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aufforderte. Die Helle Begeisterung, mit welcher dieser Aufforderung nachgekommen ward, zeigte, daß gemeinsame Veranstaltungen im größten Rahmen, wie diese, hervor ragend geeignet sind, die Brudervereine diesseits und jen seits der Grenze innerlich näher zu bringen. Wohlbehalten langten die drei ostlausitzer Vereine wieder in ihren Heimatorten an. Neue Erfindung eines Ionsdorfers vor 100 Jahren In „Scherz und Ernst" — Ein historisches Allerlei für den Bürger und Landmann. 8. Stück, Monat August 1827; herausgegeben von dem Kandidat der Rechte Joh. Fr. Gtth. Flößel, Zittau, gedruckt bei Joh. Gttfr. Seyfert — steht folgendes: „Gottlieb Renger aus Jonsdorf b. Zittau, hat einen Wagen erfunden, worauf man ohne Pferde fahren kann. Dieser Wagen bildet einen Schwan, auf dessen Rücken der Fahrende fitzt. Zu beiden Seiten der Brust sind zur rechten und linken Seite an zwei in die Höhe stehende Säulchen Biegel angebracht, durch deren Rauf- und Her unterziehen der Wagen in Lauf gesetzt wird. An dem Wagen selbst, befinden sich drei Räder, wovon zwei vorne und eins hinten angebracht sind. Mit hoher obrigkeitlichen Bewilligung zeigte er diesen von ihm erfundenen Wagen in Zittau am 30ten Juli dieses Jahres dem Pnblico, und fuhr auf demselben von 7—8 Uhr Abends in der Allee vom Bautzner- bis zum Frauenthore hin und her unter einer zahllosen Menge von Zuschauern. Der Mechanismus dieses Kunstwerkes befindet sich in dem Körper des Schwanes verborgen." — Gottlieb Renger war von Beruf Stroh dachdecker. Von dem „Strohschaubenlegen" hieß er im Dorfe zum Unterschiede von noch anderen Familien glei chen Namens „Schoobnrenger". Neben seinem Berufe war er, was man im Volke Tausendkünstler oder kurzweg „Bastlj" nennt. In seinen Mußestunden beschäftigte er sich am lieb sten mit Reinigen oder Ausbessern von kleinen und großen Uhren und einfachen Maschinen. Ob Renger die 10 Jahre früher erfundene Dräsine Drais'! aus Mannheim schon gekannt oder wenigstens von ihr gehört hat, läßt sich nicht nachweisen, höchstens vermuten. Dann würde sich das „Neue Erfindung" darauf beziehen, daß Renger seiner Maschine eine ganz neue äußere Gestalt gegeben, die sich in ihrer schmucken, künstlerischen Form von dem nackten Mechanismus der Dräsine vorteilhaft unterschied. Leider ist von dem Rengerschen ,„Schwan" nichts übrig geblieben als die obige Flößelsche Beschreibung. Es wäre doch höchst interessant, in einer Ausstellung über Entwicklung des Fahrwesens diesen Rengerschen Selbstfahrer neben einem der modernsten Automobile stehen zu sehen. — Sein ein ziger Sohn August, weiland Kesselheizer in der Bleicherei von F. W. Hänisch, hat ein gut Teil der technischen Ver anlagung des Vaters geerbt. Auch er baute sich eine Drä sine und später ein Zweirad, beides mit hölzernen Rädern und Gestell, aber ohne „Schwan". Übersetzung und Rück trittbremse gabs natürlich nicht an diesen hölzernen Ma schinen. Signalglocke oder Hupe war unnötig; man hörte den Fahrer ja schon von großer Weite „gerattert" kom men. Das Gewicht übertraf das eines heutigen „Renners" um ein Mehrfaches. Trotzdem fuhr Renger jun. einmal an den beiden Pfingstfeiertagen mit einer seiner selbst gebauten Maschinen, wie er sie stolz nannte, bis Prag und wieder heim. — Wenn unser Gottlieb Renger auch keine weltbewegende, das Verkehrswesen in ganz neue Bahnen lenkende Erfindung gemacht hat, so gehört er doch in die Reihe unsrer schlichten, einfachen Dorfbewohner, die es wegen ihrer Tüchtigkeit wert sind, daß ihr Name und Tun in der engeren Heimat nicht vergessen werde. Diesem Zwecke sollen auch vorstehende Zeilen