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im gesamten deutschen Knltnrgebiet haben, unterstützt durch die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft, gefördert von den Regierungen der Länder und vielen Behörden, in Berlin die Zentrale für den deutschen Vvlkskundeatlas und in den Ländern und Provinzen Landesstellen dafür eingerichtet. Die Ziele dieses im wahrsten Sinne dem deutschen Volke gewidmeten Unternehmens sind nur zu erreichen, wenn weiteste Kreise und besonders alle Persönlichkeiten, die im engeren Bezirk der Gemeinde oder wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verbünde eine führende Nolle inne haben, sich zur Mitarbeit bereit erklären. Diese Mitarbeit besteht hauptsächlich in der sorgfältigen Ausfüllung von Fragebogen, die den „Gewährsleuten" von der jeweiligen Landesstelle des Gesamtunternehmens aus zugehen. Un kosten entstehen in keiner Weise. Jeder regelmäßige Mit arbeiter erhält in Mitteilungen und Sonderdrucken Nach richt vom Stande und den Ereignissen der volkskundlichen Arbeit in Landesstelle und Zentrale. Alle zum Mittun Entschlossenen bitten wir, den Wunsch um Zusendung der volkskundlichen Fragebogen sobald als möglich auf einer Postkarte der Landesstelle für Sachsen: Leipzig, Germani stisches Institut der Universität, Universitütsstraße 7—S, bekanntzugeben. Das Buch der Stadt Kamenz (Herausgegeben vom Rate der Stadt Kamenz anläßlich des 200. Geburtstages Gotthold Ephraim Les sings. Druck u. Verlag von C. S. Krausche, Kamenz, Sa.) Um ihren großen Sohn Gotthold Ephraim Lessing zu ehren, hat der Rat der Stadt Kamenz zum 200. Geburts tage des Dichters zum ersten Male ein „Buch der Stadt Kamenz" unter der verantwortlichen Schriftleitung des Stadtarchivars Dr. Gerhard Stephan herausgegeben, dem ein Stab tüchtiger Mitarbeiter zur Seite stand. Das Buch zerfällt in zwei Teile. Der erste ist dem Ge burtstagskinde und seiner Familie, der zweite der Schilde rung vom Leben und Treiben in Kamenz und seiner ge schichtlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und städtebaulichen Entwicklung gewidmet. Nach einer Würdigung des Dichters aus der Feder des Leipziger Universitätsprofessors Dr. Georg Witkowski, der ihn als „den besten Vertreter der deutschen Aufklärung, voll bescheidenen Selbstbewußtseins und warmen Gefühls" charakterisiert und auf die große, bleibende Bedeutung des „Laokoon" und der „Hamburgischen Dramaturgie" hinweist, entwirft Dr. Stephan ein Lebensbild des Dichters als des großen Menschen, scharfsinnigen Kritikers und machtvollen Dichters und Geisteshelden. Am Schlüsse seiner gründlichen und sorgfältigen Arbeit gedenkt er des Geburtstags geschenks für Lessing, der Errichtung eines „Lessinghauses" am 22. Januar 1929, das im Sinne des mächtigen Geistes helden ein Sitz für Kunst, Wissenschaft und Volksbildung werden soll. Zu ihm hat n. a. der Reichspräsident General feldmarschall von Hindenburg eine Ehrengabe von 5000 RM. gezeichnet. Über dieses Lessinghaus unterrichtet uns anschaulich Bürgermeister Dr. Gebauer. In ihm sollen in erster Linie alle auf den Dichter und seine Familie bezüglichen Gegen stände, wie Prachtausgaben, Erstausgaben uutergebracht werden, dann soll es die Volksbücherei uusnehmen und einen öffentlichen Lesesaal und Vortragssaal erhalten. In dem Aufsatze: „Die Familie Lessing, Abriß der wich tigsten Lebensbilder" empfangen wir von Dr. Stephan, der auch die Stammtafel des Bürgermeisters von Schkeuditz Christian Lessing 1607—1672 (ca.) bis zur Jetztzeit ver öffentlicht, höchst interessante Kunde über eine ganze Reihe angesehener Mitglieder der Familie Lessing. Da ist be sonders wichtig die Schilderung der Person des Vaters des Dichters, des Primarius