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Entwickelung der Fernwege Vom Verbaubswegmeister Kurt Kittel-Zittau Die ersten Wegemarkierungen dürften der älteren Generation noch gut in Erinnerung sein. Ihr Bedürfnis war mit der Rückkehr zur Natur und dem Anwachsen der Wanderbewcgung gegeben. Wege, die der Ortsunkunöige nicht ohne weiteres finden konnte, wurden ganz einfach mit einem gewöhnlich weißen Rechteck gemarkt. Die Be zeichnung selbst wurde zum Teile von den Besitzern der Wälder, denen das Umherirren in denselben nicht genehm war, durchgeführt, zum Teile von Freunden der Natur und schließlich von den sich allmählich entwickelnden Verschönc- rungs- und Gebirgsvereinen. Die Entwickelung, welche das Wandern nahm, brachte es mit sich, daß immer mehr und mehr Wege so bezeichnet wurden, bis schließlich Kreu zungen vorkamen, die mit Wegweisern versehen werden mußten, um Irrtümer zu verhindern. Aber bei einbrechen der Dunkelheit waren diese nicht mehr zu erkennen, die Beschriftung versagte, zumal die Taschenlampe noch nicht zum allgemeinen Ausrüstungsgegeustand des Wandernden gehörte und die Beleuchtung durch ein Streichholz, wenn sie überhaupt durch verhältnismäßige Windstille gegeben war, doch nicht ausreichte, da eben dieser Wegweiser aus begreiflichen Gründen recht hoch angebracht werden mußte. Man kam auf den Ausweg, auf den weißen nun einmal vorhandenen Untergrund Ziffern oder Buchstaben aufzu malen oder einen Farbenstrtch anzubringen. Es gibt Wandergebiete, wo diese Bezeichnungen in dieser Reihen folge einander ablösten, aber auch solche, in denen gleich zeitig alle drei Arten gebräuchlich waren. Solange es nur örtliche Vereine gab, herrschte also eine ziemliche Viel fältigkeit, die das Wandern durchaus nicht erleichterte, weil die Zeichen einander allzuhäufig ablösten. Der Zusammen schluß zu Zentralvereinen oder Verbänden führte bereits zu wesentliche» Verbesserungen. Die Nachbarvereine ver ständigten sich und die gleichen Zeichen wurden zu immer längeren Wanderstrecken benutzt. Die Zentralvereinsmar kierung oder Verbandsvereinsmarkierung löste die Orts markierung ab, aber es waren gewissermaßen nur größere Zellen entstanden, denen untereinander die Bindung fehlte. Führende Männer erkannten bald, daß auch die nun größer gewordenen Arbeitsgebiete enger verbunden werden muß ten, sollte das Wegenetz einheitlicher werden. Die Zahlen und Buchstaben waren bereits bis auf geringe Reste als Markierungszeichen verschwunden, sie waren im allgemei nen durch den farbigen Strich auf weißem Grunde abgelöst worden. Leider haben wir auch bei uns in der Südlausitz noch einige solcher mit Buchstaben markierter Wege, in den benachbarten großen Vereinsgebieten dagegen keine mehr. Im Jahre 1902 faßte der Gedanke nach einer ganz ein heitlichen Wegemarkierung endlich festen Fuß. Der Ge- birgsvereiu für das Jeschken- und Jsergebirge, der Verein Globus vorerst als einziger daran interessierter Verbands verein der Lusatia, der Gebirgsverein für das nördlichste Böhmen und der Gebirgsverein für die böhmische Schweiz sanden sich zu gemeinsamen Besprechungen, und der erste größere Fernweg, der Kammweg vom Jeschken bis zum Rosenberge, wurde in seinen Grundzügen festgelegt, um im folgenden Jahre restlos durchmarkiert zu werden. Das be reits recht bunte Bild der Wegemarkierungen gestattete es nicht, einen beliebigen farbigen Strich auf weißem Grunde als Zeichen für diesen Weg zu wählen, auch wollte man der neuen einheitlichen Schöpfung ein neues hervor tretendes Zeichen geben. Es entstand so das Kammweg zeichen mit den bekannten vier Zinnen, deren Anzahl durchaus nicht willkürlich gewählt worden war, sondern die Vierzahl der genannten Vereine versinnbildlichen sollte. Mit der Schaffung des Kammmcges begann eine neue Zeit in der Entwickelung -er Wegmarkterungen. Die grö ßeren Nachbarvereine entschlossen