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5S Gbsvlausitzsv Hsimatzeitung Nr. 6 das Durchhalten lahn-n oder ein braunes Pfeffernüßchen, vom Leckerli hin und wieder ein bißchen, daß deins braucht zu missen zum Fest süße Bissen. Sind mehr oder minder doch alle noch Kinder; wir müssen sie laben in Trübsal mit Gaben de- Liebe, die sie verstehen, die durch Gaum und Magen zu Herzen Geh, wackrer Geselle, sgchen. nun hin auf der Stelle: Tröste die Herzen, lindre die Schmerzen aus menschliche Weise! Glück auf die Reise!" 3. Weihnachten 1916. ^^chnee fällt draußen. Weiß und weich mummt sich ein der Heimat Reich. So muß Deutschland Weihnacht halten! Und die Iunaen und die Alten denken jetzt an ihre Lieben, was zum Schenken — noch geblieben. Vieles ist entsetzlich teuer, vieles nicht zu haben Heuer, zum Exempel: Hasenbraten. Aber Apfel sind geraten —, und die Niisse sollen fein, sollen aus — Rumänien sein!? Ruprecht schüttelt Bart und Haupt: Töricht sei, wer solches glaubt; um zu feilschen, muß man fälschen, deutsche Früchte flugs nerwelschen. Diese alle sind gewachsen In derLausitz und inSachse n. Unsere Bienen trugen beim wie im Frieden Honigsciin. Köstlich schmeckt der kranken Mutter solch ein Wäbchen Iwmenbutter! — Schnee fällt weiter. Weiß und weich hüllt sich ein der Heimat Reich. Draußen hält das Schwert die Wacht; Deutschland feiert — hcilge Nacht! Und es meint vor Herzeleid bittre Tränen diese Zeit, die doch sonst in jedem Jahr voller Licht und Freude war. Dreimal schon ins Kriegsgetümmel scholl das Gloria vom Himmel. Doch das „Frieden auf der Erden" will nicht wieder Wahrheit werden. Immer erden ferner klingen hören wir der Engel Singen. Lebens lichter löscht der Tod, Lebenslust des Krieges Not. Dennoch soll in deutschen Seelen Weihnachtsfrcude nimmer fehlen! Und wenn in der Tanne Grün nur ein Lichtlein sollte bliihn — w-nn in Ruprechts Säcklein suchen wir vergeblich Honigkuchen und e i n Apfel, eine Nuß uns den Schmaus ersetzen muß: auch dies Wenig kann bedeuten reich stes Glückbei deutschen Leuten! Hört nur, wie gen Himmel zieht hoffnunqsfroh ihr Weihnachtslied: Stille Nacht! — Voll still er Freude wird das heilge Fest uns heute. Deutsch ists, lautes Lärmen scheuen und sich tief im Herzen freuen. Selbst der Tränen Tau im Blick spiegelt nur das innre Glück. „Deutsches Herz, verzage nicht! Tu, was dein Gewissen spricht!" Haß, zerschmettre die Gemeinheit, aber sehne dich nach Reinheit, suche Schönheit, ring nach Wahrheit, Herzens Kleinod voller Klarheit! Und in Deutschlands Hetmwehschnierz weint der ganzen Menschheit Herz! Anmerkung. Anno siebzehn, wo wir Wruken H, immer Wruken mußten schlucken, sandte ich kein Weihnachtskistel, schrieb im keine Christepistel, lag im Bett vor Hunger krank. — Anno achtzehn — Gott sei Dank! — war ich wieder zwar gesund; doch es schwieg der Muse Mund. Ob sie neunzehn mich wird küssen, wer Kanns wissen? -) Wruken — Kohlrüben. In Erwartung des heiligen Christ I <^>ie Oberlausitzer Heimatzeitung möchte weih- nächtliche Beiträge haben — nichts leichter als das! Es kostet ja nur eine Reise ins Kinder land, ins Reich der Poesie, und flugs sind einige goldene Zweige vom Baum der Erinnerung ge brochen und dem freundlichen Leser dargeboten. Ich sehe mich als kleir es Mädchen in der