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„Christlieb! Doos beengst du ieber deine Lippm! Harret aus in Geduld! Drno wird sich dr Saign schunne wieder eistelln! Die auf den Herrn harren, Kriegen neue Kraft!" „Gewieß, Hoanne! Aber wir senu Menschn, und unse Geduld hoat ainol a Ende. Amende miss mr n Saign wu andersch snchn. Und driin oben: mr wulln vrkeefn! Und Friedeln wulltch meine Wirtschoast or oalln andern oabittn." Hanne bedauerte, daß Schiene-Guttliebs Christlieb auch „zi dan gehirte, die ihrn Jung uff faalsche Waige hetzn". Sie glaubte seinen Beteuerungen, daß er es doch gut meine, nicht. Christlieb aber war von seiner guten Sache so über zeugt, daß er unbedingt — selbst gegen Hannes Willen — Friedeln zu ihrer Verwirklichung nötigen wollte. Er wartete Friedeln am Abend ab und legte ihm schlicht und überzeugend sein Vorhaben dar. Er fand volles Ver ständnis, sogar Begeisterung, eine Begeisterung, deren Friedel in neununddreißig Jahren nicht fähig gewesen. „Also du sißt, ich vrkeefe ni, weilet) erne gewinn wellte! OK, weil mich di Behältnisse zwing!" „Gewieß." „Und ihr zwee, woas macht ihr aus virzn Scheffeln! Deine Minna braucht kee Maidl drzu." „O die! Su eene wie die!" rief Friedel strahlenden Auges. „Und drno gitt ihr oarscht a di Ausbeute dr Tiefe, Friedel! Ihr ward sahn, ihr hübt Schätze!" Ja, die Schätze, die waren es nun vollends, was Friedeln reizte. Drei Kühe, zwei Ziegen. Ein oder zwei Schweine natürlich dabei, diese Allesfresser mästete man nur so nebenher. Die Speckseiten! Da konnte Minna den Winter hindurch sich aus der Räucherkammer bedienen. Ei, das sollten mal „Gewärmte" werden, da blieben die seiner Mutter Wüsten sand dagegen! Aber die Krönung des Ganzen, das waren doch die unterirdischen schwarzen Schätze! Herr Gott, was wird die Minna dazu sagen? „Si meentn, dr Wart vrn Grundsticke hätte sich veroillsacht, und do solltch itz a Geschäfte machen. A annr eenzgn Stunde mißtch a wulsthoabendr Moan feen. Sie tätn dan Vrkof glei a ihre Hand nahm, wennch wellte! Aber nee, soitch su, a Geschäfte will ich nt mach», a wulsthoabendr Moan moagch ni warn; denn woas nutzt uns, wie mr gestellt feen, vill Geld? Doas macht meine Froe ni gesund, n Grui n nimieh labendg, s Maidl und mich ni zifriedn. Tausend Toaler bar druffgeschloiu. Doas ander ginnch dan, darch di Oarbeit machn wird. Ich will mrsch ni bezoahln lussn, wennch kenn Finger krumm gemacht hoa!" So erzählte Christlieb in seiner biederen, offenen Art. „Also, Christlieb, meine Hand! s bleibt drbei!" „Aber, doaß dr Gartnerbauer nischt drfährt! Zweemol hoat ar mich schunn gesroit no dr Wirtschoast. Ich bin ni druff eigang, an liebst» wellte dar s ganze Durf reifrassn. Wenne nu goar noa vr dan Kohln wißte, do ginge mr doa glei goar ni vrn Lader!" „Su is raicht, Christlieb! Aber woas meenste, dar wird Ogn machn, wenn mir warn die schwoarzn Edelsteene hazu- breng! Ar solls Leitenhäusel hoan! Wenn unse Sache kloappt, drno wulln mr uns a a paar Iuhrn amol vrgleichn, dr Gartnerbauer und ich!" Es war ein Glück für die Lettenhanne, daß sie diese gottlosen Reden ihres Jungen nicht hörte! Brachten sie doch die vierzehn Scheffel Feld, drei Kühe, zwei Ziegen, zwei Schweine schon so aus dem inneren Gleichgewicht, daß sie heulend, betend, schreiend eine halbe Stunde tobte, bis sie zusammenbrach und