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Ein anderes Original: der allmächtige Richter, ein großer, starker Mann. Der machte wirklich olles ganz; was defekt und gebrochen war, das brachte man zum allmächtigen Richter. Er sprach nicht unseren Dialekt, sondern schristdeutsch. Als seine Frau schwer krank war, hatte er ihr eines Morgens die Suppe gekocht und trug dann «'nen Teller voll zu ihr hin. Die Trau war aber unterdessen ruhig hinübergegangen. Als nun der Richter zum Bette seiner Frau trat und sah, daß sie tot sei, soll er gesagt haben: „Ra, wenn die Sache so ist, da suppst du nicht mehr." Sind das nicht Or'ginale nach heutigen Begriffen? Ich weiß es nicht; für mick sind es liebe alte Gestalten aus längst vergangenen Togen, Menschen, deren ich noch viele aufzählen könnte. Aber ich fürchte, ich würde langweilig werden, wie es so leicht alten Leuten passiert. Aber ich denke, für alte Leute ist die Oberlausitzer Heimatzeitung doch ein Sonnenstrahl, der vielleicht auch manch jetzt noch jungen Zeit genossen in späteren Tagen ein Stündchen Ruhe und Frieden in dem Streit und Kamps des Alltags bringen kann, Ruhe und Frieden in die leidenschaftlich ousoereizten Gemüter und daneben Liebe zu unserer engeren Heimat, zu unserer Ober lausitz eingräbt. Dos ist wohl eines der Ziele dieser Zeitschrift. Aber nicht bloß die Liebe zu unserer engeren Heimat soll es sein, sondern auch die Liebe und Treue zu unserem alten, lieben, großen, deutschen Vaterlande — wenn solches unserer so frei heitsliebenden und sreiheitsdenkenden Zeit nicht zu alldeutsch klingt. Die Liebe zu unserem alten deutschen Reiche, zu seiner G« schickte, die hat mich die alte Zeit gelehrt, hat sie tief in meine Brust gegraben. Und diese Liebe, wenn auch in kleinem Kreise, zu erhalten, dazu möge diese kleine Sache dienen. Im vorstehenden deutete ich bereits an, daß es nach 1870/71, als ick nach meiner Miiitärzeit noch ein Jahr in die Ziegelei ging, das ruhige, friedliche Leben verschwand — es galt ja nur, Geld zu verdienen; da wurde gehastet und gehetzt. Das Ge mütliche der alten Zeit war weg. Mit was für ein paar Pfennigen begnügten wir Arbeiter uns vor dem 70er Kriege, und konnten uns auch begnügen! Ja, wenn nur die Men- schen heute von Demokratie, Freiheit und Gleichheit leben und ihre Lebensbedürfnisse bestreiten könnten. Aber das gibt es nicht. Freiheit und Gleichheit nebeneinander sind nicht möglich. Diese zwei Begriffe stoßen sich eben in viel zu engem Kreise bereits stets an und dos Ergebnis? Sin wirres Durcheinander! Solches sehen wir ja nun tagtäglich. Wohin ist die alte, ruhige, friedliche Zeit ? B. D. Spruch Mensch, du bist Feuer, Schüre dein Feuer, Sonst bist du verloren Mensch, nur einmal wirst du geboren, -p. s. Am Kinderspieltisch unserer Voreltern „Der kleine Hausrat und Puppending, Wiewohl es ist gar schlicht und gring, Pon Blei gemacht oder von Erd, Haltens die Kinder doch gar wert, Tun es auch wie ein Schatz bewahren Und wie sein Gold zusammensparen." AMWs liegt ein eigenartiger Zauber in dem Spiel des Kinder. »WM Alle Keime seines Wesens, alle seinen großen und kleinen Züge seines Eharokters offenbaren sich in den Stunden, da es sich in glücklicher Selbstoergeflenheit ganz dem Spiele dohingibt. Mit einer geradezu allmächtigen Phon, taste schafft es die unscheinbarsten Dinge zu den großartigsten Herrlichkeiten um, ein Holzklötzchen zur geliebten Puppe, eine Wasserlache zum glänzenden See, einen Wegrain zur stolzen Festung, und berührt von des Daseins grauer Nüchternheit, wiegt es sich selig in dem goldenen Paradies der Illusion. Un glücklich das Kind, was nicht spielen kann! Es ist arm. bettel arm, und wenn seine Eitern über die Schake Golkondas ver fügten, es darf des Tagelöhners Kind beneiden, dessen Spiel zeug mit Pfennigen bezahlt ist. Ja, Kinderspiel — ein Kinderspiel! Aber wie das Spiel des Kindes Seele