blüten weiß gescheuerten Stube des alten Doktorhauses in Oberoderwitz stehen. Der alte Doktor mit der langen Tabakspfeife und den lustig zwinkern den Augen erzählte seiner Enkeltochter und mir, er habe gestern abend das Christkindl an einem blauseidenen Faden vom Himmel herabkommen sehen, gerade am Spitzberg vorbei! Mit ehr- sürchligem Staunen lauschen wir den Worten; doch bald brennt mir die wunderbare Kunde auf isr Seele und ich muß heim, sie meinen beiden Brüdern zu erzählen. Wie oft haben dann in jenen Tagen die drei jüngsten Schulmeisters kinder mit sehnsüchtigen Augen nach dem Spitz berg geblickt, ob auch sie das holde Wunder schauen würden! — Mit gleicher Ehrfurcht sahen wir unserer Mutter nach, wenn sie vor Weihnachten nach Zittau fuhr, um „'s Christkindl zu Haschen." Wie malten wir uns die Begegnung mit dem Christkindl aus, und die erste Frage, wenn sie heimkam, war: „Hast Du 's Christkindl gesehn?" — „Ja, es huschte eben um die Ecke der Weberstraße, als ich vom Bahnhof kam," hieß es dann. Ja, um Weihnachten herum wurde der guten Mutter das Erzie hungs-Werk leicht, sie hatte ja eine so mächtige Hilfe am Christ kindl, das durch alle Ritzen und Spalten der Fensterläden hin durch guckte, ob die Kinderlein auch fleißig und brav seien. Oft ließ ein mehr oder minder lautes Anschlägen mit der Rute an die Fensterscheiben es den Kindern gewiß werden, daß das Christkind draußen stand und horchte. Ich weiß noch jetzt, welche geheimnis vollen Schauer der Erwartung damals unserHerz durchzogen. Der Höhepunkt der Erwartung wurde erreicht, wenn sich nach vor herigem Rutenanschlag ans Fenster die Tür auftat und eine weihe Gestalt hereintrat, das Gesicht mit einem bis zur Hüfte reichenden dichten Schleier bedeckt, der mit silbernen und goldenen Sternen besät war. In der einen Hand trug sie einen Leuchter mit einem brennenden Licht, in der anderen eine Rute und eine Hocke. Sie ging im Zimmer auf und ab und sprach in folgendem Tonfall die Worte: ä—st—a—Z—u—st—c—6 „Ein'n schön'n gut'n Abend zu dieser Frist, c—k—st—6—k—6—6—st Herein schickt mich der heil'ge Christ, Ich sollte fragen insgemein, Ob fromme Kinder darinnen sein, Die fleißig bet'n und fleißig sing'n, Den'n wird der Christ was mitte bring'», Die aber nicht fleißig bet'n und sing'n, Den'n wird die Rut' um die Beine rumspring'n. O heil'ger Christ, komm' du herein, Die Tür' soll dir geöffnet sein." Herein trat nun der heilige Christ, durch eine Krone auf seinem Haupt als solcher gekennzeichnet, im übrigen genau so gekleidet wie die erste Gestalt, der Engel. Heiliger Christ: (in demselben Tonfall und auch auf- und ab gehend, sodaß sie sich immer begegnen): Ein'n schön'n gut'n Abend geb Euch Gott, Ich komm herein ohn' allen Spott, Ohn' allen Spott komm' ich herein Und frag', gibts fromme Kinderlein, Die fleißig bet'n und fleißig sing'n, Den'n werd' ich auch viel mitte bring'», Die aber nicht fleißig bet'n und sing'n, Den'n wird die Nut' um die Bein' rumspring'n. Engel: Ach, heil'ger Christ, sie sind nicht fromm, Sie haben ihre Eltern nicht vernomm', Sie hab'n sich gehadert und gezankt, Sie sind gesprung'n über Tisch und Bank. Heiliger Christ: Ach, das ist keine gute Mär, Wir woll'n da lieber zurückekehr'n, Und gehen in ein and'res Haus Und teil'n dort unsre Gaben aus.