaden. Dieser brachte beim Darüberstreichen einen unheimlichen, schnurrenden Ton hervor. (Ebersbach.) Oft begann der Spinnabend gleich mit einem Spaß, den die Burschen verübten, um zugleich zu einer Trankspende zu gelangen. Sie suchten die Rockenstube der Mädchen „aus zukaufen", wie man sagte, indem sie sich im Einverständnis mit der Rockenstubenmutter eine Stunde früher als die Mädchen einstellten und eiserne Ketten mit Vorlegschlössern um die Spinnräder legten, so daß diese nicht in Bewegung gesetzt werden konnten. Eine an die Wand geschriebene scherzhafte Strophe klärte die Mädchen darüber auf, daß die Rockenstube „ausgekauft" sei. Durch eine Trankspende von Kaffee oder Branntwein erlangten die Mädchen die Freigabe ihrer Spinnräder. (Neukirch, Pilk.) Es war eben ein besonderer Genuß, wenn es auch etwas zu essen und zu trinken gab am Lichtenabend. So spendete in Blumberg bei Ostritz die Mutter des Spinnabends wohl ein rundes Gebäck „Ningelkalchl" und Kaffee. Manchmal ließen auch die Burschen etwas anfahren, wobei für sie selbst oft der Branntwein gewählt wurde, während sich die Weiblichkeit lieber an Kaffee und Kuchen ergötzte. Auch im deutschen Gebiet kam es wie im wendischen vor, daß die Lichten gesellschaft dort einmal vorsprach, wo gerade Kuchen ge backen oder ein Schwein geschlachtet worden war, dorthin ging man Kuchen- oder Wurstsingen. Mancherlei schalkhafte Reime, die beim „Wurstgrunzen" oder „Wurststvhnen" ge sungen wurden, könnte ich anführen, aus der Wendei be sonders eigenartige. Doch dies ergäbe eine besondere Ab handlung. Nur den einstigen, hierzugehörigen Brauch des „Tellertragens" in Neukirch möchte ich hier anführen, der wohl gerade an Lichtenabenden gern geübt wurde. Wenn ein „Nupper" Kuchen oder Brot gebacken hatte, verschaffte man sich dadurch eine Kostprobe, daß man ihm einen großen hölzernen Kuchendeckel hintrug mit der Strophe: Wir haben uns besonnen und bedacht und haben Euch einen Teller gebracht. Ihr werdet Euch auch besinnen und bedenken und uns einen Kuchen schenken. N. N. Der Überbringer durfte sich aber nicht erwischen lassen, sonst wurde ihm das Gesicht geschwärzt und er unverrichte ter Sache heimgeschickt. War es dagegen gelungen, den Teller ungesehen einzuschmuggeln, so legte der Backende gewiß einen Mittelknchen darauf, wobei nach altem Brauch der Kuchen den Teller decken mußte. Beim Brotbacken wurde ein „Senglich", ein gesäuberter Vrotkuchen, auf gelegt. Wollte man den Tellerträger necken, so hielt man schon einen sehr dicken Kuchen bereit, in dem ein Draht geflecht eingebacken war, so daß der Schabernack erst beim Ausschneiden an den Tag kam. (Pilk.) Der letzte Spinnabend vor Weihnachten wurde ganz besonders herausgehoben, es war der Abend vom 20. zum 21. Dezember, der Abend also vor der langen Nacht, oder auch die „lange Nacht" selber, die dem Thomastag (21. De zember) folgende längste Winternacht. In Lückendorf gab es sogar früher das Tätigkeitswort „thomsen gehen", d. h. in die Spinnstube zur Thomasnacht gehen und sich da aus tollen, man sagte auch wohl „wir dvomsen". In Neukirch nannte man den letzten Spinnabend, mit dem man die Spinntätigkeit des Jahres beschloß, den „Sengabenü", es war der Abend vor der „langen Nacht", wo die Mädchen bis Mitternacht zusammensaßen. Punkt zwölf mußte der letzte Flachs vom Rocken gesponnen sein. Konnte dies ein Mädchen nicht fertig bringen, so wurde ihm der noch übrige Flachs mit einem Leuchtspan angezündet und vom Rocken weggesengt. (Pilk.) Ähnlich war es auch bei den Wenden mit dem Dopalowak, dem „Verbrenner", oder „Dowamo- wak", dem „Zerbrecher", wie man den längsten Spinn abend nannte. Auch hier wurde zu bestimmter Stunde der am Rocken übrigbleibende Flachs heruntergebrannt und der Oberrocken zerbrochen. lPilk.) Auch die Bauernmägde waren an den Lichtengängen beteiligt, mußten sie doch auch fleißig spinnen, wie jedes Mädchen auf dem Dorfe auf diese Weise im Laufe der Jahre für ihre Ausstattung spann. Die Mägde erhielten früher sogar von ihrer Herrschaft einen viertel oder einen halben Scheffel Land für eigenen Flachs, wovon sie dann manch mal einen ansehnlichen Ertrag hatten. Für die Ernte ihres Flachses, der eine Art Naturallohn war, hatte jede Magd selber zu sorgen,' oft halfen ihr dabei Angehörige oder gute Freunde. Häufig machten sich diese auch einen lustigen Abenö daraus, indem sie den Flachs in einer Mondschein nacht ernteten und dabei allerlei Scherz trieben (Töpfe- anwerfen usw.). Vor dem Heimgang der Mädchen aus der Rockenstube wurde zwischen Mädchen und Burschen vereinbart, welcher Bursche „ihr den Rocken tragen dürfe", d. h. sie Heimgelei ten dürfe. Meist geschah dies mit den Worten: „Du, N., kann'ch dr 'n Rocken heemtroin?" oder „N., hint troi ich d'rn Rocken heem". Der Bursche, dem dies vom Mädchen abgeschlagen wurde, durfte dann nicht etwa trotzdem neben her laufen, das wäre für das Mädchen eine große Beleidi gung gewesen. (Neukirch, Pilk.) Jedenfalls führte der Lichtenabend die beiden Geschlechter zusammen, man machte sie miteinander bekannt und war infolgedessen häufig An laß und Ursache zu Lebensverbindungen unter der Jugend. Ein Lied sei hier wiedergegeben, das uns auch einen Einblick in die alten Geselligkeitsverhältnisse der Ober lausitzer Dörfer gibt. Es ist selbst wahrscheinlich bei Lichten gängen gesungen worden. Lichtengang In dem lieben Königshain, Da spinnt alles, groß und klein. Knecht und Herr, die spinn' die Rocken, Mägü' und Weiber bloß die Pflocken. Wenn das Spinnen brav soll gehn, Wird die Stund' e halbe Strähn'. Aber mancher hat zu haspeln, Daß des Tags bloß wer'n zwei Zaspeln. Bei dem Spinn' ist große Not, Man verdient sich kaum das Brot. Überall hört man sie locken: „Komm doch heut zu mir zu Rocken, Da woll'n wir recht fleißig sein, Da sind wir ja ganz allein. (Alt-Bernsdorf a. d. E.) Oer Cinsendungstermin von Beiträgen für die „Oberlausitzer löeimatzeitung" ist stets der Montag der Woche, in welcher dis Zeitung erscheint. Wir bitten unsere Mitarbeiter und die lZericktsrstatter von Vereins- berichten, diesen lag innezukalten, da sonst Verzögerungen in der Herstellung unvermeidlich sind.