Volltext Seite (XML)
19 er. In den linken Außenweg, an dessen Fuß die Geleise des Laubaner Bahnhofes liegen, bogen wir ein. Starr und grau starrt rechts vom Pfade ein Basaltgang aus der Berg mitte zur Höhe. Hier liegt im Gebüsch vergraben ein Mag netstein, dessen Block die Magnetnadel empfindlich von ihrer Nvrb-Südrichtung ablenkt. Schräg vor ihm hebt ein Kornelkirschbaum seine gelbblühenden Blütentrauben im Frühling zur Sonne empor. Im Herbste trägt er blutrote Beeren. Nicht allzuweit hinter ihm, ebenfalls rechts vom Wanderpfade, steht der einzige Tnlpenbaum des Stein berges, der sich anfangs Juli mit einer Fülle gelbgrüner Blüten schmückt. Was wir sonst als Tulpenbaum anspre chen, ist die Magnolie, ein später Frühlingsblüher. Dicht hinter dem Tnlpenbaum stehen geschwisterlich nebenein ander eine Trauerrüster und ein gestreifter Ahorn mit weißgeränderten Blättern. Der rote Haselnußstrauch, eben falls rechts vom Wege stehend, fällt uns ohne weiteres durch die braunrote Farbe seiner dichten Blätter in die Augen. Seine Wurzelschößlinge sind grünblätterig. Die Berede- lungsstelle liegt oberhalb ihres Ausgangspunktes. Deshalb ihre Rückwandelung. Weniger auffallend sticht die Lyra eiche mit ihren zerschlitzten Blättern aus der Fülle der Ziersträucher und Aierbäume der Steinberganlagen hervor. Sie ist ein Fremdling. Ebenso die kanarische Tanne, deren Zweige und Rinde den besten Gerbstoff der Welt liefert. Ihr Nachbar, die schlanke Nordmannstanne, zeigt durch ihre eigenartige Benadelung, daß sie auch ein Fremdling unter den deutschen Bäumen ist. Ihre Heimat ist der Nor den Europas. Links vom Wege streckt ein walnußähnlicher Baum seine breiten lederartigen Blätter und seine Äste ins Blätter- und Astgewirr der Anlagen hinein. Es ist ein Hickorybaum, dessen Samenkörner einst der Bruder des Oberförsters Brodt aus Amerika mit heimbrachte. Sorg same Gärtnerhand hat sie zum Keimen, Wachsen und Ge deihen gebracht. Wenige Schritte weiter rechts entdeckt der Botaniker eine Seltenheit: die kastanienähnliche Eiche. Der Nichtbotaniker wird sie für eine Kastanie ansprechen. Ihre Blätter ähneln ihr nur allzusehr. Dort, wo der Weg auf die Hohwaldseite des Steinberges umbiegt, stehen eine Reihe Schwarzkiefern, die sich durch den rutzähnlichen An hauch ihrer Nadeln von der gewöhnlichen Waldkiefer unse rer Waldungen merklich unterscheiden. An ihrem Fuße wuchert Knieholz, der verkrüppelte Bergbruöer der Kiefer. Wir Schlesier kennen das niedrige Nadelholz als buschigen Bestand des Koppenplanes und des gesamten Riesen gebirgskammes. Links neben dem Knieholz ragt eine Sitka- fichte schlank und rank in die Höhe. Zwischen ihr und dem Kriegerdenkmal bewundern wir die schlanken Säulen zweier Pyramidenwacholder. An der Felöseite der Krieger- öenkmalsanlagen steht ein Erbsenbaum. An seinen schlanken Zweigen trägt er in seinen Fruchtständen erbsenähnliche Früchte. Schade, daß unsere Felderbsen nicht auch ans Bäumen wachsen. Wir wandern auf dem Außenwege, der zur Hohwald- straße führt, weiter. Rechts von ihm steht eine Eibe. Dicht hinter ihr eine zweite. Ihrem Wachstum merkt man es an, daß ihr der rechte Untergrund, fetter Moorboden, fehlt. Ihr gegenüber winken die rosazarten Blütenbüsche einer Weigelie aus dem Blättergrün ihrer Zweige. Es gibt wohl kaum einen zweiten Anlagenstrauch, der so blütenreich die geringe Pflege lohnt, die der Gärtner ihm angedethen läßt. Die Weigelie stellt wenig Anforderungen an ihren Unter grund. Tief senkt sie ihre Wurzelfasern in die Erde, saugt ihre Nährstoffe und wandelt sie in märchenhaft schöne Blütenbüsche. Weniger durch ihre Blüten als durch ihre seinzackigen großlappigen Blätter fällt eine amerikanische Eiche, die rechts vom Wege steht, auf. Ihr sieht man auf große Ent fernung den heimatfremdeu Waldbaum eines anderen Erd teiles an. Fast gegenüber von den