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Aus der älteren Geschichte der Stadt Reichenbach O.-L. Über die Entstehung der meisten Städte der Oberlausttz fehlen uns sichere Nachrichten. In Bezug auf Reichen bach (O.-L.) bestehen verschiedene Sagen: Der Magister Samuel Großer will in seinen „Lausitzer Merkwürdigkeiten" den Namen Reichenbach da her leiten, daß in hiesiger Gegend einige Bergleute nach Erz geschürft, in dem hier vorbeifließenden Bach Gold körner gefunden und darauf den Ort zu bauen angefangen hätten, aus welchem nachher die Stadt entstanden sei. Eine einzige Sage erzählt, daß früher ein Gold- und Silberbergwerk hier gewesen sei. Andere meinen, daß hier der Ort sei gewesen, wo das Stammhaus der Herren von Reichenbach einst war, deren Familie sehr alten Ursprungs ist und noch gegenwärtig in Schlesien existiert. Im 18. Jahrhundert sollen einige Herren van Reichenbach wohl in den Görlitzer Stadtbüchern vorkommen, die sich ja früher nicht nach den Geschlechts-, sondern Ortsnamen nannten. In älteren Urkunden wird unser Ort immer „Nichin- bach" oder „Rochinbach" genannt. Die Annahme scheint gerechtfertigt, daß derselbe durch Erbauung einer Reihe (Ryb, Rach) Häuser am Bach entstanden ist. Bei derselben wurde eine Kirche und zu ihrer Beschützung eine Burg angelegt. Ob nun Slaven oder Deutsche „Die Reihe am Bach" errichtet haben, ist nicht bekannt. Die Burg oder das Schloß, auf welcher ein Advokatus (Richter) seinen Sitz hatte, der über die Verfallen sprach, hat jedenfalls in der Nähe des Gasthofes „Zum Schwan" sich befunden. Es spricht noch heute dafür der Name „Schloßgasse", sowie, daß man hinter dem Gasthofe (im Gartengrundstück des Herrn Car- taser) in den 60 er Jahren in bedeutenden Tiefen auf ein altes Gemäuer und Gewölbe stieß, wie sich auch unter irdische Gänge nach der Stadt vorgefunden haben, und daß der Badeteich wahrscheinlich den Wallgraben um das Schloß bildete. Aus einer Urkunde aus dem Jahre 1239 ergibt sich, daß schon damals die hiesige Stadt der Sih eines Burg vogtes war. Als erzpriesterlicher Stuhl wird auch Reichen bach in der Matrikel vom Jahre 1346 genannt. Ob damals (1239) unser Ort bereits Stadt war, ist mit Bestimmtheit nicht nachzuweisen, es darf dies aber aus dem Sitz des Burgvogtes als ziemlich sicher angenommen werden. Da gegen wird Reichenbach in der Urkunde vom Tage Cris- pini und Chrispiant 1346, mittels deren die Brüder Krystan und Ramsold von Gersdorf, Besitzer von Reichen bach, die Artikel der Tuchmacher bestätigen, ausdrücklich als Stadt genannt. Das steht jedenfalls fest, daß unser Ort mit zu den ältesten Oberlausitzer Städten gehört. Daß Reichenbach vor Zeiten von größerem Umfange gewesen, läßt sich ans verschiedenen Gründen behaupten: Einmal ist der Ort hoch in Steuern veranlagt gewesen, ferner spricht dafür die große Zahl der vorhandenen Gassen, die lange Zeit nicht mit Häusern besetzt waren. Den älteren Einwohnern werden die Namen: Langen-, Schuppen-, Vieh-, Töpfer- sowie Färbergasse bekannt sein. Es wird erzählt, daß auf dem Töpferbergc nud an der Straße nach Biesig (Badergasse) viel Wohnhäuser gestanden haben, die im Hussitenkriege cingeäschert worden wären. Reichenbach kann außerdem auf ein reiches gewerbliches Leben zurück blicken. 1346 bestand eine Tuchmacherinnung. 1668 gibt es Zünfte der Hutmacher, Bader, Tuchscherer, Strumpfwirker, Färber, Bäcker, Fleischer, Schneider, Kürschner, Schuh macher, Schmiede, Schlosser, Töpfer, Weber, Kannengießer, Glaser, Gerber, Seifensieder, Nadler sowie Messerschmiede. Gewaltige Brände haben im 17. Jahrhundert viele Gebäude vernichtet. 