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Der Opferstein Draußen hat der warme Hauch des Frühlings den späten Märzschnee, der über Nacht fiel, weggetaut. Nur in dem Gehölze, das am Bache in der sumpfigen Niederung steht, liegt er leicht auf dem buschigen Gezweige. Ich hörte das Plätschern des fließenden Wassers, es murmelt und es singt sein uraltes Lied. Singt mir das Lied von dem Opferstein, der vom Moos bewachsen, halb in den Bach gestürzt, sein breites Brand- und Blutgesicht mir zukehrt. Mit zitternder Ehrfurcht im Blute lege ich ihn frei. Ich sehe die Männer im Scheine der heiligen Flamme unter uralten Eichen in Gottergriffenheit, Runen im Gesicht, wie sie auch diesem Steine eingegraben sind. Doch die Zeit dieser Schicksalstapferen schwand, und eine neue schmetterte im Krachen und Stürzen der heiligen Eichen den Bannfluch über den Opferstein. Männer in dunklen Kutten wälzten ihn in den Bach, der um ihn her um sich seinen neuen Weg suchte. Das heilige Wasser ver mochte ihn nicht zu zernagen, die dunklen Männer, die mit Kriegsvolk eine neue Lehre brachten, hatten auch ihm seine Weihe genommen. Nur im Herzen der ureingesesse nen Menschen lebte die Erinnerung fort und Flur und Bach blieb die „Hübscherer". Sinnend träumte ich in den Frühlingstag. Vom Geäst tropft der schmelzende Schnee, das Bächlein rinnt und rauscht. Gebückt, auf eine Hecke gestützt, kommt ein altes Müt terchen näher. Was will das Weib an diesem entlegenen Ort. Sie steht den Fremden auf dem Stein sitzen, aus dem die Zeit noch keine Pflastersteine geschlagen hat, weil er zu abseits liegt, und nickt mir freundlich zu. „Die Hübscherer," sagt sie mit den blauen Augen, „das ist mir der allerliebste Ort, ich weiß nicht, warum ich so gerne hier weile." Mir schauöerts durch die Adern. Der Urtrieb des Blutes zwingt diese Frau zu dem Orte, sie weiß nicht, warum. Verrufen soll er dazu noch sein- sie gehorcht einer inneren Stimme. Sie mntz den Weg immer wieder gehen, schon ein Leben lang, zu dem alten heiligen Steine. Durch Jahrtausende erhielt sich der Drang im Blute. Sie weiß nicht, warum. Drüben vom Dorfe schlagen zwei Kirchturmuhren. Die Mittagsglvcken klingen durch die Luft. Nus fernen Gedanken wacht das Mütterchen auf. Ge heimnis im warmen Blick erzählt sie mir die Sage von dem Teufelsstein. Denn das Volk hat ja längst vergessen, in Kriegs- und Hungersnot das Schicksal des Opfersteines. Vorzeitlich, neu gestaltet und doch wieder veraltet klingt die Mär. Wie ein Gleichnis deutscher Schicksalsnot. Der Teufel warf den Stein nach der zweiten neu er bauten Kirche, die kein Kreuz auf ihrem Turm trägt, doch er fiel zu kurz. Längst hatte mich die Frau verlassen. Am fernen Acker strande holt sie die Ackergnecken aus dem lehmigen Boden. Manchmal gleiten ihre Blicke schauend in das Land. Wie ein stilles Vermächtnis, wie ein Unrecht, das ich gut machen müßte, trug ich die Erinnerung an jene Stunde in mir fort. Der große Krieg kam, wirbelte die Menschenschicksale wie dürre Blätter durch die Luft und ließ das meine in dem stillen Dorfe fallen, dem Dorfe jener alten Frau, das auch meinen Ahnen die Heimat war. Wie ein eiserner Pflug den jungfräulichen Boden, hatte er die Menschen auf gegriffen, und sie bluteten. Sie suchte nach einem Steine, der ihr Schicksal ver künden könne auf Ewigkeiten und die Sprache der Not, des Todes, aber auch des heiligen Opfers für Vaterland und Kindesblut sprechen könne. Doch die Steine, die man in den Werkstätten fand, die nach Geldeswert