von Friedeln ins Bett gebracht werden mußte. Freitag abend. Friedel wirft die Axt in die Ecke. Er tritt in die Stube wie der Gärtuerbauer, verdreht die Augen, räuspert sich so geräuschvoll wie möglich, spuckt kräftig aus, scharrt hinterher wie ein Hund mit den Füßen, pfeift, wenn die arme Mutter weint. Und sie weinte bitter; denn jetzt er reichte das Teufelsstück den Höhepunkt, schlimmer konnte es nicht mehr werden, jetzt mar der Junge toll, größen wahnsinnig. „Also, dr Handl is fertg!" Die Lettenhanne hielt sich mit beiden Händen am Stuhle fest. Sollte sie etwa doch noch wie jeden Tag in dieser Kar woche ein Schlimmeres erfahren? „Mir senn eeng: di Minna und ich, dr Gartnerbauer und ich, Schiene-Guttliebs Christlieb und ich!" Er mußte einige Augenblicke auf die Antwort warten, dann kam sie: „Oh, du verlorner Sohn! Eenig? Bist du denn eenig mitdenner Mutter? Bist du eenig mit den Voatr? Des Paters Segen bauet den Kindern Häuser, aber nie hältst du Voatrsch Saign gehoat zi su iebrspoanntn Plän'! Und vr oalln Ding, bist du denn eenig mit Gutt n Herrn?" „Doas denk ich!" sagte Friedel, indem er sich breit vor die Alte hinstellte. „Dr liebe Gutt hoat doas mit unsn Be stände sicherlich su gement, doaßn enner benutzn soll, doaß enner drmit wuchern soll. Und do wird a sich frän ieber mich! Und noa a Pfund hoa ich, mit dan ich wuchern war, ni ok n Brstand, noa a zweetes Pfund: di Wirtschoaft, dr Bodn. Wißt Ihr denn, woas drunter steckt? Nanu, rutt, rutt! Kohln! Uffn Suntch Kumm di Ardfoahrer aus der Stoadt, die warn di Kohln namvl vierrechn. Kohln, doas is schwoarzes Guld, doas is —" „Guld! Woas trachtste noa Gulde? Nach dem Reiche Gottes sollste trachtn! Doas Batn vergißte, seine Eltern vrachte, noa Gulde trachte! O Junge, nanu nimmts a Ende mit Schreckn!" „s wird!" Das war ein Wort aus Eisen. Der Lettenfriedel hats gesprochen! Es hätte sich jeder über ihn gefreut, der ihn so kühn und heldenhaft hätte stehen sehen und dies eine Wort sprechen hören. Das Glück halten aber außer der Lettenhanne, der das Verständnis dafür fehlte, nur die ebenEintretendcn : Der Gärtncrbauer und seine Großmagd. Während die Beiden Friedeln begrüßten, fuhr die Letten hanne keifend und weinend in der Stube umher, sodaß es der Minna kalt übern Rücken lief in der Angst, diese wütende Furie könne sie anfahren. Aber der Gärtnerbauer gab ihr durch eine Geste zu verstehen: nur austoden lassen! „Doas freut mich", sagte er dann zu Friedeln, vertraulich und sich der heimlichen Mummelswalder Sprache befleißigend, „doaß nu suweit gekumm is! Ich die ieberzeugt, ihr wardt euer Glick schunn machn. Mit gutn G-wissn fiehr ich dr di Minna zu. Sie is ja wie mei eegn Kind. Sie hoat kenn Voatr mieh, und ich denke, ich hoa se nu sechs Iuhre oas mei Kind gehaln." Der Minna quollen bei diesen rührenden Worten des Bauern zwei große Tränen aus den rotbewimpertcn Augen, konnten aber nicht über die dicken Backen hinweg, wes wegen sie sie mit dem Schürzenzipfel austunkte. „Und ane Wirtschoaft, Friedel, dodrzu wird Rot. Ich war schunn woas Poassndes ausfindg machn." „Doas wulln mr huffn", sagte Friedel, wobei er einen etwas listigen Blick zu seiner Braut scqickte. Nun wandte sich der Bauer an die Lettenhanne, die, in Angst und Zorn zitternd, zuhören mußte, wie man nur so über ihren Kopf hinweg verhandelte. (Schluß folgt)