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Weihevoller kommt das Dorf in seinem Spiel daher. Überall bilden sich, durch die Wohlfahrt- und Heimatpflege angeregt, Spielscharen. In Steinhagen bei Stralsund sah ich das plattdeutsche Spiel „Vaödermanns Dod", ausgezeich net dargestellt. Die Lausitz hat ihre Reichenauer Spielschar. Das Eitelborner Krippenspiel geht schon als ein Stück Tradition durch viele deutsche Dörfer, und wie ein Dorf mit seiner Kunst eine ganze Welt aufhorchen lassen kann, be weisen noch immer die Oberammergauer Passionsspiele. Alle Weihnachts-, Oster- und Psingstumgänge, alle Fast nachtsspiele und Erntefestszenen sind Äußerungen allge meiner Volksfreude und treiben mit besonderen Gesetzen hin zur Kunst der einfachen Darstellung. Diese Darstel lungsfreude ist auf den Dörfern allgemein sehr stark, sie ist vielleicht überhaupt ein Zeichen des unkomplizierten Men schen. Oft ist sie auch in den Kindern schon stark wach, ja vielfach sind sie infolge ihrer Unbekümmertheit bessere Dorfschauspieler als die Erwachsenen. Wie der Bauer, so gehört auch der Dichter zur Erde. Nicht alle Dichter werden den Erdsegen mit solcher Kraft in sich spüren, wie Peter Rosegger, der seinem Volke bis in die letzte Herzfalte guckte. Wie sehr Erde, Heimat, Dorf dem Dichter Probleme an die Hand geben, möge nur an zwei Namen bewiesen werden, an dem Oberlausitzer Wil helm von Polenz, vor allem mit seinem Roman „Der Büttnerbauer", und, um einmal über die Grenzen hinaus zu beweisen, an Tolstoi, und zwar in Erinnerung an seine Erzählung „Wieviel Erde der Mensch braucht". Von Rembrandt weiß man, daß er, als sein Weib ge storben war, in die Natur ging. Die weite Ebene, kleine Hütten, alte Brücken, braune Mühlen redeten ihm Trost zu. Er fand Ruhe in sich und ihm ward aus Erdruhe Schaf fenskraft. Ludwig Richter gewann seine Bedeutung nicht bei den italienischen Studien. Als er aber in die Heimat zurückkehrte und in dem unserem Wesen so benachbarten Deutschböhmen zwischen Salesel und Sebusein weilte, da rief ihn diese Erde zu seiner Bestimmung. Und, um einen Dritten zu nennen, sei an Hans Thoma gedacht. Der Schwarzwaldfrieöen träumt in seine Malerei hinein, Heimatdorf und Heimatgestalten gehen durch seine hohe Kunst. So suchen Musiker, Maler, Dichter immer wieder irgendwelche Dorfwelten und ihre beglückende Stille auf, um dort neue Schaffenskraft zu gewinnen. Die Werke sol cher Meister sind bann auch dem Dorfkulturleben nicht wesensfremd und sollten berufen sein, das zu vertreiben, was als arger Kitsch im Dorf keine Heimat finden dürfte. Das gute Bild, das gute Buch, der gute Kalender sind Forderungen, die um eines schönen und sinnvollen Dorf lebens willen immer wieder aufgestellt werden müssen. Dorfabende, die zugleich Kunstabende sind, erziehen zu solchem Geist, den Schul- und Vereinsleben fördern müssen. Es wird also nicht zuletzt darauf ankommen, aus dem Herzen der Jugend heraus den Sinn für edle Lebens freude im Dorfe zu wecken. Diese Freude ist rauschender Regen und strahlende Sonne zugleich. In beiden wirkt jene Schöpferkraft, die eine Blume zum Blühen bringt, die Dorfkultur zur Dorfkunst treibt. Aus beiden wachsen wiederum jene schönen Dorfstunden, die ihr gutes Licht in das drohende Dunkel der Landflucht werfen, in deren Be kämpfung der Deutsche Verein für ländliche Wohlfahrts und Heimatpflege ein starker und ehrlicher Mitstreiter ist. Dritter Deutscher Naturschutztag Vom 23. bis 26. Mat findet in Dresden der 3. Deutsche Naturschutztag statt, dessen Tagesordnung nunmehr fest steht. Die Tagung wird eingeleitet durch einen Begrüßungs abend am Donnerstag, den 23. Mai, abends 8 Uhr im Dresdner Künstlerhaus. Hofrat Professor Dr. Arno Nau