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in Böhmen und seine eheliche Hausfrau Margaretha" einen 'Beitrag zur Ausbesserung des „Gäblers" ausgesetzt, dafür aber die Errichtung eines Kreuzes vom Rate der StadtZittau gefordert haben. Die Urkunde lautet, „daß wenn der vor genannte Gläntzel mit Tode abgehet, so sollen und wollen wir Bürgermeister und Rath ein steinern Creutz an den Weg und Strasse bauen in solcher mässe, daß man darbey erkennen mag, daß er solche Güte und Gnade zu dem Wege und Strasse gethan hat ohne Hinderniß und Aufschub. Actum am S. Elisabeth Tage 1392." Die bewilligte Summe betrug 70 Schock Groschen jähr lich, die Hans Glänzel als Renten und Zinsen aus Be sitzungen in und um Zittau zog. Offenbar waren die Stifter wohlhabende Leute: da sie als Bürger von Kuttenberg in Böhmen angeführt werden, so liegt die Annahme sehr nahe, daß sie wohl aus Zittau selbst stammten, wenigstens Hans Glänzel, und mit dem in Kuttenberg hoch entwickelten und sehr ergiebigen Silbcrbergbau in Verbindung standen. Ohne Zweifel gehört das Steinkreuz von Eichgraben zu den älte sten unsrer Gegend überhaupt. In diesem Zusammenhänge glauben wir bemerken zu müssen, daß das Vermächtnis, das Hänsel Glänzel und seine Ehefrau Margaretha in ihrem letzten Willen zugunsten der Stadt Zittau aussetzten, zwar der Höhe der ausgeworsenen Summe nach einzigartig dasteht, im übrigen aber keine be sondere Erscheinung jener Zeit bildete. Vielmehr beruht das Vermächtnis Glänzels aus einer wahrscheinlich frühmittel alterlichen Rechtsgewohnheit, die später, im lö.Iahrhundert, mit Gesetzeskraft ausgestattet wurde. Der Sachverhalt ist in Kürze folgender: Die Unterhaltung aller Wege, besonders aber derer, die mit einer Pflasterung versehen waren und deshalb Stein wege genannt wurden, erforderte sehr hohe Summen, die ein Privatmann niemals hätte ausbringen können, deren Ausbringung aber selbst einem Gemeinwesen mit der Steuer kraft seiner Bürger schwer fiel. Infolgedessen bürgerte sich der Brauch ein, daß wohlhabende Bürger einer Stadt dieser in ihrem Testamente einen größeren oder kleineren Betrag als Vermächtnis, als Seelgeräte, wie man sich auszudrücken pflegte, aussetzten mit der Bestimmung, diese Summe — meist Zinsen eines festliegenden Kapitals — als Beitrag zu den Wegebaulasten zu verwenden. Das erste Beispiel hier- für finden wir bezüglich Zittaus in einem Stadtbucheintrag aus dem Jahre 1383. In diesem Jahre setzte die Catharina Crose, die Ehefrau des Zittauer Bürgers Hermann Crose, in ihrem letzten Willen ein Vermächtnis von 3 Mark „zu den Steinwegen" aus, und zwar „eine Mark zu dem Stein wege gegen der Gabel, und zwey Mark zu dem Steinwege nach Hirschselde." Dieser Rechtsgewohnheit verlieh das 16. Jahrhundert Gesetzeskraft. Jedenfalls lassen die Zittauer Statuten von 1567, die wiederum nur eine Neubearbeitung, Verbesserung und Erweiterung der Statuten von 1510 waren, keinen Zweifel, daß ein Testament, mochte es auch im übrigen allen in den Statuten geforderten Formvorschriften genügen, trotzdem nur dann rechtswirksam war,-wenn es ein Ver mächtnis zum Nutzen der Allgemeinheit, insbesondere ein Straßenbaulegat, enthielt. Die betreffende Stelle der Zittauer Statuten lautet, ein jeder, der sein Testament machen wolle, solle „erstlich bedenken, daß ein jeder vornehmlich verpflicht und schuldig ist, Gottes Lob und Ehre, auch gemeinen Nutz zu mehren und zu fördern: denn maß mag löblicher, auch Gott gefälliger und gemeinen Nutz förderlicher angelegt und dem Testamentmacher