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wurden sie als „Wildgruben" benutzt, mit welcher Gerecht same einst das Rittergut vom böhmischen König belehnt worden war. In Kriegszeiten boten die Wolfsgruben den Bewohnern der umliegenden Dörfer sichere Verstecke, in denen das Vieh und allerhand Habseligkeiten geborgen werden konnten. Schon zu unserer Väter Zeiten scheint der Valtenberg als Wetterprophet etwas gegolten zu haben: „Übrigens ist er häufig in Nebel gehüllt, während in den beyden großen an seinem nordwestlichen Fuße ge legenen Dörfern Neukirchen und Putzkau die Sonne scheint, wird zeitig mit Schnee bedeckt und im Frühjahre erst spät wieder davon befreist, Wenn im Herbste die auf dem obern Theile des Berges befindlichen Bäume stark aurüumen fRanhrciflj, erfolgt gewöhnlich binnen drei Tagen Schnee." Oder das Berschen:' Hat der Huhwahl eine Hauben, kannst dn wohl an Regen glauben. Möge auch diese kleine Skizze über den Baltenberg als Reiseziel vor 100 Jahren mit beitragen, daß immer neue Scharen wegfroher Menschen sich zu der großen Zahl seiner Freunde gesellen, denn Die Freuden, die in der Heimat wohnen, du suchst sie vergebens in fernen Zonen I Die Volksdichterin Theresia Hentschel Von F. Rösler Ein Buch, das im Selbstverläge des Oberlehrers Meder in Wölmsdvrf erschienen ist, bringt uns unter dem Titel „Leben und ansgewählte Werke der Volksdichterin Theresia Hentschel" willkommene Kunde von der Bedeu tung und dem Wirken einer Frau, die nicht vergessen werden darf. Der Herausgeber nennt sein Buch einen Bei trag zur Nenschöpfung einer Heimatkunde des Nvrdböh- mischen Niederlandes. Das Titelbild zeigt die Volks dichterin in der krinolinenartigen Rocktracht des ver flossenen Jahrhunderts. Das Andenken an diese Trachten des nordböhmischen Schwesterlandes wurde anläßlich der lOO-Jahr-GedächtniSfeier im Jahre 1913 wieder rege und ließ den Wunsch erkennen, einer breiteren Volksschicht der engeren und weiteren Heimat Kunde von ihrem Leben nnö ihren Werten zugänglich zu machen. Diesem Ver langen wird Meders Buch gerecht, denn es enthält im wesentlichen den ausführlichen Lebenslauf und eine Aus wahl ans ihren dichterischen Erzeugnissen. Ein literar historisches Kapitel des Buches sucht den Zusammenhang der Dichtkunst des t7. und 18. Jahrhunderts zwischen der Nieher- und Oberlausitz und dem angrenzenden deutschen Teile Böhmens darzulegen .Es tauchen dabei dem Lau sitzer wohlbekannte Namen auf, wie Jakob Böhme und Christian Weise. Aber auch den meisten unbekannte Namen werden horangezvgen, um die Brücke zu schlagen hinüber zur Dichterin Hentschel. Fast klingt es wie eine Ent schuldigung, bekennen zu müssen, daß Theresia Hentschel keine gelehrte Fran ist, sondern zu jener Gattung von Dichtern gehört, die man schlechthin dje „ungelehrten" Dichter nennt. Als Beispiel wird Christian Gottlieb May angeführt, ein Leinweber in Zittau, der nicht nur Ge legenheitsgedichte, sondern auch Oden und Kantate drucken ließ. Unseres Erachtens wäre es nicht nötig gewesen, ge wissermaßen ans diese Weise die Berechtigung nachzu weisen, die Theresia Hentschel als Natur- oder Volks dichterin zu bezeichnen. Ihre Werke sprechen für sich selbst und sind allein maßgebend für ihre Bewertung. Für den Geschichtsfreund aber bildet das betreffende Kapitel einen wertvollen Abschnitt. Der Verfasser sDr. Joh. Hilles gliedert die Volks dichterin Theresia Hentschel in die Reihe der lausitzer geist lichen Dichter ein, da sie ihre Hauptstoffe dem religiösen Gebiete entnimmt und sie selbst eine wahrhaft echte