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Mit den Wursteln kann man „Würstclhuppen" machen. Aber da beißt man meist zu kurz, da gibt's nur ein halbes. Besser ist der „Würstelbaum". Da hängen ordentlich Früchte dran. In Drehsa war der Würstelbanm eine kleine freund liche Birke. Sie lachte ordentlich. Ihre Zweige wurden mit Doppelpaaren behangen. Da lachten die Augen der Dorfjungen, glänzten, leuchteten, sehnten sich und wurden ordentlich feucht vor Verlangen, als nun die Stange auf gerichtet wurde. Sieben Meter hoch! Eine tüchtige Stange! Und dick! Bubenblick maß Länge und Stärke mit gelindem Gruseln . . . aber oben die Würstel! Es mußte gewagt werben. Drei Jungen versuchten es. Versuchten krampfhaft, den Blick immer nach oben, immer nach oben. Aber es ging kaum über die Hälfte. Und oben an der Spitze wehten die Würstel verlockend im Winde. „Noch einen Zng!" schrie die Menge. Es ging trotzdem nicht. Etwas abseits stand einer schon lauge, Peter, spähend, prüfend. Ein kleiner Bämms, wie man so sagt. Braun (der Hals fast schwarz-braun), stämmig, mit gewagten Augen, überhaupt nicht von ohne! Der zog sich Schuh und Strümpfe aus und — Verzeihung! — spuckte in die Hände, spuckte wieder und rieb sich die Sohlen ein, spuckte und rieb, rieb und spuckte. Man wollte den Baum schon tiefer hängen, da trat er in die Arena: „Ich werde Würstel holen!" rief er init eige ner Betonung und bestimmter Ausdruckskraft. Er sprang an, zog, schob nach, zog, schob nach. Munter recht munter, wie einer, der weiß, wo man Kirschen holt, die nichts kosten. Aber in der Mitte ging's langsamer, wirklich langsamer. Und pfui! spuckt der Bengel in die Rechte, und pfui! spuckt er in die Linke, und zieht weiter, immer „Spuck" und „Zug", „Spuck" und „Zug". „Feste! Feste!" schrien jetzt seine Kameraden, selbst an- gefeuert, „Peter, hol Würschtel!" Und Peter spuckte und zog und — ein mächtiger Jubel brach los — Peter hatte die Spitze, hatte den Baum, griff in die Zweige und erwischte . . . . vier Paar Würstel. Mit Hallo rutschte der kleine, flinke Kerl an der Stange herunter, nahm seine Schuhe, ging — ohne auf die Menge zu achten — beiseite und zerbiß zunächst zwei Paar Würstel mit Begeisterung. Mochten die großen Leute staunen, das rührte ihn nicht. Er steckte die übrigen zwei Paar Würstel in die Tasche — natürlich ohne Papier. Er mußte weiter. Preise holen. So kamen zu den Wursteln noch ein Bleistift, Feder halter, Radiergummi, eine silberne Mark (von einem nob len Herrn spendiert) und ein Klumpen klebrige Nutschbvu- bons, die alle Sachen hübsch zusammenleimten. Wo Peter aber auftauchtc, war er der Held des Tages .... Die großen Leute hatten gedacht, es ist vielleicht doch unmöglich. Und der kleine Dorfknirps hatte ihnen lachend eine Lektion gegeben: Es geht, was man will! Da ich dies schreibe, wird er längst im Bett liegen. Sicher klettert er noch im Traume den Würstelbanm hin auf und das selbstverständliche Siegerlächeln spielt um seinen Mund. All bas Frohe und Schöne des Tages aber, das Theater, das Singen, Spielen, Tanzen, Wetten und Wagen, und all die feinen Leute, die Prinzessin, die Fürstin, der Herr Professor mit seiner Frau, die Doktoren und Be amten, die unendlich gute und unermüdliche Schwester Martha, der Herr Vorstand und die Dorfleute, die so stolz auf ihn geblickt haben, werden ihm diesen Traum beleben. Wenn er am Morgen aufwacht, wird er der Held des Tages sein, und es bleiben, bis nächstes Jahr wieder Kinderfest am Kirschenberg in Dehsa ist. Und sicher: dann ragt wieder über die aufblühenden Linden sieben Meter hoch, kaum zu erklettern, verheißungsvoll