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S30 Gberlaufltzer Helmatzettung Nr 21 Die Genrefiguren, die Kändler geschaffen hat, sind so zahlreich, daß es unmöglich ist, sie einzeln aufzuzählen. Unerschöpflich war die Schaffenskraft dieses genialen Mannes. Nnr einige Typen seien erwähnt. Da finden wir die Herren der Hofgesellschaft in der malerischen Tracht des Rokoko, im langen bunten Rock, farbigen Strümpfen und Schnallenschuhen, seidenen Hosen und Westen, den zierlichen Galantcriedegcn an der Seite. Sie nähern sich den Rokokodamen mit jener Miene und Haltung, die dem Zeitalter den Namen des galanten gegeben hat. Die Damen selbst sind angetan mit den Krinolinkleidern, deren Stoff mit kleinen „indianischen Blümchen" überstreut ist. So wie sie sich bewegten im Leben, so hat sie Kändler ge sehen und dargestellt, charmierend und kokettierend, kosend und knixend. In ihrer Art sind es treue kulturhistorische Bilder, die denen eines Watteau und Fragonard nicht nachstehen. Doch nicht nur die Rokokodamen und -Herren wurden dargestellt. Seine Beobachtungsgabe erstreckte sich auf das ganze Volk, wie uns die Stücke zeigen, die in der Staatlichen Porzellansammlung zu Dresden aufbewahrt sind. Da sehen wir Kinderszenen: Knaben mit Vögeln, Hunden, Katzen und anderen Haustieren, niedliche Putten, die allen möglichen Schabernack treiben. Handwerker tre ten auf. Schneider auf einem Ziegenbock reitend, Scheren schleifer, Straßenhänüler, Reiter und Soldaten in präch tiger Uniform, Musikanten mit allen Instrumenten. Aber auch Angehörige fremder Völker erscheinen: Polen und Polinnen, wie sie am sächsischen Hofe als polnischem Königshofe verkehrten, in ihrer malerischen Pracht, Un garn, Russen, Tscherkessen und Mohren, dem Zuge der Zett, die das Exotische und Fremde liebte, folgend. Wenn man bedenkt, daß diese Figuren im Durchschnitt höchstens eine Höhe von zwanzig Zentimetern haben, so erstaunt man über die Feinheit der technischen Durchführung. Aber auch viele allegorische und mythologische Dar stellungen sind vorhanden, wie sie das Zeitalter ebenfalls liebte und begehrte. Musen und Grazien, Nymphen und Götter und Ämouretten sind zahlreich vorhanden: Es ist eine bunte Fülle von Gestalten, die an unserem Auge vorii verzieht. Jedoch nicht nur im Figürlichen betätigte sich die Schaffenskraft dieses großen Mannes. Auch in der Gefäß plastik arbeitete er mit Erfolg. Sein Hauptwerk ist auf diesem Gebiet das berühmte Schwanenservice, das der König August der Dritte seinem Premierminister, dem Reichsgrafen Heinrich von Brühl, und der Gräfin Kolow- rat zum Hochzeitsgeschenk machte. „Schwancnservice" wird es genannt, weil Schwäne bei der Verzierung eine Haupt rolle spielen. Hier lebt sich der schöpferische Geist Kändlers in den reinsten und reichsten Formen ans. „Mit eminent plastischer Kraft formte er in ihm seltsame Fabelwesen: Tritonen, Nereiden, Delphine im Verein mit Putten und Masken und all dem malerischen Zierat, welcher der schwel gerischen Formenfreude entsprach, von der er erfüllt war. Auf dem Gebiete der Geräteplastik nimmt bas Schwanen service denselben hohen Rang ein, den auf dem Gebiete der Figurenplastik die Genrcvvrstellungen im Barock und Rokokogeschmack haben." fDvenges, Meißner Porzellan, Berlin, v. I.) Das Service muß einen ganz ungewöhn lichen Umfang gehabt haben, wenn man bedenkt, daß noch heute sich 1400 Stücke davon im Brühlschcn Familien- fideikommiß auf Schloß Pfürten in der Mark befinden. Dabei hat es eigenartige Schicksale gehabt. Es soll im Siebenjährigen Kriege im See von Pförten zum Schutze gegen die raubende und plündernde Soldateska versenkt worden