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130 Gberlausitzsr Heimatzeitung Nr S weiteren Umgebung öes Städtchens, darunter sind fünf aus Spremberg. Inzwischen war mit dem Kirchenbau begonnen wor den. Am 12. Juli 1675 wurde der Grundstein gelegt, nach dem Kirchenkollekten in Sachsen und Sammlungen im übrigen Deutschland, besonders in den Hansastädten, die Baukasse etwas gestärkt hatten. Den Bau führte Maurer meister Hans Sarn aus Bautzen mit seinen Gehilfen aus. Die Vollendung verzögerte sich, so daß erst am 4. Februar 1679 die Weihe erfolgen konnte. Am 4. Februar dieses Jah res konnte demnach das 250 jährige Bestehen des Gottes hauses begangen werden. Von einer besonderen Feier hat man aber abgesehen. Aus dem Kirchenrezeß seien noch die Bestimrnungen aufgeführt, die die Besoldung des Pfarrers regelten. Außer freier Wohnung und Gartenbenutzung sollte der jeweilige Geistliche von Neusalza erhalten: 5 alte Schock Biersteuer, die in der Kirchenordnung festgesetzten Huf- und Häusel- groschen, den Ertrag von acht Scheffel Acker, den die Herr schaft übereignen wird, ein Fuder Heu von der Herrschaft und eins von der Gemeinde, acht Groschen von jedem Wirt iHausbesitzer) und vier von den Hausleuten Mietern), ein freiwilliges Opfer an den drei Festtagen Weihnachten, Ostern und Pfingsten salso eine Kollekte zu Gunsten öes Pfarrers), das Recht der freien Hütung, vier Klafter Brennholz jährlich von der Herrschaft, jedoch, „daß Ers machen lasse",' an Gebühren für kirchliche Handlungen fol gende: einen Taler für eine Leichenpredigt, 12 Groschen s- 1- Taler) für eine Abdankung auf dem Kirchhofe, 4 Gro schen für ein Begräbnis ohne Predigt, 6 Pfennige s- Groschen) für eine Fürbitte sbei Geburten), 1 Groschen für eine Danksagung, 8 Groschen für ein Aufgebot und eine Trauung, einen Taler für den Abzug einer Braut aus dem Kirchspiele swenn sich die Braut nach auswärts verheiratete), das Opfer auf den Hochzeiten von dem Bräutigam und den Gästen, 12 Groschen für eine Braut predigt, wenn sie begehrt wird, 2 Groschen für eine Taufe, ohne die Fürbitten und Danksagung, das Opfer einer Sechswöchnerin und schließlich 4 Groschen für eine Privat kommunion. Das war ein sehr bescheidenes Einkommen, das dem Stelleninhaber nur das Notdürftigste gemährte. 1700 wird in einer Eingabe des damaligen Rittergutsherrn Ludwig von Hvym, die die Vereinigung der beiden Kirch gemeinden Neusalza und Spremberg bezweckte, ausgeführt, daß „auf der ohnehin geringen Pfarre zu Neusalz die ersten Pfarrer geweinet und geklagt, daß sie das liebe Brot dar auf nicht satt genug haben könnten — usw." Innerhalb dieser 250 Jahre amtierten im Ganzen 15 Geistliche in der hiesigen Gemeinde. Predigten in böhmischer Sprache wurden bis 1801 gehalten. So hat denn dieses kleine, aber schmucke Kirchlein 250 Jahre vorüberziehen sehen, Jahre des Friedens und Jahre des Zwistes, Jahre des Segens und Jahre des Unheils. Mit großer Ehrfurcht gedenken wir im Jubiläumsjahr jener Vorfahren, die um ihres Glaubens willen Hof und Heimat verließen, in eine ungewisse Ferne zogen und hier eine zweite Heimat fan den. Die Welt ist inzwischen nüchterner und realistischer ge worden. Die Gegenwart dürfte kaum diese strenge Konse quenz einer weltanschaulichen Idee fordern, aber wohl auch schwerlich jemand mit solch opferbereiter Vekenntnistreue finden. Zum Schlüsse seien noch einige Angaben aus der Ge schichte Sprcmbergs angefügt. Die Gemeinde Spremberg, die ältere Schwester Neusalzas, dürfte wie die benachbarten Orte in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts durch deutsche Kolonisten gegründet worden sein. Urkundlich er wähnt ist der Ort erstmalig 1272 in einer Auseinander setzung zwischen dem damaligen Landesherrn, dem Mark grafen von Brandenburg, und dem Bischof von Meißen. Gehörte Spremberg zuerst mit zur Oberlausitz, so ist in