Volltext Seite (XML)
Gberlaufltzer Helmatzeltung Nr. 16 Herr Kantor i. R. Böhmer sprach hieraus einen selbstverfaßten längeren Weihespruch voller geschichtlicher Erinnerungen und dann wurde von den Anwesenden unter Fackelgeleit der neue Weg erstmalig beschritten. Er wird sicherlich viel Freunde finden, zumal er auch für ältere Herrschaften bequem zu begehen ist. Bor dem unteren Burgtor wurde dann von Mitglie dern des Gebirgsvereins der von Herrn Walter Becker verfaßte „Mönchsgruß" erstmalig aufgeführt. Die kleine anspruchslose Szene verwendet mit Geschick den alten Gegensatz zwischen mönchischer Beschaulichkeit und welt licher Lebensfreude und wurde von den Ausführenden wacker und spielecht gegeben, wobei die deutliche Aussprache der Verse besonders angenehm empfunden wurde. Unter Bnntfeuerbeleuchtung ging es dann zur Kirchenruine, wo ein Mönchsdoppelquartett Schuberts „Sanktus" aus der Deutschen Messe sang. Die sicheren ausgesuchten Stimmen waren im Zusammenklang und in ihrer Fülle von ein drucksvoller Wirkung. Allgemein wurde bedauert, daß das Quartett nicht mehr sang. Im Rittersaal der Oybinbergwirtschaft sanden sich da nach Gebirgsvereinler und Gäste zu einem gemütlichen Beisammensein zusammen. Hierbei wurde insbesondere Herrn Hille jr. für seine Geigensoli lebhafter Beifall zuteil. B. Zur Einweihung des Weges durch die Ritterschlucht. Es war einmal. Da lag von mächt'gen Bäumen rings eingchüllct unser Berg Oybin, sah Sonnenschein und in des Himmels Räumen gar ost gewalt'ge Wolkenmassen ziehn. Zuweilen konnte er auch still belauschen das Edelwild bei Kamps und heitrem Spiel; oft hörte er geheimnisvolles Rauschen und schaute Elfen, Heinzelmännchen viel. Doch sollte neue Zeit für ihn auch kommen. Als eine Ritterschar den Felsen sand, ward er zum Rittersitz herausgeuommen und eine trotz'ge Ritterburg erstand. Nur drei Jahrzehnte sollt sie überdauern; denn weil man Straßenräuberei betrieb, zerstörte König Karl der Raubburg Mauern, von denen karger Rest erhalten blieb. Bald zogen Mönche, deren Hauptpflicht Schwelgen, von Avignon hinauf zu dem Oybin. Dort mußte sich ein prächt'ges Kloster zeigen, dem großer Landbesitz auch ward vcrlichn. Doch als man Luthers Worte hörte schallen von Wittenberg durch deutsche Gaue hin, sah scheidend man die Klosterbrüder wallen vom Berg Oybin zum Väterhofe hin. Leer stand das Kloster nun. Mit mächt'gem Strahle schlug bald darauf der Blitz verheerend ein. Da schaute niederwärts zum Oybintale und nach den Bergen Heller Feuerschein. Doch neues Leben blüht aus den Ruinen; denn der Oybin ward herrlich Wanderziel. Zu Millionen sind ja hier erschienen Besucher und es kommen auch noch viel. Und welche Wege haben sie beschritten? Nun, bei dem Kirchlein stiegen sie empor, auch auf dem Rittcrweg, aus Dorfes Mitten, und selbst vom Hausgrund drangen sie hervor. Jetzt soll ein neuer Weg zum Berge leiten, heißt „Ritterschlucht" durch den Gcdirgsverein, ist schmal und tief und zeigt an seinen Seiten, als Wände ragend mächt'ges Fclsgestein. Ihn einzuweihen sind wir drum erschienen und bringen ihm die besten Wünsche dar: „Sri Ritterschlucht gegrüßt! Auch du sollst dienen in Zukunft der Oybinbrsucher Schari" 541 Der Vater Oberlausitzer Erzählung von Oskar Schwär (Fortsetzung) Ihre Augen blitzen auf: ein Glück, daß sie die Bun gerten so gründlich kennen gelernt