sein. Ist dies vielleicht auch Sage, so ist es wohl sicher, daß man das Service irgendwo verborgen gehalten hat, wahrscheinlich in der Residenz Augusts des Dritten in Warschau. Erkennbar sind die Stricke des Services daran, daß jeder Teil das Wappen der Brühl und Kolow- rat zeigt. Kändlers reifstes Werk jedoch ist ein Spiegelrahmen, den König August der Dritte für König Ludwig den Fünf zehnten von Frankreich bestimmt hatte, dein Schwieger vater seiner Tochter Josepha. Das Werk ist im Original leider nicht mehr erhalten, sondern nur noch in einer Kopie, die 1900 auf der Pariser Weltausstellung Bewunde rung erregte und seitdem in Dresden aufgestellt ist. „In dieser Arbeit hat Kändler wohl das Höchste geleistet, was auf dem Gebiete der Keramik je und je möglich gewesen ist: das Kunstwerk ist noch heute vorbildlich für alles, was mit der Porzellauplastik zusammenhängt." (Doenges.s In seiner bereits erwähnten Lebensbeschreibung heißt es dar über: „Es wetteiferten die königlich französischen Porzel lanfabriken mit der Meißner um den Vorzug. Kändler aber wußte solchen zu behaupten. Er verfertigte im Jahre 1750 das bekannte Meisterstück, einen mit Blumenketten, Laubwerk, Figuren und Geschichten ins Erhabene gear beiteten Nahmen von Porzellan, sieben Ellen hoch, zu einem in der Dresdener Spiegelfabrik gegossenen Trn- meauspiegel, und dazu einen Konsoltisch, ebenfalls ganz aus Porzellan. Beide Stücke hatte August zum Geschenk für den König von Frankreich bestimmt. Kändler selbst überbrachte sie nach Paris, und die eifersüchtigen Fran zosen ließen dem Geschmack und der Arbeit des deutschen Künstlers alle mögliche Gerechtigkeit widerfahren." Sein Ehrgeiz bestand jedoch trotz seines Ruhmes darin, ein großes monumentales Werk aus Porzellan zu schaffen. Im Jahre 1751 wurde ihm auch der Auftrag ge geben, ein drei Meter hohes Reiterstandbild Augusts des Dritten zu schaffen, das in Dresden aufgestellt werden sollte. Mit Feuereifer ging er an die Arbeit und schuf ein Modell, das noch heute in einer Höhe von 1.20 Meter in der Porzellansammlung zu Dresden aufbewahrt wird. 1755 war das große Gipsmodell dafür fertig. Leiber ist das Denkmal durch die Wirren des ausbrechenden Krie ges nicht zur Ausführung gekommen. Aber auch rein technisch hat Kändler die Meißner Manufaktur gefördert. In der Heroldperivde, dem Zeit raum vor Kändler, war das Material noch sehr ungleich, sowohl in der Farbe, als auch im Brande. Eifrig war er bestrebt, hier zu bessern und zu vervollkommnen. So kon struierte er einen neuen leistungsfähigeren Brennofen- Er hatte damit Erfolg,' denn nach 1735 sind Farbe und Brand bedeutend besser, besonders in den kleinen Stücken. Noch heute ist die Nachwirkung Kändlers bemerkbar, besonders in den Erzeugnissen der letzten Jahre der Meiß ner Manufaktur. Die Formen, die Kändler geschaffen hat in der Gefäßplastik und im Genre sind so schön, daß sie auch heute noch Anklang finden. Die Oberlausitz aber darf stolz sein, daß dieser Mann aus ihrer Mitte hervorge gangen ist. Möge diese Arbeit dazu beitragen, das An denken dieses großen Mannes in Ehren zu halten. Zauberformeln und Segen Bon Hanns Trobisch, Elstra 1. Wider den Brand Jesus qing über Land, trug einen Brand in seiner Hand. Brand brenne aus und mein Gott der Herr laß mein Brennen sein! Das tue mir zu gute, -s- -s- f Amen. 2. Wider alles Mordgewehr Man bete morqens dreimal: Bist du so stark als Gottes Sohn So komm und greif mich an: Bist du nicht so stark, so müssen deine Hände stille stehn Und müssen dir sein gebunden Durch Christi heilige fünf Wunden Und durch die heiligen drei Blutstropfen, Die müssen dir das Gewehr verstopfen.