von Kamenz Johann Gottfried Lessing. Unter den Nachkommen seien erwähnt der Ge- schichts- und Landschaftsmaler Carl Friedrich Lessing, der Bildhauer Otto Lessing und der Geheime Justizrat Carl Robert Lessing, Ehrenbürger von Kamenz. Auch der zweite Teil des Buches bietet viel Anregen des und Neues, nach gründlichen Forschungen und mit vie lem Verständnis Erarbeitetes, so der Aufsatz vom Ober studiendirektor Professor Dr. Willy Muhle: Die Kamenzer Landschaft, dann die Arbeit von Dr. Stephan: Aus der Geschichte der Stadt Kamenz, die nach einer kurzen Ein leitung: Zur Vorgeschichte, schildert: Kamenz zur Koloni- sationszett, die Blütezeit des mittelalterlichen Kamenz, das neuzeitliche Kamenz. Nach dem Historiker kommt im nächsten Aufsatze zu Worte der Kamenzer Architekt Regierungsbaumeister Dipl.-- Jng. Werner Reif. In seinen, älteren Kamenzer Bauten und Kunstdenkmälern führt er uns mit seinem Verständ nisse vor: die ehrwürdigen Kirchenbauten mit ihren Ein richtungen, den Altären, Taufsteinen, Gestühlen, Gemälden und Totengedächtnistafeln, Kanzeln, Denkmälern, Kruzi fixen, Altarleuchtern, alten wertvollen Büchereien, Bunt glasfenstern, Holzschnitzereien u. a., dann die Friedhöfe mit ihren alten Grabdenkmälern u. a. Infolge der Stadt brände ist verhältnismäßig wenig von den alten schönen Profanbauten erhalten. Besonders hervorgehoben sei der schöne, aus dem Zeitalter der deutschen Renaissance stam mende, Andreasbrunnen und die alte „Postsäule" von 1725. Weiterhin werden die öffentlichen Gebäude, die dem 19. Jahrhundert angehören, aufgeführt, unter ihnen das Barmherzigkeits- oder Lessingstift am „Damme" und das neue Rathaus. Zum Schluffe werden u. a. Teile des Rats und Schützenschatzes, sowie verschiedene Lessingerinnerun gen, Ölbildnisse und Steindrucke in den verschiedenen Räu men des Rathauses geschildert. Mit Dank ist es zu begrüßen, daß der Lehrer Bruno Manke, Verwalter der städtischen Volksbücherei, uns wich tige Kenntnisse über: Die Industrie der Stadt Kamenz vermittelt in den einzelnen Abschnitten über: Die Tuch industrie, Tonindustrie, Glashüttenwerke, Steinbrüche, Eisenindustrie, Kamenzer Brauerei. „Im Dienste der Kunst" erfahren wir durch den Lehrer Fritz Klugmann, wie man in Kamenz seit langem durch Theater, Ausstellungen von Werken der Graphik, Malerei und Plastik, durch Konzerte aller Art, Vorträge u. ähnl. dem Kunstbedürfnisse der Bewohnerschaft entgegenkommt. Ein Stück eigenartigen Lebens ist für Kamenz das all jährlich gefeierte Forstfest. Es war deshalb durchaus am Platze, daß in das „Buch der Stadt Kamenz" auch eine Be schreibung der Entstehung und der Feier des Kamenzer Forstfestes ausgenommen wurde, die der Schulleiter Richard Lässig mit guter Kenntnis und großer Liebe gegeben hat. Eine reiche Fülle von Bildern und Zeichnungen aller Art, vom Dichter Gotthold Ephraim Lessing selbst, von Mitgliedern der Familie Lessing, von denkwürdigen Stät ten und Kunstwerken, von Wappen und Siegeln, von Denkmälern, von Plänen, von Handschriftenproben, Land schaften u. a. verleiht dem Buche einen hohen Retz und erfreut seinen Leser. Wenn Bürgermeister Dr. Gebauer in seinem: Zum Geleit den Wunsch äußert: „Es möge das „Buch der Stadt Kamenz" allerwärts freundliche Aufnahme finden — unse rer Stadt zum Segen und zur Ehre", so glaube ich sicher, daß dies geschehen wird. Alles das, was hier in reicher Fülle über den Dichter Gotthold Ephraim Lessing und seine Familie, sowie über Kamenz mit großer Liebe zur Vaterstadt mit feinem Verständnisse von fachkundigen und fleißigen Forschern geboten wird, wird allen Freunden und Forschern unserer Oberlausitzer Geschichte eine willkommene Gabe sein und mit Freude und Dank begrüßt werden. Dr. ArraS.