sich, dem Beispiele zu folgen und nahmen das Kammwegzeichen zur Wetterfüh rung auf. Zunächst erfolgte die Weiterführung durch die beiden Riesengebirgsvereine bis zur Schneekoppe. Der nordwestböhmische Gebirgsvereinsverband, welcher die böhmische Seite des Erzgebirges erfaßte, suchte im Jahre 1906 Fühlungnahme mit dem sächsischen Erzgebirgsverein zwecks gemeinsamer Vereinheitlichung der gesamten Wege bezeichnung und Weiterführung des Kammweges. Leider kam eine Einigung nicht zustande, der Erzgebirgsverein krankte daran, daß er die Lokalmarkterungen nicht auf gelassen hatte und dem bereits recht farbenfrohem Bilde immer neue Wege einfügte, die notgedrungen nun auch bereits die Einfarbigkeit verlassen mußten und an Bunt- scheckigkeit nichts zu wünschen übrig ließen. Jeder Ort hielt seine Markierung für die maßgebende, man wurde unter einander nicht einig und so kam es, daß die Böhmen den Kammweg in den Jahren 1906-07 allein über den Hohen Schneeberg bis zum Kranichsee weiterführten, weswegen derselbe die sächsische Seite des Erzgebirges nur ganz sel ten berührt. Es erfolgte dann später die Weiterführung bis zum Hohenstein bei Asch und darüber hinaus nach Westen. Auch der Osten war nicht untätig und das Hohe Gesenke mit dem Altvater wurde mit einbezogen. Die einmal gewonnene Fühlungnahme der vier ersterwähnten Vereine blieb bestehen und gelangte zur Vereinigung Nordböhmischer und- süölausttzer Naturvereine, die sich in der Nachkriegszeit zur Arbeitsgemeinschaft Nordböhmischer und sächsischer Gebirgsvereine weiterentwickelte, der heute vom Jsergebirge bis zum Vogtlande einschließlich, alle Ge birgsvereine diesseits und jenseits der Grenze angehören. Der Kammweg hat sich inzwischen zum Rückgrat der ge samten Wegebezeichnung herausgewachsen, durch die gegen seitigen Fühlungnahmen und gemeinsame Tagungen ließen sich allmählich immer mehr und mehr kleinere Markie rungen zu einheitlichen Fernwegen zusammenlegen. Der einfache Balken als Markierungszeichen langte nicht mehr zu und man griff zu anderen Zeichen, insbesondere als der Gebirgsverein für das nördlichste Böhmen eine voll ständige Um- und Neumarkierung in seinem Gebiete vor nahm. Leider konnte man seinerzeit kaum voraussehen, daß die Entwickelung der Fernwege derartig zunehmen würde, daß wir heute sozusagen auf dem Toten Punkte angelangt sind. Es ist einfach nicht mehr möglich irgendeinen farbig markierten Weg wesentlich weiter zu verlängern ohne auf das gleiche Zeichen in derselben Farbe zu stoßen. Im Inter esse des weiteren Ausbaues muß nun nach einem Auswege gesucht werden, der der fernsten Zukunft selbst gerecht wird. Es wäre sehr verlockend, ganz einfach zu sagen: wir müssen alles nach einem einheitlichen Grundsätze ummarkieren und zwar: der einfache farbige Strich auf weißem Grunde bleibt bestehen für alle West-Ost-Wege. Alle Nord-Süd- Wege werden mit dem Rautenzeichen versehen, der Ring wird den Ringwegen vorbehalten, der Punkt kurzen loka len Strecken, das Dreieck der Nordwest-Südostrichtung und der senkrechte einfache Strich der Nordost-Sttdwest-Rich- tung, oder statt diesem das Andreaskreuz. Bei einer der artigen Ummarkierung wäre es ausgeschlossen, Saß jemals gleiche Farbe und gleiches Zeichen sich kreuzen könnten. Es gäbe aber auch eine andere Lösung in Anlehnung an das jetzt bestehende System der Markierung im Erzgebirge: die West-Ost-Wege allein bleiben farbig markiert, alle anderen Wege werben nur mit einfachen weißen Zeichen versehen: Dreiecke, Ringe, Quadrate usw. Es ist aber nicht einzu sehen, daß alle anderen Vereine, die heute einheitlich mit einfachem einfarbigem Zeichen auf weißem Grunde mar kieren smit Ausnahme einiger einzelnen Wege, die mit gelben Grund versehen sind) sich nach dem Erzgebirgs vereine richten sollten, abgesehen davon, daß nach der Mei nung Schreiber dieses dieses System in der Lausitz zufolge