diesem Verhältnis kurz vor 1500 ein Wechsel eingetreten. In jener Zeit ist es dem Bistum Meißen zugewiesen wor den und wurde mit Beiersdorf und Friedersdorf dem Amt Stolpen unterstellt, bildete also ein Stück Ausland in der Oberlausitz. Nach der Carlowitzer Fehde (1555—1558) fiel dieses bischöfliche Amt Stolpen an den sächsischen Kurfür sten. Während die Oberlausitz böhmisch blieb, war Sprem berg seit 1558 kursächsisches Gebiet. Auch nach 1635 wurde es nicht etwa wieder der Oberlausitz einverleibt, sondern blieb „erbländisch" bis 1855. In diesem Jahre wurde in einer Neueinteilung Sachsens Neusalza und Spremberg mit dem neu gegründeten Amtsgerichtsbezirk Neusalza der Kreisdirektion Bautzen unterstellt. Die erbländische Exklave wurde nunmehr endlich in die Oberlausitz ausgenommen. Aber nur politisch, kirchlich blieben die alten Bindungen bestehen. Neusalza und Spremberg gehörten auch weiter zum Bezirk der Ephorie Bischofswerda und nach 1878 zur Ephorie Radeberg. Erst in der jüngsten Vergangenheit wurde auch dies beseitigt. Am 1. Oktober 1926 führte man die neue kirchliche Einteilung der Oberlausitz durch. Neu- salza-Spremberg gehört nun zur Ephorie Löbau. Man sieht daraus, wie schwer es ist, einmal gewachsene Zöpfe wieder abzuschneiden. Vor 1500 wurde Spremberg bischöf lich und erst 1926, also rund 450 Jahre später, sind wir Neusalza-Spremberger wieder richtige Lausitzer geworden. Es würde zu weit gehen, die Entwicklung Sprcmbergs ausführlich zu schildern. Erwähnt sei nur, daß die Grün dung Neusalzas 1670 auf Spremberger Rittergutsbesitz die Spremberger nicht gerade erfreut haben mag. Es dürfte von Anfang an ein gewisser Gegensatz bestanden haben, der nicht zuletzt dadurch verschärft worden ist, daß städtische Rechte und dörfliche Abhängigkeit Gegensätze schaffen muß ten. Der allgemeine Aufschwung nach 1870 ließ auch Sprem berg aufblühen, während sich Neusalza innerhalb der letz ten hundert Jahre wenig verändert hat. Die Vereinigung mußte naturnotwendig kommen. Doch hat sie außerordent liche Schwierigkeiten verursacht. Wäre nicht 1918 der Um sturz geschehen, dann dürfte wohl heute noch nicht die Ver einigung vollzogen sein. Sie wurde am 15. Februar 1920 politisch, Ostern 1920 schulisch durchgeführt und wird wahr scheinlich innerhalb des nächsten Dezenniums auch kirchlich uachgeholt werden. Trotz alledem fühlen sich manche ältere Einwohner sowohl von Neusalza als auch von Spremberg nur als „Muß-Vereinigte", ähnlich den „Mußpreußen" in der an Preußen abgetrennten Oberlausitz nach 1815. Erst die neue Generation, die gemeinsam die gleiche Schule be sucht, wird den Gegensatz zwischen der „Stadt" und dem „Dorfe" nicht mehr kennen. Eine spätere geschichtliche Fest legung der Vereinigungszeit wird viel Menschliches-Allzu- menschliches feststellen können, das der später Zugezogene vielleicht gefühlsmäßig nachempfinden, aber verstandes mäßig nicht begreifen kann. Die Entwicklung der vereinigten Stadtgemeinde aber hat den Vorwärts-Drängenden Recht gegeben. So wäre wohl, um nur ein Beispiel anzuführen, niemals eine solche moderne Schule erbaut worden wie die „Pestalozzischule", wenn die Vereinigung nicht geschehen wäre. Wir wünschen der Stabtgemeinde Neusalza-Spremberg weitere frische Zukunftseutfaltung. A. F„ N.-S. Benutzt wurden: Geschichtliche Nachrichten über die Stadt Neu-Salza. 1870. W. Heinich, Chronik von Sprem berg. 1918. Druckfehler - Berichtigung. In der Abhandlung: „Eine Dornröochengegend in unserer Heimat" in voriger Nr. der „O.H.3." schlichen sich einige Druckfehler ein, die wie folgt berichtigt werden: S. 125, r. Spalte, Zeile 19 von unten: Besitzer. S. 125, r. Spalte, Zeile 16 von unten: 1887 bis 88. S. 125, r. Sp., Zeile 7 von unten: Gesangvereinen. S. 126, l. Sp., Zeile 6 von oben verlandete Teich. S. 126, linke Sp., Zeile 22 von oben: Neufriedersdorf. A. F.