berechnet werden, blinkten diesen Männern zu schwächlich und gering. Und sie hörten auf meinen Rat. Für jeden Toten pflanzten sie als Erinnerungszeichen einen Baum, der das Sinnbild ihres Wesens war. Die Mädchen gossen ihn mit Wasser aus der Hübscherei. Den Teufelsstein, in dessen halbverwittertem Gesicht man die heimlichen Zeichen fand, die Not und Tod eigenen Er lebens der eisernen Zeit in die schmalen Gesichter gegraben hatte, setzte man in die Mitte des jungen Heldenhaines. Frauen- und Mädchenhände legen immer wieder frische Blumenkränze auf den Stein, und die Männer stehen in Gedanken davor, und die Stimme des Blutes dämmert in ihnen wie ein junger Tag. Ein neuer Geist zieht seit dem durch das Dorf. In dunkler Wetternacht, wenn die Blitze zucken und die Stürme durch das Land brausen, wenn die Giebel knarren und die Bäume bis in die Wurzeln erbeben, wenn das Blut erschauert im Unsinn göttlichen Erschauens, kün det den aufhorchenden Menschen sich das eherne Schicksal unserer Vergangenheit und weist in die Zukunft. Dann ist es, als ob der alte Stein seine Stimme erhebe und ge heimnisvolle Flämmchen von ihm züngelten. Manchen Stein, der Schicksal bedeutet, Umkehr, sehe ich am Wege meines Volkes unbeachtet liegen, wie in der Hübscherei den Teufelsstein. Aber das Blut in unseren Adern hat seinen Weg um ihn geschlagen, wie das Bäch lein in alter Zeit. Doch Söhne leben von dem Blute, das diese Steine in seinen Heiligtümern errichtete und seinem Gotte darauf das Dankopfer "brachte, und sie setzen im knospenden Eichenhain das Sinnbild ewigen Heldentums, deutschen Schicksals, den Opferstein! W—l. D' irschtn Schnieschuh Wenn'ch amo ei an Wintertag, a dan der Schnie unern Füßn ba jedn Schriet knirscht und quietscht und die frische Winterluft öm d' Uhrn pfeft, daß sie juckn, oals welltn sie jedn Augnblick oabspringn, wenn'ch a su an Tag amo a men klen Heimatdörfl bie und die jungn Burschn oauf der Bergwies' und oauf Scheffls-Lahn mit ehrn Brätln tummln sah, do is mersch doach grvad, oals wenn die letztn zwanz'g Fuhr ne gwäst wärn. Sallt woar ja no ne su a Labn oauf dan eigschneitn Feldern, und von Schnieschuhsport mußt a unser Pflaig kaum der zahnte woas. Ich kannt'n ja o oack aus Büchln und vo Bildern, und wie an Obd amo mei Bruder heem koam und soite, doaß nomittg ener mit Schnieschuhn Hinern Kratschn lang g'foahrn wär, do sein mer zusoamm no ba Mondschein oauf d' Felder gang und hoan uns die Spur oagsahn. Doäs woar der Oastuß. Schun oauf'n Heemwaig hoa'ch drüber noachgsonn, wie'ch o zu sichn Dingern, komm könnt, 'n Voater wogt'ch su an Wunsch ne virzutroin; denn su a Paar Schnieschuh woarn a Wochnluhn, und d' Motter meent: „Ehr dürft oack mit der Hitsch oaufs Bergl giehn." Do blieb oack ees — falber a Poar Schnieschuh machn. Dan Obd bie'ch a men Bett ne glei eigschlofn. Jrscht müßt'ch men Ploan no ausoarbeitn, und dano sog'ch mich schun an Geist von Wachberg und von Koahlberg sausn. 'n anern Tag fing'ch oa zu bann. Zu» Hölzern wurdn a poar Bratl vo a Spulnkist g'nomm, und zun Oabhubln noahm'ch Voatersch klenn Hubl. A woar ja dernoch nemie ganz su scharf wie irscht, und weil no a poar Najl (Nägel) an Brätln stacktn, die'ch a men Eifer ganz ttbersaün hoatt, do woarn o a poar kleene Schoartn gwurn. Mei bies' G'wissn, öoas'ch doasterwaign hoatt, schwund aber mit der Spoannung, die immer mieher wuchs, je näher 'ch 'n Ziel koam. Wie d' Bratl nu fert'g woarn, koam der Knoall- effekt: Wie sollt ich ba men Schnieschuhn d' Spitzn biegn?