reli giöse Natur ist. Freilich trat diese Frau erst in die Er scheinung, als die religiöse Volksdichtkunst in der Lausitz im Abbtühen war. Der erste Hauptteil des Buches gibt Aufschluß über das Leben der Dichterin. Theresia Hentschel, im Volks munde „Dichterresi" genannt, wurde am 6. Mai 1813 in Wölmsdvrf geboren. Ihre Jugendzeit war sehr ärmlich, die Schulbildung dürftig. Wir erfahren, daß sie in ihrer Dorfschule nicht einmal rechnen lernen konnte. Ihr Vater war der Bäcker Josef Heine in Nixdvrf, ihre Mutter eine Thekla Röslerin, die zeitig starb, so daß der Tochter Rest die ganze Last der Hausarbeit und die Erziehung der jungen Geschwister überkam. Schon als junges Mädchen fand sie trotz der großen Hausbürde Zeit, allerhand kleine Gedichte niederzuschreiben. Mit 20 Jahren vermählte sie sich mit dem Gelbgießer Ignaz Hentschel in Wölmsdvrf. Manch harten Schicksalsschlag mußte sie in ihrer 54 Jahre langen Ehe erleiden, und sie trug sie alle mit gro ßen: Gottvertrauen, denn Theresia Hentschel war eine durch und durch religiöse Natur. Sie war aber auch eine ausgezeichnete Mutter. Den größten Kummer verursachte ihr wohl der taubstumme Sohn, der von dem Hainspacher Pater Dr. Jarisch unterrichtet und durch den die Dichte rin in ihrem Schaffen in geistiger Richtung vielfach an geregt wurde. Wirkte sie anfangs in sehr gedrückten Ver hältnissen, so hob sich doch auch später ihr Wohlstand, so daß sie sich der dichterischen Muse besser widmen konnte. In ihrer geistigen und dichterischen Selbstanalyse, betitelt ein „Resultat", bekennt sie: „Denn gerade nur die Arbeit regt Die Denkkraft in mir wieder; Und sobald ein Feierstündchen schlägt, Schreib ich Gedanken nieder." Als echt religiöse Natur, wovon ihre Werke und ihr Pri vatleben genügend Zeugnis ablegen, sieht sie ihre geistigen Fähigkeiten nur als Gabe Gottes an und hat bei der Ab fassung ihrer Schöpfungen niemals ihr eigenes mate rielles Interesse im Auge, sondern dabei immer nur an den Ruhm Gottes und das Wohl ihrer Mitmenschen ge dacht. Sie trocknete viel Tränen und wirkte nach Kräften für das Wohl der Gemeinde. Ihre theatralischen Auffüh rungen studierte sie selbst ein und entwickelte dabei viel Geschick und Geschmack, so daß die Wölmsdorfer Spiele gar bald zu Ruf und Ansehen gelangten. Der Verfasser führt das Zeugnis des damaligen Wölmsdorfer Ober lehrers Eduard Friud an, der sich als Gemeindechrvnist einen Namen gemacht hat. Ihr Gatte ließ seiner Frau gern in ihrem dichterischen Schaffen freie Hand. Theresia Hentschel starb am 15. Juni 1888 ruhig und gottergeben, wie sie gelebt. Die Grabschrift für sich und ihren ein Jahr vor ihr Heimgegangenen Gatten hat sie sich selbst gegeben: „Mitsammen in des Lebens Tagen Habt ihr Müh und Last getragen. Nun ruht in diesem stillen Haus Beisammen ihr in Frieden aus." Das Grab der Dichterin ist auf dem idyllisch gelegenen Friedhöfe, der ganz nahe an dem von der Dichterresi be sungenen Heilbvrn und der Kapelle liegt. Ans dem Buche Meders erfahren wir, wie die Nachwelt der Dichterin ge dacht hat. Allen Ehrungen voran steht die Anerkennung ihrer Werke und ihres Wirkens durch den ehemaligen Bezirkshanptmann von Schluckenan, Johann Tittmann, der den Anstoß zur Anbringung einer Gedenktafel an ihrem Geburtshause gab. Am 15. Oktober 1899 wurde sie unter großer Beteiligung der Bevölkerung enthüllt. Der 3. Abschnitt behandelt den geistigen Werdegang der Dichterin. Die Schule hat und konnte dem begabten Kinde wenig geben. Ihr Bildungsgang weist deshalb aus gesprochene Züge des Autodidaktentums aus. Wahllos