mann-Dresden wird an diesem Abend einen Film „Früh ling in Sachsen", Bilder aus sächsischen Naturschutzgebieten, vorführen und in diesem einzigartige, seit vielen Jahren in stiller zäher Arbeit durch den Verwalter der sächsischen Naturschutzgebiete, Georg Marschner - Dresden, aufgenom mene Naturaufnahmen zeigen, die in ihrer Farbenpracht und Schönheit Natururkunden seltenster Art darstellen und Einblick geben in die Schönheit so vieler stiller Winkel unseres Heimatlandes mit ihrem seltenen, aber immer noch reichen Blumenflor. Freitag, der 24. Mai, ist Vorträgen gewidmet. Professor Dr. Heinrich Kraft-Dresden spricht über den „Wert der Natur für das menschliche Leben". „Die Erhaltung der deutschen Berge" wird in zwei Lichtbilder vorträgen von Professor Dr. Paul Wagner-Dresden und Professor Dr. Schoenichen-Berlin behandelt. Über „Reklame und Landschaft" referiert an der Hand von Lichtbildern Oberregierungsrat Kurt Hager-Dresden. Zu dem Referat „Erholungsgebiete und Verkehr", das gerade in der jetzigen Zeit besondere Bedeutung hat, ist Ministerialrat Professor Dr. med. Thiele-Dresden gebeten worden. Der zweite Ver handlungstag, der 25. Mai, ist der „Erhaltung und Nutzung der Gewässer" gewidmet mit folgenden Vorträgen: l. „Wasserbau und Naturschutz", Professor Dr. Schwenkel- Stuttgart; 2. „Technisches und Wirtschaftliches über Tal sperren", Geh. Oberbaurat Dr. Schmick-München; 3. „För derung des Naturschutzes bei Talsperren", Hofrat Professor Dr. Arno Naumann-Dresden. Über „Die Verunreinigung der Gewässer" wird Professor Kolkwitz, Leiter der Landes anstalt für Gewässerkunde, Berlin-Dahlem, sprechen und das Thema „Wasserwirtschaft und Volkswirtschaft" wird Dr. phil. Grüger, vom Statistischen Landesamt, Berlin, behandeln. An beiden Verhandlungstagen sind Ausflüge in sächsische Naturschutzgebiete vorgesehen. Sonntag, 26. Mai, findet ein Gesamtausflug nach dem dem Landesverein Sächsischer Heimatschutz gehörenden sächsischen Naturschutz gebiet Bienhof, dem größten seiner Art in Sachsen, statt. — Zum Besuche der Tagung ist jeder Naturfreund gegen Lösung einer Teilnehmerkarte zum Preise von 5 Mk. be rechtigt. Anmeldungen und Anfragen sind an den Landes verein Sächsischer Heimatschutz, Dresden-A., Schießgasse 24,1, zu richten, der die Tagung vorbereitet. Das Swrchnest in Drausendorf bei Zittau Das südlichste und am höchsten gelegene Nest Sachsens Wir stehen in einer Zeit, die den Rückgang vieler Tiere in erschreckenden Ausmaßen sieht, einen Rückgang, der zwar nicht immer direkt mit dem Menschen in Verbindung steht, aber in vielen Fällen mit ihm in Zusammenhang gebracht werden darf. Wir haben das nahezu beendete Aussterben des deutschen Uhus kennengelernt, haben in Reisebeschrei bungen gelesen, wie der amerikanische Bison vernichtet wurde, und wissen unzählige Tiernamen zu nennen, die eine überlebte Art bezeichnen. Für unsere engere Heimat steht der weiße Storch als Brutvogel fast am Ende des Aussterbens. So wies Sachsen im Frühjahr 1928 nur noch elf besetzte Storchnester auf, ein wahrhaft kläglicher Rest aus dem Bestand von 1900, als sich der Storch in unserer Heimat seiner größten Ausdehnung erfreute. Die rund hun dert ostsächsischen (östlich der Elbe gelegenen) Nester der da maligen Zeit waren mit einer Ausnahme sämtlich nördlich der großen Heerstraße Dresden — Bautzen — Breslau ge legen. Die einzige, gegen diese Regel verstoßende Ausnahme finden wir in dem einzigen Storchnest, das je in der Amtshauptmannschaft Zittau bestanden hat. Es wird heute selbst manchem Zittauer nicht mehr be kannt sein, daß nur eine Stunde Wegs von seiner Stadt entfernt lange Jahre hindurch Freund Adebar, der Storch, brütete. Dieser, im Amtskreis Zittau liegende Brutplatz