dienen. Kantor Bauer, Jonsdorf. Heimatfest (700-Iahrfeier) der Gemeinde Bischdors bei Löbau Bischdorf, 4. Juli 1927. In ernster schwerer Zeit erging der Ruf an alle Freunde des Ortes und besonders an alle, die einst Glie der der Gemeinde waren, zu frohen Stunden in die einstige Heimat zu eilen. Der Anlaß des Festes, die erste urkund liche Erwähnung des Ortes im Jahre 1227, rechtfertigte das Wagnis. Frohe Festtage gab es für die Bischdorfer am Sonn abend und gestern Sonntag. Der Ort war festlich geschmückt. Das Heimatfest wurde am Sonnabend abends 8 Uhr durch einen Festkommers im Gasthaus „Zur Hoffnung" einge leitet unter Mitwirkung der Kapelle des Ausbildungs- Bataillons Nr. 10 aus Löbau, des Gesangvereins „Ein tracht", der Turnerinnen-Abteilung des Turnvereins DT., sowie der Mädchen der oberen Volksschulklassen mit ihren Volkstanz-Aufführungen. Im Mittelpunkt der reichhal tigen Darbietungen stand der Vortrag des Ortspsarrers Herrn Michael, der über Bischdorfs Geschichte sprach. Er führte etwa folgendes aus: Der Ort Bischdorf wird zuerst erwähnt in einer Urkunde des Bischofs Bruno des Zweiten von Meißen im Jahre 1227. Wenn nun die 700 Jahre, die demnach der Ort bekannt ist, gewiß eine schöne Spanne Zeit bedeuten und es nur wenig Ortschaften im Umkreise gibt, die einer so frühen Erwähnung sich rüh men können, so liegt doch der Ursprung des Ortes sicher noch um Jahrhunderte weiter zurück in grauer Vergangen heit. Wann freilich die ersten Ansiedler hier am Rosen bach sich ansässig gemacht und den Ort gegründet haben, ist nicht festzustellen. Als aber unter Otto dem Großen (936— 973) deutsche Ritter das Wendenland zwischen Elbe und Oder der deutschen Herrschaft unterworfen hatten und von dem im Jahre 968 gegründeten Bistum Meißen die erste Missionstätigkeit auch in unfern ihm zugewiesenen Gegen den begonnen worden war, fängt das tiefe Dunkel an sich zu lichten, und wir sehen die ersten matten Spuren der damaligen geschichtlichen Vorgänge aufleuchten. Ihren Lebensunterhalt suchten die ältesten Bewohner wohl in der Fischerei, die ihnen folgenden Deutschen in dem Ertrag der Jagd. Seit dann die Sorbenwenden im 6. Jahrhundert ihren Einzug hier gehalten hatten, haben Viehzucht und Ackerbau der Bewohnerschaft als Nahrungs spender gedient, und das ist auch weiterhin so geblieben, wenn auch der dürftigen Bodenbearbeitung mit dem wen dischen Holzflug die bessere der nachmaligen deutschen An siedler mit ihrem Eisenpflug folgte. Jahrhunderte lang hat man aber an der sogenannten Dreifelderwirtschaft fest gehalten, bis dann etwa seit 100 Jahren eine vielgestal tigere und umfassendere Bodenbearbeitung hier aufkam, die man etwa von der Mitte des vorigen Jahrhunderts an durch Anwendung von allerlei Maschinen und eine ge steigerte Kunstdünger-Anwendung immer ertragreicher zu gestalten wußte. Das religiöse Leben der Bewohner, das sich zunächst in heidnischen Bahnen bewegte, fand nach Unterwerfung des Landes durch die deutschen Ritter im Christentum seinen Mittelpunkt. Im Jahre 1583, nachdem die Refor mation ihren Einzug gehalten hatte, kam der erste evange lische Geistliche Bartholomäus Walde nach Bischdorf. Das Kirchenwesen wurde dann der neugegründeten Super- intendentur zu Bischofswerda unterstellt, bei der cs bis zu deren Auflösung im Jahre 1870 verblieb, wonach es dann der Ephorie Radeberg zugewiesen wurde, bis es am 1. Oktober 1926 zur neuen Ephorie Löbau kam. 16 Pfarrer haben seit den Tagen der Reformation der Gemeinde ge dient. Das Ktrchengebände ist im 12. Jahrhundert er richtet worden. Im Jahre 1886 erfolgte die Vergrößerung mit Anbau und einem massiven Turm. Um das Kirchen-