gelbblühenden Ginster büschen, die hinter ihr stehen, blüht links vom Wege eine eßbare Eberesche. Ihre Früchte sollen angenehm süß und nicht gallebitter wie die Früchte ihrer heimischen Schwester an den Wegrändern schmecken. Unter den Sträuchern rechts und links vom Wege entdeckt der Pflanzenkenner noch manche heimische Seltenheit: die weißtraubige Deutzie, die Alpen- und die rotblühende Johannisbeere. Ihre Früchte sind unscheinbar und klein. Ebenso die der Weichselkirsche, an deren Stamm kein Veredelungsmesser wirksam gewesen ist. Dicht hinter dem letztgenannten Baum fallen uns eine Anzahl glänzendblätteriger Linden auf. Es sind Krimlin den, deren Blätter ein eigenartiges Pflanzenöl enthalten, das allen tierischen Schädlingen zuwider ist. Deshalb auch das unberührte, glänzend saubere Aussehen der kugeligen Baumkronen. Angenehm berührt das Auge ein das Laubholz unter brechender Nadelholzbestand. Zirbelkiefern sind es. Bewoh ner der bayrischen Alpen. Ihre Früchte sind nicht Zapfen, sondern Nüsse. Aus ihrem harten Holz schnitzen die bay rischen Holzschnitzer allerhand Gebirgsandenken, ebenso wie die des Riesengebirges aus dem des Knieholzes, dessen dich ter Bestand dicht hinter den Zirbelkiefern infolge des guten Bodens entartet und üppig in die Höhe geschossen ist. Im Menschenleben gehts ähnlich. Mancher, dessen Geburtshaus tief unten stand, wird üppig, wenn ihn das Geschick in glän zende Untergrundverhältnisse stellt. Wir biegen nun wieder, fast parallel zur Hohwaldstraße in die Anlagen des Steinberges. Hier grüßen uns mehrere flammende Blutbuchen, einzelne weißgrüne Silberfichten und eine schlanke Pyramidensilberpappel. Hier wollen wir etwas rasten. Bietet uns doch gerade dieser Platz einige hochinteressante botanische Seltenheiten: die großblütige Eberesche, die rotblütige Pflaume und eine blatt- und ast reiche Pyramidenrüster, eine Seltenheit in unserer Gegend. Dicht hinter ihr überqueren wir die Fahrstraße, die sich von der Hohwaldstraße abzweigt und über den Steinberg führt, um von links in die abführende Steinberglindenallee zu münden. Inmitten eines dichten Gesträuches weist mir mein beredter Führer einen mit einem -s- bezeichneten Stein. Ein trigonometrischer Punkt ist es, den früher eine Holzpyra mide kenntlich machte. In seiner Nähe blüht der Hahnen- sporn, ein großblütiger Weißdorn mit weißen Blüten, die sich im Herbst in rote Beeren umwandeln. Plötzlich stehen wir vor dem Schießstand der Weber schützen. Links vom Wege ragen wiederum Basaltsteine ins Anlagengrün. Nachdem wir den baumartigen Buchsbaum und den Glücksnußbaum bewundert haben, nehmen wir auf den grüngestrichenen Ruhebänken im kühlen Baumschatten Platz. Rechts rauschen dichtlaubige Weißbuchen im lauen Sommerwinde. Vor uns schwanken auf schlanken Stämm chen "ohlgepflegte Fuchsienblüten hin und her. Hinter den sie umrahmenden Teppichbeeten steht ein niedriger Strauch. Es ist eine baumartige Pfingstrose, deren Namensschwester, die blutrotblühende Pumpelrose, in unseren Gärten hei misch ist. Nach kurzer Rast biegen wir auf den Kessel des Stein berges, auf dessen Rasenplatz die Weberschützen alljährlich ihren Tanz abhalten, zu. Alpenrosen in ihrer lilaen Blü tenpracht, die letzten Magnolien und von drüben duftende Jelänger-Jelieberblnten winken uns mit ihren Blüten ständen einen fröhlichen Sommer-Willkommensgruß. Hart an der Aufstiegsecke zum Steinbergrestaurant rankt an einer Ulme dickstämmiger Epheu stockwerkhoch. Ein Schma rotzer ists, der seine Lebenskraft nicht aus dem Erdboden, sondern aus dem Stamm der Ulme saugt. Wir wandern rechts abwärts. Vor dem gelbgrünblü henden Tulpenbaum, den wir am Anfänge unserer Wande rung schon kennen lernten, steht dichtwuchernü der Sade- strauch, eine Wacholöerart, neben ihr eine rotblühende Zy presse und ihr gegenüber eine duftende Ptelea, die infolge