der Würstelbaum, ein Siegesbaum! Was einst rnns fern? Belene Belbig-Iränkner Was einst mag sein, wenn meine müde Band Den letzten §aden aus der Nadel zieki, Und meinen Ringern, die das Mter krümmt, Ole letzte Kratt zu neuem lun eniklieki? Was wo kl gssckiskt, wenn meiner Llugen Lickt Dem trüben Sckein verglommner Kerzen gleickt, Vas Öl der fugend, das sie sanft entkackt, Zum letzten Blick ins Zukunktsland entweickt? O, nur ein Berz, das küklend neben mir Dem müden Oiter packt in warmem Scklag, Und sine Band, dis obns Karten Srikk Den letzten Weg zu glätten mir vermag! Lin liebes Wort: Scklak ein und sorg dick nickt, Oie Welt gebt weiter, du käst wokl gelebt! Lin Msnsck, der so beim letzten Stündlein spricki - Oer bei mir ist, wenn meine Seel enisckwebt. - So bitt ick mir's von Sattes Liebs aus, vatz sie mir diese Snadengüter sckenkt, vatz meiner letzten Worte leiser tZrutz Sick segnend in ein andres Berz versenkt! — Ein Institut für Pflege heimatlicher Kunst ist das Bautzener Stadttheater. Als solches hat es sich in den letzten Jahren immer deutlicher erwiesen. Das Theater zu dem gemacht zu haben, ist vor allem ein Verdienst des derzeitigen Theaterleiters Herrn Direktor Jrmler. Es ist kein Zufall, daß Herr Direktor Jrmler auch der letzten Versammlung des Vereins für Lausitzer Schrifttum, die in Görlitz stattfand, beigewohnt hat. Sein Erscheinen aus dieser Tagung war nicht allein dem Umstande znzuschreibeu, daß dort in Görlitz auf der Tagesordnung ein Referat stand über die Lage des deutschen Knlturtheaters, sonders auch dem Umstand, daß auch in Kreisen derer, die der Ver einigung für Lausitzer Schrifttum angehüren, die Verdienste Jrmlers um das oberlausitzer Schrifttum soweit cs sich auf Theaterliteratur erstreckt und um die oberlausitzer Schrift steller gebührend erkannt werden. Gerade die jetzt zu Ende gegangene diesjährige Spielzeit des Bautzener Stadtthea ters hat deutlich gezeigt, wie diese Bühne bestrebt ist, jun- ! gen lansitzcr Bühuenschriftstcllern zu Worte zu verhelfen. Das ist ein Verdienst, das nicht hoch genug angeschlagen werden kann. Die verflossene Spielzeit brachte nicht weniger als vier Uraufführungen, eine für eine Provinzbühne hohe künstlerische Tat. Von diesen Uraufführungen gehörten zwei dem oberlausitzer Schrifttum an. Das eine Mal handelte es sich um das Drama des oberlausitzer Schrift stellers Rudolf Gärtner (Hellerau), um die „Glocke von St. Peter". Von den lausitzer Bühnen hat keine das Werk herausgebracht, einzig dem Bautzener Stadtthcater gebührt das Verdienst, sich dieses Werkes angenommen zu haben. Die Aufführung war echt „heimatkunstlich" im doppelten Sinne: Dadurch, daß der Autor ein Lausitzer Schriftsteller ist und dadurch, daß der Stoff des Dramas der Lausitzer Geschichte entnommen ist, behandelte es doch den Glocken guß in Bautzen. Die „Oberlausitzer Heimatzeitung" hat seinerzeit ausführlich über das Werk und seine Auffüh rung geschrieben. Das andere Mal handelte es sich nm das Werk des Bautzener Lehrers Kruschwitz, des einstigen Schloßkantors in Stolpen, der dort das Robert Schumann- Liederspiel schrieb: „Die Andreasnacht", die gleichfalls aw Bautzener Stadttheater das Rampenlicht erblickte. Ist der Stoff auch nicht heimatlich-oberlausitzisch, so ist es doch der Komponist Kruschwitz. Auch über dieses Werk hat die „Ober lausitzer Heimatzeitung" seinerzeit berichtet, und es soll hier nur das Verdienst der Bautzener Bühne um die ober lausitzer Kunst rückblickend beleuchtet werden. Wir erinnern uns bei dieser Gelegenheit gern der liebevollen Aufnahme, die Wilhelm Friedrich (Reichenau) vor einiger Zett am