1640 brannten 22 Häuser ab, 1642 waren es 37 Häuser, und bei der großen Feuersbrunst 1670, der auch die evangelische St. Johanniskirche zum Opfer fiel, gar 116 Häuser. 1746 ließ sich ein Goldschmied nieder, 1747 grün deten die Maurer eine Zunft. Unter dem 12. März 1688 errichtete der damalige Be sitzer Gottfried von Sander mit Zuziehung des Rates und der Bürgerschaft eine sogenannte Willkühr. Dieselbe ent hält eine Menge Bestimmungen zur Aufrechterhaltung der Gottesfurcht, Sittlichkeit und Ordnung, Bestimmungen über Käufe, Grenzstreitigkeiten und ein besonderes Erbrecht. Auch werden die Wochenmärkte, die von alters her bestehen, erwähnt. Reichenbach wird genannt: „Reichenbach (O.-L.)" oder „Reichenbach bei Görlitz". Es gibt mehrere Orte gleichen Namens: Dorf Reichenbach (Kreis Sagan); Reichenbach (Kreis Guben): Reichenbach (Kreis Pyritz),- Reichenbach (Kreis Sankt Wendel) und Reichenbach (Kreis Preußisch- Holland und endlich eine Stadt gleichen Namens in Schle sien, im Vogtlande und in Württemberg. W—l. Wanderung mit dem Kirnitzschbache Von A. I. Marschner - Warnsdorf Wie ein Blümchen, das im Verborgenen blüht und des halb beliebt und geschätzt ist, so gilt es um das kleine, ro mantische Flüßchen Nordböhmens, den Kirnitzschbach, kurz weg „die Kirnischt" genannt. Viele kennen ihn wohl von ihren Wanderungen durch die dunklen, dichtbelaubten Schluchten der Böhmischen Schweiz, anderen wieder ist er, selbst nnr dem Namen nach, ein Fremder, ein Unbekannter. Und doch ist er, bildlich gesprochen, das verbindende Glied einer reichen Kette landschaftlich-reizender Perlen bewal deter Berge, dunkler, stiller Schluchten und Täler unserer schönen, nordböhmischen Heimat. Einen weiten Weg geht sein romantischer Lauf. Hoch oben, auf einer schönen Vergebene, in der Nähe des kleinen Örtchens Schönvorn, mehr als .600 Meter über dem Meere gelegen, zwischen Warnsdorf und Schönlinde, geht die breite, schöne Straße schnurgerade von Ost nach West. Einstmals durch tiefen, alten Fichtenwald, heute infolge des Nonnenfraßes kahl und abgeholzt. Dort steht, etwa auf halbem Wege hart an der Straße eine alte, hohe Buche, ciusam auf verlassener Höhe: die Bildbuche. Rechts von ihr, in nassem, schwerduftenden Räumicht, wo Himbeerkrant sich üppig breit macht, plätschert und gluckst plötzlich ein dünnes Bächlein frischen, silbernen Bergwassers. Bald entdeckt man unter den dort noch stehenden Fichten seine kleinen spru delnden Quellen, wie pochende unermüdliche Kinderherzen arbeitend: die Kirnischtgnellen, die hier in seltener Einsam keit einem schönen, wenn auch noch ganz unscheinbaren, später aber doch recht beachtenswerten Bächlein das Leben geben. Auf seinem ersten Wege geht das Wässerlein wie ein Kind an der Mutterhand eine Weile neben der Straße ein her. Hat diese aber den Wald verlassen, so senkt sie sich beim Hegerhause dem Ortsteile Nen-Schönlinde zu und ins Tal hinab. Ein verträumter Weiber, ein kleiner Teich, hält noch ein Weilchen den jungen Wanderer auf, um so eiliger aber hat er es dann, die kleine Stadt zu erreichen. Schon kommen von Falkenbain, Schönbüschel und Schnan- hübel kleine Geschwister, Wiesen- und Gebirgsbäche, die sich mit ihm vereinen und zusammen die Wiesen entlang tollen. Man wundert sich aber nicht, wenn er in Langen grund und Khaa (durchs Khaatal hindurch) schon als ein ernster, stattlicher Jüngling schreitet, über blumige Gründe, durch düsteres Gestrüpp, rauschend, murmelnd, wie es kommt. Schön und stark zu sein beginnt er aber erst in der ganz einsamen, waldreichen Gegend um Hinterdanbitz herum, bei der „Böhmischen Mühle". Immer ist er mit uns die Khaastraße entlang gewan dert, lebensfrisch und leichtfüßig. Erst hier, vereint mit dem