Ehrlicher und Seeliglicher sein und länger in Gedächtnüs der Menschen verbleiben, denn maß zu Gottes Ehre, gemeinem Nutz, zu Erbauung Wege und Stege, auch zu erhaltunge Mauern, Torme, Pfordten, Graben und Brücken neben dem, das zu Gottesdienste verordtnet, bescheiden, beriehmbt und verschafft wird, welches alles denen Einwohnern der Stadt, Geistlichen und Weltlichen Personen, Arm und Reich zu gutKombt, darunter Wilden und Waysen beschützt und beschirmet, Menniglich in guten Friede und Sicherheit erhalten wird." Dort, wo die Gablerstraße die Pfaffenbach überschreitet, teilt sich der Weg in drei Arme. Der eine führt auf der rech ten Seite der Schießstände des ehemaligen 102. Infanterie regiments entlang über den Sattel, den Heide- und Zigeuner berg mit ihren ziemlich steil abfallenden Flanken bilden, nach Lückendorf. Der mittlere Arm, die eigentliche Gabler straße, führt über den sog. Stoß und das Ausgespann, auf dem sich das Lückendorfer Forsthaus befindet, ebenfalls nach Lückendorf, wo er die Retchsgrenze überschreitet, und dec linke Arm, mehr ein Waldweg als eine fahrbare Straße, bringt uns in einer Knappen halben Stunde an die Grenze von Hartau und damit ins Weißbachtal. Dem rechten Arme wollen wir auf unserer Wanderung, die uns weniger land schaftliche Reize offenbaren als vielmehr geschichtliche Er innerungen wachrufen soll, nicht folgen. Wohl aber müssen- wir die Gablerstraße, die Straße über den „Gäbler", wie der Lückendorfer Paß seit ewigen Zeiten genannt wird, ein Stück emporsteigen. Rechts und links von Laub- und Nadel wald bestanden, bringt sie uns schon nach einer reichlichen Viertelstunde an den Punkt, an dem die sog. „Alte Gabler straße" abzweigt, um in zwar kürzerer, dafür aber erheblich steilerer und beschwerlicherer Linie den „Tisch am Mühlstein berge", den oben erwähnten Stoß, zu erreichen und sich hier wieder mit der „Neuen Gablerstraße" zu oei einigen. Wenn wir die „Alte Gablerstraße" hinauf wandern, dann können wir heute noch sehen, daß sie in der Tat dereinst ein Stein weg war; denn fast in ihrer ganzen Länge weist sie eine Pflasterung aus Basaltblöcken auf, die offensichtlich dem 16. Jahrhundert angehört und ein schönes Beispiel dafür bietet, wie unsere Vorfahren zu pflastern pflegten. Vielleicht stammt die Pflasterung gar aus dem Jahre 1581: denn wir wissen aus einem Bericht in Carpzoos „Historischer Schau platz der Sechsstadt Zittau", daß der Zittauer Rat 1581 beschloß, „einen neuen Weg durch den Stein-Felß hinaus zu brechen." Die Arbeiten zum Straßenbau begannen am 4. Juni 1581 und endigten bereits nach neun Wochen. Da bei mögen wohl 10 oder 11 Arbeiter Beschäftigung gefunden haben: denn die Durchführung des Baues erforderte 583 Tagewerke. Leider können wir nicht mit voller Sicherheit sagen, ob die Arbeiten im Jahre 1581 gerade an dieser Stelle der Gablerstraße, die wir heute die „Alte Gablerstraße" nennen, ausgeführt worden sind. Dafür spricht die Wendung, der Rat habe den Weg „durch den Stein-Felß hinauf brechen lassen" — dagegen spricht die Zahl der Tagewerke: denn in neun Wochen mit insgesamt 583 Arbeitstagen hätte die heutige „Alte Gablerstraße" nicht über den Abhang des Heideberges geführt werden können. Wahrscheinlich ist aber im Jahre 1581 nur ein Teil der „Alten Gablerstraße" ne« aus dem Felsen gebrochen worden. Am „Stoß" angelangt, genießen wir einen wunder schönen Blick in einen mit Laubwald dicht bestandenen Grund, in dem sich die Goldbachwasserleitung der Stadt Zittau befindet und der dort ausläust, wo am Rande der