Volltext Seite (XML)
Und rascheln im Sand. Bleich stiert ein Licht durch den Baum. Am Hange geht es in Traurigkeit unter. Fern stürzt der Weg in Schwärze zusammen, Stürzt zusammen — wie nun alles! Rünstig ist das Feld. — — Es kleben überall blutige Blätter, Und irgendwo schlürfen Zungen an dürftigen Bächen. Eine letzte Schwäche durchschüttelt die Nacht. Die Bäume erstarren. Kreuze greifen ins Dunkel. Und tote Herzen flattern durch die Nacht. Nachtgang Nachtblumen lohen auf. Die Fackeln tanzen durch müde Wälder. In die Nachtschatten taumelt mein Herz. Versinken wir? — Umschlungen halten sich die Bäume Und wir — warten. Unsre Hände fassen sich, doch sie entfallen sich selbst, Und wir treten ans verblichene Rosen. Todesahnen gleitet durch hängende Büsche. Erschauern. Fern klatschen die Espen. Weithin sterben heut Tausende. Fallen herab auf Leichentücher, Über verstaubte Menschen legt sich der Herbst. Und am Morgen schleicht der Wind über gebrochene Und gebeugte Halme trauern um uns. fSeelen. An den Steinen klebt noch warmes Erdblut. Wer tat es? Daß gleichzeitig auch die strophische Form gepflegt wird, beweist ein anderes kleines Herbstlied. Die roten Leichenfahnen Durchslattern nun das Tal. Sie schütteln Todesahnen Auf Wälder. Überall Erglühen rote Lichter. Sie irren durch den Wald. Sie bleichen die Gesichter Der Blumen. Ferne hallt Ein Seufzen von den Rüstern, Ihr Kleid zerfällt in Rot, Und späte Geister flüstern Ein Märchen von dem Tod. 2. Bekenntnisse In den Gedichten bekenntnismäßigen Inhalts tritt die Gespaltenheit der Künstlerseele am deutlichsten zutage: in der bitteren Erkenntnis, wie wenig Wollen und Voll bringen, Ideal und Wirklichkeit zusammenstimmen („Ich bin nur Maske, bin beengt im Handeln"), in dem Be wußtsein der Vereinsamung („Wie eine Insel steh ich in des Meeres Fluche" — „Ich kenne nicht die Eltern noch Gefährten wieder"), in der tiefen Sehnsucht nach Reinheit und dem Streben, den Urzustand der Harmonie wieder zu erreichen, in dem er einst geboren: Ich quoll empor und ward ein Tropfen im Gebirge Und wuchs in freier Götterluft, die ich genoß. Ich trug des Himmels Spiegelbild in meiner Seele, Da ich wie reines Wasser von den Höhen floß. Wohl wird das reine Wasser durch Schlamm getrübt, Doch ist mein wahrer Urgrund weder schwarz noch (finster- Wenn ich durch Felsen brause, spür ich meinen Gott. Dann raff ich meine Reinheit von dem Himmel nieder Und breche rauschend meinen dumpfen Schlammestrott. Dann greif ich voller Kraft um Kanten und um Blöcke, Mein altes Stromblut formt den hartgranitnen Stein Und stampft die Falschheit, Schwärze in des Schlammes Ich wasche meine Wasser an den Felsen rein, fGründe, So rein, wie ich als Tropfen quoll im Hochgebirge, Wo ich in freier Götterluft erwuchs und schwoll. — Gott, gieße deines Himmels Bild in meine Seele Und gib dem Blute Blöcke, die es bilden soll! Mensch will er werden: Ich bin geschaffen, doch mir fehlt der Gott, Der Tag und Finsternis im Innern trenne. Die Schöpfung geht in schauervollem Trott. Und Mensch zu werden ist's, wonach ich brenne. Es tönt mir keine Stimme, keine Hand Greift in das große Kämpfen beider Mächte. Mein Chaos hat noch nie ein Gott erkannt, Daß er mir einmal die Erlösung brächte. Ailf den Gebirgen steh ich, schau ins All Und wart im Sturme auf ein Himmelszeichen. Die Wetter leuchten wohl im Donnerprall, Allein mich Wandrer will kein Blitz erreichen. Wie lange starr ich noch voll Zuversicht? Muß ich mir einen Gott im Selbst erschaffen? Antwortet, Götter! Länger trag ich's nicht! Ich will nicht mehr in Tag und Finster klaffen! Vergeblich erscheint ihm zuweilen all sein Ringen: I Verzehren muß ich mich mit meinen eignen Flammen. ! Es lodert, wallt und glutet in mir ein Vulkan. I Bald stürz ich mit verbrannter Sehnsucht noch zusammen, I Und nm die Asche würfelt wütend ein Orkan. I Unbändig drängt die Kraft zu schöpferischem Bilden, ! Nur hab ich keinen Stein, den ich behauen kann. I So überschlägt sich meine Kraft, gleichwie im wilden l Gewässer auch die Woge, die dem Fels entrann, I Und reibt sich an zersplittertem Gestein zu Schaume, I Stöhnt wie ein schwerverwundter Kämpe seufzend auf, i Entreißt mit letzter Wucht dem engen Felsenraume l Sich selbst und fließt zerbrochen seinen Weiterlauf. I So muß sich meine junge Kraft nutzlos versprühen, I Entbrannt aus einem Herzen, das sich selbst zerquält. ! Warum läßt mich die Welt ihr Eisen nicht Surchglühen I Mit einem Feuer, das selbst Himmelsgöttern fehlt? I Verzehren muß ich mich mit meinen eignen Flammen. I Es lodert, wallt und glutet in mir ein Vulkan. I Bald stürz ich mit verbrannter Sehnsucht noch zusammen, I Und um die Asche würfelt wütend ein Orkan. Doch dann bäumt er sich wieder auf mit seiner ganzen Kraft: Ich möchte aus granitnen Steinen Den Trotz mir bilden, der mich stählt, Und nächtig mich mit ihm vereinen. Wenn das Gesicht mich lockt und quält, Dann will ich aus den Schatten treten, Das Bild von Stein in meiner Hand, Mit seinem Geiste in Gebeten Ihm Trotz entbieten unverwandt. Ich will das faule Bild zerschmettern. Das mich verführt, mit meinem Stein, In Stücken in den Himmel wettern *) Und frei mich meiner Gottheit weihn. *) „wettern" Hat hier die Dialektbeöeutung „werfen", „schleudern". 3. Hymnisches Den Stimmungen der Bekenntnisse am nächsten ver wandt, diesen zum Teil auch zuzurechnen, insofern man den Inhalt ins Auge faßt, sind die Gesänge in freien Rhythmen, die ihre Vorbilder — Nietzsche und die Dich tungen Goethes in seiner titanischen Epoche (Ganymed, Mahomets Gesang, Prometheus u. a.) — in verschiedenen Zügen (Form im allgemeinen, einzelne Elemente in Bau und Gliederung, in Wortwahl und Themen) deutlich er kennen lassen, ohne daß man sie einfach als bloße Nach ahmungen mit negativer Kritik abtnn kann, selbst nicht ein bloßes Gedicht wie das folgende: