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354 Gberlauflhor Helmatzettung Äv. 23 7. Erzählende Gedichte Der vorigen Gruppe schließen sich formal die erzäh lenden Gedichte an. In knappster Form werden Menschen schicksale gezeichnet. Die Alte, die im Frühling sonst den Acker stürzte Mit ihrem Grabscheit, liegt schwerkrank im Bett. Und durch das Fenster strömt die Feldluft, die gewürzte. „Ach, wenn ich nur noch meine Kräfte hättl" So seufzt die Alte und fängt leise an zu weinen. Es war so stille in dem Schindelhaus. Und als der Tag sich mit dem Abend wollte einen, Da ging der Tod durch seine Tür hinaus. * Das Licht, das durch die lange Nacht hinscheint, Kommt aus der Giebelkammer einer Kranken. Sie haben schon den ganzen Tag geweint,' Ihr Mütterchen ist nicht mehr bei Gedanken. Sie sieht den Tod am nächt'gen Fenster stehn. Die blanke Sichel schwankt am weihen Bande. — Der käme nachts nach seinen Schafen sehn Und wohne drüben an dem Kirchhofsranöe. — * Er lag im harten Holzgestelle schwach und bang Und sah in sich, als ob er etwas suchte In seiner siechen Seele, die noch leise klang Und die sein Vater früher oft verfluchte. Er fand nicht viel, nur noch ein Lächeln, fahl und müd, Er gab's der Mutter, der so schwergeprüften. Und dann war seine junge Seele still verglüht Wie Abendrot in tiefen Wolkenklüften. * Er trank und warf ein jedes Glas zu Scherben. Er trank sich aus dem Herzen seinen Haß. Er wollte trunken hier am Tische sterben Und dann begraben sein in einem Faß. Er trank. Und klirrend sprang vom Tisch das letzte. Die Lampe losch. Er saß im grauen Schein. Und durch die Türe rollte der gehetzte Gevatter Tod das leere Faß Herein. 8. Dreißigjähriger Krieg Bei diesen Liedern muß der Leser alles zimperliche Salonempfinden abstreifen, da hier dem Stoff entsprechend eine derb-realistische Ausörucksweise gewählt ist. Die An regung, die Soldateska des großen Krieges nicht schöner zu malen als sie war, erhielt er durch die Lektüre der herzhaften Lebensbeschreibung des Götz von Berlichingen, die auch auf Goethes urwüchsige Sprache in seinem Götz und im Faust abgefärbt hat. Ferner bestärkte ihn darin eine intensive Beschäftigung mit den Dramen Shakespeares, wo sich das niedere Volk, wenn es redet, ja auch kein Blatt vor den Mund nimmt, sondern die Dinge beim Namen nennt. Selbstverständlich wußte er außerdem, daß auch Luther den Leuten aufs Maul gesehen hat und in seiner Ausdrucksweise keine falsche Scham kannte. „Mein Roß! Ich reit zu meinem Weibe, Das drüben än den Buchen singt. Mich treibt das Blut im ganzen Leibe. Mein Roß! Weib, wie mein Herze schwingt!" Er brescht und bricht die Buchenäste. Wie auf der Tenne stiebt das Korn. „Vorwärts! Durchs Feld!" Und was nicht feste, Zerstampft das Roß, gequält vom Sporn. „Hallo! Mein Weib! Die Hengste kommen Für Stall und Bett in scharfem Trab!" Und beide stehn im Hof. Verschwommen Sinkt müd das Abendrot hinab. ' Und langsam stieg die Nacht zu Tale. Im Erker glühte bald ein Licht. Spät losch das Licht im Mägüesaale, Doch in dem Erker losch es nicht. Und immer tiefer sank die Stunde. Und schwüle zog der Wind ums Haus. Erst als es dämmerte im Grunde, Da losch das heiße Lichtlein aus. * Los! Auf das Tor! Nicht Zeit verlieren! Nur Vieh und Weiber requirieren! Das andre schlagt zu Dreck, Sonst frißt's der Schwede weg! Faßt herzhaft zu! Das gibt ein Lachen Im Lager, wenn die Feuer krachen! Wir brauchen Weiber viel Beim Saufen und beim Spiel. Hallt! Hojo! Wir Wallensteiner, Sei's Korporal und sei's Gemeiner, Wir lieben Roßgestampf Und Weib und Pulverdampf. Drum auf das Tor! Nicht Zeit verlieren, Nur Vieh und Weiber requirieren! Das andre schlagt zu Dreck, Sonst frißt's der Schwede weg! Zu Eger im Schloß in tiefer Nacht Sitzt stumm der Wallenstein Und starrt hinauf in die Sternenpracht: Ich will der Kaiser sein! Da pocht's und pocht und pocht ganz sacht. „Herr, Herr, laßt mich hinein! Der Tertschka, Kinsky sind Ungeschlacht. Noch Jllo ficht allein. Ihr müßt zu Roß! Herr, Herr, erwacht! Sie kommen!" Doch Wallenstein, Der träumt hinein in die Sternenpracht Und will der Kaiser sein. Ein Dröhnen draußen. Es flucht und kracht. „Herr, Herr, laßt mich hinein! Sie morden Euch! Herr, Herr, erwacht! Hört Ihr den Butler schrein?" Der Wallenstein ist nicht erwacht, Dragoner stürmen ein, Und Lanzen stachen. Da hat er gelacht: Ich will der Kaiser sein! * Die Feuer lodern im Lager rot. Wir reiten auf unfern Rossen Zum Kampf durch schlammigen Straßenkot. Und morgen sind wir erschossen. Wir singen ein Lied vom schwarzen Tod Im Sturm, vom Blut überflossen. Wir Haun im brennenden Abendrot. Und morgen sind wir erschossen. Wir Magdeburger Schmiede, Wir streiten wie die Stier. Es klingt in unserm Liede: Auf einen kommen vier. Wir spalten Roß und Ritter Durch Panzer und Scharnier. Da spritzen Eisensplitter. Auf einen kommen vier. Wir schwingen mit den Hammern Voll wilder Streitergier Und jauchzen, wenn sie jammern: Auf einen kommen vier.