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Organisten Gotthelf Sigismund Heine aus Sebnitz, 4. von dein Kantor Karl Erdmann Zier aus Kamenz, 6. von dem Cand. theol. Benjamin Gottlieb Rösler aus Leipzig, der aus Reichenau stammte und ein Zeugnis seines Lands mannes Johann Gottfried Schicht einsandte (vergl. OHZ. VIII, 2), 6. von Johann Christian Bertram Koschel aus Längefeld in Thüringen, 7. von dem Kantor Johann Fried rich Samuel Döring aus Buckau, 8. von dem Cand. jur. Emmanuel Wilhelm Mehrfurth aus Görlitz. — Ehe die zur Probe eingeladenen Bewerber sämtlich erschienen waren, kam ungeladen M. Gärtner (Nr. 2) nach Görlitz und brachte ein Schreiben des nunmehrigen Leipziger Thomas- kantors Joh. Ad. Hiller mit. Der Auszug aus diesem Briefe, datiert Leipzig, den 18. Oktober 1795, der sich wie alles hier benutzte Quellenmaterial in den reponierten Magistratsakten befindet, lautet: „pp. Von dem Über bringer dieses Briefes muß ich Ihnen das nöthige sagen. Es ist der bisherige Cantor in Bitterfeld bey Wittenberg, M. Gärtner, den ich von seinen Studentenjahren her als einen braven Baß-Sänger kenne, wie ihn die Peterskirche in Görlitz bedarf. Seine übrigen Geschicklichkeiten wurden mir in einem Briefe vom Herrn Diac. Schultz in Bitter feld sehr gerühmt: ich kann aber nichts darzusagen, weil ich nicht Zeit und Gelegenheit gehabt, sie zu prüfen. Bey der Unterhaltung mit ihm habe ich ihn als einen Mann von Kenntnissen, offen an Kopffe und Gegenwart des Geistes gefunden, auch ist sein Äußerliches Empfehlen ge- nung. Aber, wozu kann das alles helfen, wenn man es in Görlitz nicht so finden sollte? Um es aber so zu finden, müßte man doch wohl eine Untersuchung darüber anstellen,- wie und ob das geschehen könnte, (überlasse ich) ihrem Er messen, ihrer Veranstaltung ganz alleine. Ich gönne und wünsche meinem Görlitz immer Gutes. Freude würde es mir sein, wenn man in diesem Manne dieses Gute fäude Hiller." — Gewählt wurde dann als Kantor I. Fr. Sam. Döring (Nr. 7). Reichlich dreißig Jahre liegen zwischen diesen beiden Briefen, aber die Gesinnungen des Schreibers sind die selben geblieben. Zwei berühmte Neukircher Neukirch, der liebliche Ort am Valtenberg, hat zu An fang des vorigen Jahrhunderts zwei Männer hervor gebracht, die, obwohl sie aus kleinen Verhältnissen stamm ten, doch weit über diese Verhältnisse hinauswachsen und durch ihre charaktervolle Persönlichkeit und wissenschaftliche Begabung zu Ehre uud Ansehen gelangen sollten. Es waren dies die Gebrüder Dreßler. Der eine wurde Direk tor des Landständischen Seminars zu Bautzen, der andere Gymnasiallehrer in Bautzen. Heute soll hauptsächlich von letzterem die Rede sein, von Christian Ehregott Dreßler, der durch eine vielseitige wissenschaftliche Begabung weit über die Grenzen seines Heimatgaues hinaus bekannt wurde und der sich auch durch verschiedene literarische Ver öffentlichungen einen Namen sicherte. Christian Ehregott Dreßler wurde am 25. Oktober 18llll in Neukirch geboren. Seine damals in beschränkten Vermögensverhältnissen lebenden Eltern hatten insgesamt 4 Sühne zu ernähren, denen sie alle eine straffe zielbewußte häusliche Erziehung und sehr bald auch eine gute Schul bildung zuteil werden ließen. Der kleine Christian Ehre gott war von Anbeginn von einem besonderen Ehrgeiz und Lerneifer erfüllt. Weil sein Bruder, der nachmalige Semi nardirektor Dreßler, bereits zur Schule ging, wollte er diesem um nichts nachstehen. So trat er, kaum daß er das fünfte Lebensjahr vollendet, ebenfalls in die Schule ein und machte hier rasch sehr gute Fortschritte. Mit den erforder lichen Elementarkenntnissen wurde er sehr bald fertig. Nach seiner Konfirmation legte er sich noch auf die Musik, die ihm viel Freude machte und in der er es ebenfalls sehr bald zu beachtlichen Leistungen