Volltext Seite (XML)
ziel, der Prinz-Friedrich-August-Turm. Wo unser Weg den Bergrücken erreicht und in den Wald mündet, ist eine Bank ausgestellt. Auf ihr lassen wir uns zu kurzer Rast nieder und halten von hier aus Rückschau. Das Auge schweift über das langgestreckte Sohland hinaus bis in die Bautzner, Weißenberger^'und Löbauer Gegend. Goldener Sonnenschein flutet aus den gesegneten Fluren, und das Herz jubelt auf vorFreude: Heimat, wie bistdudoch soschön! WieHn Garten Gottes ist das Land zu schauen! Nach zwei Minuten kommen wir an eins Wegkreuzung. Links führt der Weg abwärts nach Hainspach in Böhmen, rechts hinauf zum Turme. Letzteren Weg schlagen ivir ein und haben in zehn Minuten unser Ziel erreicht. Mitten auf dem Scheitel einer Bergeshöhe erhebt sich der stattliche Aussichtsturm, den rings Gehölz umsäumt. An dem Fuß des steinernen Luginsland schmiegt sich ein schmuckes Gast haus mit traulichen Räumen, in denen freundliche Wirts leute schalten, die uns einen höflichen Gruß bieten. — Südlich vom Turme breitet sich ein geräumiger, mit Kies überzogener Platz aus, umrahmt von schattigen Bäumen, von Lauben und einer Musikhalle mit Veranda. Der Prinz-Friedrich-Auaust-Turm, ein Ziegelsteinbau mit einem Balkon auf der Südseite, zeigt über dem Portale eine Gedenktafel mit folgender Inschrift: Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich August Herzog zu Sachsen ehrerbietigst gewidmet von den Besitzern - 1900. — Wir lassen uns unter einem schattigen Baume zu längerer Rast nieder. Mittagsstille liegt über dem Berge. Droben blaut der Himmel, einzelne Wölkchen ziehen träge an ihm hin, die Sonne brütet und bereitet köstlichen Ozon. Der Wald rings bewegt leise seine Zweige und erzählt im Flüstertöne aus vergangenen Tagen. Die umliegenden Felder sind menschenleer und liegen im Mittagsschlafe. Uber sie hin schwebt die wendische Mittagsgöttin. — Wie schön sichs hier doch träumen läßt! — Da kommt die freundliche Wirtin und bringt uns einen Labetrunk. — Wir besteigen nun den Luginsland, auf dessen Plattform über 100 Stufen führen. Eine herrliche Landschaft ist ringsum ausgebreitct! Die Luft ist so klar, und das Auge kann ungehindert in die weiteste Ferne schweifen. Fast zahllos sind die Höhen, welche rings um herübergrüßeu, zahllos die Ortschaften, die wir schauen! Welch reicher Wechsel von Feldern, Wiesen, Wäldern, Tälern und Höhen. Ein Bild zum Malen! Wenn man doch ein Künstler wär! — Zunächst nun den Blick nordwärts gerichtet, also in die Gegend, die wir eben durchwanderten! Da liegt Sohland vor uns in seiner ganzen Ausdehnung. Dahinter erheben sich die sagenumklungenen Kälberstcine zwischen Schirgiswalde und dem Bielebog. Im Hintergründe der Kälbcrsteine dehnt sich die lange Kette des Lzornebog, die östlich den Hochstein bei Dehsa und westlich den Drohm- bcrg bei Groß-Postmitz abschließen. Rechts von Sohland sehen wir Taubenheim und den böhmischen Grenzort Fugau. Weit aus dem Hintergründe von dieser Richtung her grüßt der sargähnliche Kottmar bei Walddorf—Ebersbach. Links davon blicken wir in die Gegend von Hochkirch und Löbau. — Westlich von den Kälbersteinen breitet sich die Schirgis- walder Gegend aus, und der Blick schweift hinein in das Cunewalder Tal. — Rechts vom Kottmar