spieoelt, so ist das Kinderspielzeug ein Spiegel der Kultur einer Zeitepoche. Wie ost hat man nicht schon die überfeinerte Kultur der Gegenwart mit der llberfeinerung unserer Kinderspielwaren illustriert! Und wenn wir einen Gang an den Kinderspieltischen unserer Vorväter vorbei machen, werben wir noch auf manche Beispiele für diesen verwandten Entwicklungs schritt der alloemelnen Lebenshaltung der Großen und der Spiel waren der Kleinen stoßen. Solange es Kinder gibt, hat es auch schon Svielwaren ge geben. In der Urzeit waren sie allerdings von sehr einfacher Art, dafür aber auch von größerer Billigkeit; die ollgütige Mutter Natur war es, die sie in bunten Kieseln, schillernden Kittern, farbenprächtigen Blumen Kem Kinde umsonst spendete. Wohl bald haben indessen die Menschen, als sich ihr Formensinn ent wickelte, die menschliche Gestalt, tierische Figuren, die Geräte des täglichen Gebrauchs im kleinen nachaebildet und den Kindern in die Hand gegeben, welche sich damit auf dieselbe Weise be- schäft'gten, wie sie es von den Eltern sahen. Das alte deutsche Sprickwort: „Die Buben haben Lust zum reiten und zum Kriege», die Mädchen zu Docken und zu Wiegen" ist unzweifelhaft von jeher bestimmt gewesen für die Wahl des Spielzeugs der Knaben und Mädchen. Wenn wir freilich aufzahlen sollen, was sich an uraltem Spielzeug erhalten Hot, so kommen wir etwas in Verlegenheit, aber ohne unsere Schuld; es sind vielmehr die Kinder selbst dafür verantwortlich, die vor Jahrtausenden ebenso zerstörungs lustig oder, zarter ausgedrückt, „wißbegierig" gewesen sind wie die heutigen Kleinen, die ihr Spielzeug gar zu gern aus- einander nehmen, um zu sehen» wie es wohl inwendig aus- schaue. Indessen, ganz ohne solche Reste sind wir doch nicht. Zur Zeit, in der die Bewohner des heutigen Schlesiens die Bearbeitung des Eisens noch nickt kannten, Geräte und Waffen vielmehr aus goldglänzender Bronze fertigten, also einige Jahr hunderte vor Christi Geburt, da unterhielten sich dort die Kinder mit Klappern in Gestalt von Birnen, von Gänsen und Enten, die aus gebranntem Ton hergestevt waren, im Innern einige Steinchen enthielten und durch eingeritzte Striche oder durch Bemalung ein gefälliges Außere erhalten hatten. Und in der merkwürdigen, 2000 Jahre alten Kulturstätte zu Hallstatt im Salzkammergute wurden kleine Tiere aus Bronze gesunden, Ochsen mit großen geschweiften Hörnern, tzirscke mit mäckiigen Geweihen, welche wir uns recht gut als Spielzeug denken können, obgleich die Forscher in ihnen Weihegeschenke sehen. Vielleicht sind sie sogar beides zugleich? Opferten doch die Mädcken der Römer, wenn sie erwachsen waren, ihre Puppen der Venus. Die Puppe, die Docke ist entschieden das vornehmste aller Spielzeuge. Die tieibeirübte Mutter im heißen Nillande, die ihres Herzens Liebling verloren, wußte demselben Keine kost- barere Gabe, keine, die ihm beim erhofften Wiedererwachen mehr Freude hätte machen können, mitzugeben, als die so zärtlich geliebte Puppe! Im sonnigen Indien drückten schon im Allertume die kleinen Hindumädchen Puppen aus wertvollem Material, aus Elfen bein, an ihr braunes Herzchen; und die kleinen Griechinnen gar spielten bereits mit Gliederpuppen, welche die Frau Mama zusammen mit allerhand anderen Figuren genau wie in der Gegenwart auf dem Markte gekauft hatte. Auch im Mittelalter war die Docke das Hauplspielzeug der Mädchen; sie wird von den althochdeutschen und mittelhoch deutschen Dichtern am häufigsten unmittelbar als Spielzeug angeführt oder zu Dergleichen herangezogen. Aber die kleinen Mütterchen begnügten sich nicht mit ihren lieben Kindchen, die sie auss prächtigste herausputzten, um mit ihnen Staat zu machen; sie mußten auch allen den Hausrat haben, der zur Pflege eines Kindleins notwendig war. Vor allem eine Wiege, in welcher mit melodischem „Eiapo peia" da» Puppenkindchen sorgsältig eingeschläsert wurde. Dann