hatte! Es war gerade noch Zeit. Nun konnte sie mit gutem Gewissen für den Sohn Partei nehmen. Recht zufrieden war sie mit ihm, der ein braves armes Mädchen einem aus reicher, aber ver rohter Familie vorzog. Und da würde auch Ehregott zu ihm hinüberschwenken, wenn er es erführe. Sie überlegte, wie sie ihrem Manne die Geschichte am besten beibringen könne, und wartete die Gelegenheit dazu ab. Aber die Bungert-Bäuerihi kam ihr zuvor, machte dem Alten schreckliche Enthüllungen, sodaß er, da er alles glaubte, von neuem in flammende Wut geriet und in die sem Zustande auf Johann wie auf den Todfeind losfuyr. Es schlug der eiserne Hammer auf den eisernen Amboß, denn Ehregott kämpfte gegen sein eigenes Ich. Dies aber war jünger als er, und der Ausgang war unzweifelhaft. Johann warf ein Kleinod unter den Hammer, das der Vater doch nicht zu vernichten wagte: seine Zukunft. „Ich verlasse die Heimat, alles hier, Euch — und suche mir drüben llberm Wasser andere Menschen, wenn ich die nicht heimführen kann, der das da drin gehört!" Er wies auf seine Brust, das Wort Liebe brachte er nicht über die Lippen; es war keine Phrase, dies merkte der Alte, und er ließ den Arm sinken und wich zurück. Frau Alwine hatte das Gewitter sich entladen lassen, um nun erst schonend den Verwirrten zur Wahrheit zu führen. Als sie mit ihm allein war, sprach sie ruhig etwa folgendes mit ihm: „Wir haben doch zwanzig Jahre lang an Johann unsere Freude gehabt. Er war ein Sohk, daß niemand einen trefflicheren hat. Hast Du je an seiner Kindesliebe zweifeln müssen, Ehregott? Du hast nur immer Gutes von ihm geredet und bist stolz auf ihn gewesen. Und Du hast Dich gewiß nicht in ihm getäuscht, er ist du und ich. Wär's also möglich, daß er eines Tages mit be wußter Absicht uns Kummer bereiten wollte? Nein, er will uns tun, was er sich selber tun will, Gutes, oder wenigstens, was er dafür hält. Ich zweifle nusn nicht mehr, daß sein edler Sinn und natürliches Gefühl ihn zu dem Menschen geführt hat, der zu ihm gehört. Er will dem Mädchen alles opfern, und daß er dessen fähig ist, zeigt Dir, daß er mit jeder Faser an ihr hängt. Solche Bande lassen sich nicht zerschneiden, wie ein Hanfstrick. Ehregott, wir waren auch einmal da, wo Johann jetzt steht, nur, daß es uns niemnad so schwer machte. Aber wenn jemand sich zwischen uns gestellt hätte, hättest Du nicht ebenso für Deinen Willen, Deine Liebe gekämpft?" Sie erließ ihm die Antwort auf diese Frage und er klärte ihm, was von dem Gerücht, das die Bungert-Bäue rin sicher nicht nur weiter geklatscht, sondern erfunden habe, zu halten sei, daß es einen plumpen Verleumdungs versuch darstelle. Ehregott schwieg dazu, er schwieg Tage lang und ging in sich. * * * Leute, die im Bäckerhause ein- und ausgtngen, ver nahmen den Streit, das ganze Dorf wußte davon und nahm lebhaften Anteil. Natürlich sorgte man dafür, daß auch Liebschers es rechtzeitig erfuhren. Die beiden beschei denen Webersleute ärgerten sich, sie hatten nie die Ver bindung ihrer Tochter mit dem so angesehenen und wohl habenden Manne zu hoffen gewagt und Elsa oftmals ge warnt, sich Träumen hinzugeben, die doch eines Tages grausam zerstört werden mußten. Nun war's soweit. Schämen mußten sie sich vor den Leuten, die natürlich glaubten, die Eltern hätten ihr Nötiges getan, um den jungen Heidorn für ihre Tochter zu ködern. Als hätten