blicken wir ans das freundliche Städtchen Schlnckenau. Aus dem Hinter gründe grüßen die Kreibitzer Berge, unter diesen der turm gekrönte Tannenberg bei Klein-Semmring. Links vom Tannenberge zeigt sich der sagenreiche Tollenstein mit seinen Bergtrümmern. — Vor uns, nach Süden zu, liegt der 11/., Stunde entfernte Botzen, eine hochinteressante knltur- aeschichtliche Stätte, die wir nächstens einmal besuchen. Jetzt sind leider noch die Grenzen für den Wanderer gesperrt. Dort grüßt der Wolfsberg bei Schöulinde. Aus größerer Entfernung winkt von Süden herüber der kegelförmige Rosenberg bei Tetschen. Den südlichen Horizont schließt nach Sebnitz zu der Tanzplan ab. der deutlich an seinem mächtigen Turme erkennbar ist. Dorthin wallen wir später einmal wandern. Westlich davor, breitet sich der Unger bei Neustadt ans. Die Neustädter Kirche ist sichtbar. Den Hori zont nach Westen hin beherrscht der trotzige Baltenberg bei Niederneukirch, die wuchtigste Erhebung des Hochwald gebietes. — Ein fesselndes Bild! Besonders die böhmische Landschaft! Heimatluft weht herüber! Inselartig erheben sich die Berge aus ihrer Umgebung empor, und aus den Tälern und weiten Auen grüßen freundliche Ortschaften, rings mit lachenden Fluren! Wer das Bild etwa beim Sonnenglonz schaute, der wird es niemals vergessen! Ihm wird es immer wieder bei der Erinnerung vor Augen schweben. Nachdem wir unser Auge an diesem Bilde aeweidet haben, steigen wir wieder hinunter und nehmen Platz unten im freundlichen und behaqlicken Gastzimmer des an die Nord seite des Turmes angebauten Gasthauses. Zur Unterhaltung »ehmen wir das ausliegende Fremdenbuch zur Hand und blättern darin. Vielleicht stoßen wir auf die Namen von' lieben Bekannten und Freunden. Da fällt uns zunächst eine Widmung ins Auge: Du lieber Gast, in dieses Hauses Räumen Bor dir liegt bittend unser Fremdenbuch. Ein warmes Wort, ein Svruch, dein Namenszug §>!er einzuschreiben darfst du nickt versäumen. Nicht lästia fallen soll dir unsre Bitte, Für jede Gabe sei dir Danbeswort: Bewahrt wird dein Gedächtnis fort und fort, Nur rickte oft noch hierher deine Schritte! Wer weih, wie bald schon trennet uns das Leben Und scheidet unsere Wege weit, ach weit. Drum willst Du ein Erinnerung-wort uns geben, An die hier oben einst verlebte Zeit. v. 6. 11. 1905. Bergwirt Fr. Viertle und Frau. Wir stoßeu beim Blättern auf so manche hübsche Inschrift. Es mögen hier einige folgen: Wer die Heimat will lieben lernen, Der schweife nicht so in die Fernen. Obe» sei» mer gmase, Gsahn ho mer nir. Als rächt viel Nabel Und a Gwölk, a rächt dicks. Erst dic Erde, Dann die Sterne, Erst die Heimat, Dann die Ferne! Gott segne die grünende, duftende Welt — Und Jeden, den zaubrisch gebunden sie hält! Dich lieb ich von Herzen, mein duftiger Wald, Bon frohem Gesänge und Klange durchhallt, Mein herrlicher, einziger Heimatwald! Manche Inschrift hätte auch lieber unterbleiben können, doch jeder denkt, es recht gemacht zu haben. Auch wir tragen unsere Namen ein, nehmen dann Abschied von den freund lichen Wirtsleuten und versprechen ihnen, recht bald wieder- znkommeu. — Es geht nun hinab ins Hainspacher Tal. Die Grenzwache prüft unfern Ausweis und läßt uns dann passieren. Der Weg führt anfangs durch Wald, bis wir nach