brachte. In seinem 17. Lebensjahre wurde er Schulgehilfe bei dem Schulmeister Pelz in Putzkau. Dort war schon vorher sein Bruder ge wesen, der Michaelis 1817 den Entschluß faßte, zu studie ren und deshalb das Gymnasium zu Bautzen bezog. Nach anderthalb Jahren ergriff auch unseren Christian Ehregott dieselbe Neigung. Er ging aber nach Kamenz und besuchte hier das eben neu organisierte Lyceum, wo er unter vielfacher Förderung von wohlwollender Seite so rasche Fortschritte machte, daß er schon zu Ostern 1822 die Universität Leipzig beziehen konnte. Besondere Förderung hatte der damals neuangestellte Konrektor Natusch vom Kamenzer Lyceum dem vielversprechenden Jüngling zuteil werden lassen. Mit dem gleichen Eifer gab er sich in Leipzig dem Universttätsstudium hin, nebenher sich seinen Unter halt durch Privatunterricht erwerbend, was später auch sein Bruder tun mußte, der 1823 die Universität bezog. 1825 wurde Christian Ehregott Hauslehrer beim Gra fen Wallwitz in Dresden und später bei dem Grafen zur Lippe in Baruth. Hier mußte er sich besonders des gräf lichen Sohnes annehmen, der bereits das Bautzener Gym nasium besuchte, und so erhielt er sehr bald mit der Schule selbst Fühlung. 1828 wurde er hier zum Substituten bestellt und 1833 als sechster Lehrer fest angestellt. Seine Fächer waren deutsche Sprache und Literatur, Geschichte und daun vor allem Französisch. Sehr bald trat er mit philosophischen und theologischen Schriften hervor — er hatte sich in seinen jungen Jahren auch eifrig mit Theologie beschäftigt —. 1830 erschien aus seiner Feder „Die Lehre von der hl. Taufe als der Weihe zum christlichen Leben nach dem Grundtexte des neuen Testaments". Nicht weniger als dreimal wurde seine Aus gabe und Bearbeitung des „Phäörus" aufgelegt, desgl. gab er Lehrfächer für die französische Sprache heraus, die als eine wesentliche Verbesserung der bis dahin üblichen Lehr methode gewürdigt wurden. Später legte er sich auch auf die wendische Sprache, die er in kurzer Zeit sprechen und schreiben lernte. Sein letztes Werk war in lateinischer Sprache gehalten und setzte sich in polemischer Weise mit dem Wörterbuch der französischen Akademie auseinander, dessen Autorität er sehr erschütterte. Auch seine rein menschlichen Eigenschaften erwarben ihm allgemeine Achtung und Verehrung. Gerühmt wird seine Biederkeit, Bescheidenheit, Dienstbeflissenheit und Milde. Seine Lebensgefährtin wurde eine Tochter des da maligen Pastor Primarius Schulze in Bautzen, die ihm 5 Kinder schenkte. Leider sollte dem tüchtigen Manne ein tragischer Lebensabschluß beschieden sein. Während im großen deutschen Vaterlande die Cholera umging, wurde Bautzen von einer verheerenden Typhusepidemie heim gesucht, der viele wackere Bürger erlagen. Auch die Fami lie Christian Ehregott Dreßlers blieb nicht verschont. Zwei Kinder, darunter ein treffliches Mädchen von 12^ Jahren, wurden ihm entrissen. Er selbst wurde nach einem Kranken lager von 3 Wochen ebenfalls ein Opfer der Seuche. Sein Zustand war derart gewesen, daß man ihm hatte den Tod seiner über alles geliebten Tochter verschweigen müssen, die ihm 8 Tage im Tode voranging. So wurde das Leben eines Mannes ausgelöscht, der noch zu mancher schönen Tat be rufen gewesen wäre. Die Gemeinde Neukirch darf ihtt mit Stolz zu den Ihren zählen. * Nicht minder großen Ansehens erfreute sich sein Bru der, der Seminardirektor Dr. Dreßler, dessen wissenschaft liche Betätigung besonders auf dem Gebiete der Pädagogik und Psychologie auch seinen Namen weit über die Grenzen unseres engeren Vaterlandes hinausgetragen hatte. Eine schwierige Stellung hatte er in den Jahren 1848 bis 1850 inne, als die revolutionären Bestrebungen der damaligen Zeit sich auch gegen die Seminarien wendeten und eine Neugestaltung der Lehrerbildung verfolgten. G. v. d. R.