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mit Lichterpracht, Liedersang und Frohsinn. Knecht Ruprecht und die Seinen sind jetzt betrübt, sie möchten euch gern geben mit vollen Händen ihre köstlichen Gaben und können nicht. Einst werden sie lachen und jubeln wie ihr, wenn Deutschland frei sein wird, wenn es wieder hoch kann nach Not und harter Zeit. Dann singen wir mit ihnen aus übervollem Herzen am schönsten der Feste: O Weihnachtsglanz, o Freudenzeit, Dich lieben Kinder weit und breit, Dein grüner Baum, dein Lichterschein, » Die sollen deutsch für immer sein. O Weihnachtsfest, so wohlbekannt, Bring Freude neu ins Erdenland, In Liebe laß die Herzen glühn Und Lieder froh zum Himmel zieh'n. O Weihnachtskind, so lieb und fromm, Herein in alle Häuser komm', Bring' deine Botschaft, schenk dein Glück, Gib Frieden aller Welt zurück. E. G. Lade, Oberfriedersdorf. ÄIK—ZvO Weihnacht! Weihnacht! — Am deinen Glan; ein schwerer Flor Der deutschen Trauer. — Anssre Herzen zagen Im Weh der Seit. Kein Heller Iubslchor Wird kinderfroh das Hosianna tragen. And wie ein Paradies, das wir verloren. Klingt uns dis Wsihnachtsmär: „Euch ist heute der Heiland geboren l' Aein! keine Mär — Lhristkindlsin lädt uns ein Au kommen, daß uns frohe Botschaft werde. Nuf unsere Aot fällt lichter Weihnachtsschein And Engel künden: „Friede dieser Erde!" So laßt uns knien, dis Hände betend falten. Durch Not und Tod treu brüderlich vereint, Ernst, schlicht, zusammen deutsche Weihnacht halten! Marg. Aelchel-Karsten Mamsell Magdalenas Christgeschenk Skizze von Helene Helbig-Tränkner rannen die Flocken um den alten grauen Sandstein- felsen und hüllten das Dörslein in ei» weiches, schützen- WDA des Tuch, daß aller Lärm und alle Not wie ein fern, fern verhallendes böses Lied schienen. Aus den kleinen, strohgedeckten Hütten drangen ver einzelte Laute von Mädchensingen und der starke, andachtweckende Ton einer Harfe. „Ehre sei Gott in der Höhe" scholl aus jugend lichen Kehlen in die kalte Winternacht hinaus gleich einem ver heißungsvollen Iubellied. Man feierte die Weihnacht von 1813. Die Alten saßen beisammen und besprachen die noch immer ernste Zeit. Fremdstämmige Scharen kreisten in der Gegend um her. Die Stadt war voll von ihnen und besonders die Weber vorstadt litt unter der Einquartierung fremder Truppen. Da hatte man sich auch in dem versteckten Dörfchen zu sichern gesucht, und die Klüfte und Felsenlöcher des Berges hielten verschwiegen das Eigentum so manches vorsichtigen Einwohners verborgen. Schlimme, schlimme Zeiten sah das hereinbrechende Weih nachtsfest. Denn auch das liebe Städtchen Zittau war durch die ihm auserlegte harte Kriegskontribution an die Preußen nach der großen Völkerschlacht arg mitgenommen. Drin im Bauernstübchen aber wars dennoch fröhlich. Man saß um den Ofen und trank Würzwein, daß die Wangen rot und heiß wurden und lustige Scherze hin und her flatterten. Denn auch die männliche Jugend des Ortes hatte sich heute eingefunden. Diesmal strickten die Mädchen aber nicht, wie es sonst in diesen Wochen Brauch war, Binden und Jacken zur Bekleidung der tapferen Landwehr, sondern heute am heiligen Weihnachtsfeste griffen die fleißigen Hände nach den braunen knusprigen Leb kuchen, die Mamsell Magdalena, das Haustöchterchen, das auch die Harfe meisterte, immer und immer wieder in der Runde an bot und die jungen, prächtigen Zähne der Mädchen und Burschen schnurpsten mit Behagen das köstliche Weihnachtsgebäck. Man scherzte und neckte sich nach Kräften. Luise, das Kantor töchterlein, ein ausgelassenes Iüngferchen, dem der Schalk im Nacken saß, schlug vor, Pantoffel zu werfen und aus Apfelschalen den Namen des Zukünftigen zu lesen. Man brachte Apfel herbei, und die Schalen flogen von rechts und links über die Köpfe der Mägdlein hinweg. Die losen Burschen konnten sich nicht genug tun im Essen und Wersen. Auch ein Spieglein wurde an die Wand gehängt und es fügte sich, daß gerade die lustige Luise Steinert den Hans Nettelbarth hinter sich sah, als sie ganz zufällig in das Glas schaute. Ein lautes Gelächter schallte hinter ihr, als der Bursch vergnügt nach ihrer Hand haschte. Magdalena Schweriner sah etwas sinnend in die laute Fröhlichkeit zu dieser Weihnachtsstunde. Sie hatte ihre jungen Freunde bei sich versammelt, ihr Pater, der ein an gesehener Bauer im Ort war, gewährte seinem einzigen Töchter lein gern diese Freude. Denn seit sein liebes Weib ihn und die Magdalena allein gelassen und oben auf dem Friedhöfe der Ruine ihre letzte Wohnung bezogen hatte, war es still im Hause, und der Bauer wollte, daß sein Kind nicht einsam war. Die Base Anna, die sein Hauswesen mit versorgte, war nicht mehr jung und vermochte auch nicht, Leben ins Haus zu bringen. Magdalena war ein eignes, sinniges Mädchen. Eie fragte nicht viel nach den Frenden der Welt, und die harte Kriegszeit hatte auch ihrem Gemüt einen noch ernsteren Ton verliehen. Auch die Burschen des Ortes hatten kein Glück bei ihr, obwohl manch Einer auf das besonders stille Mädchen, das so schön die Harfe meisterte und einer so reichen Mitgift gewiß war, ein Auge . geworfen hatte. Vielleicht war die Liebe noch nicht in ihr erwacht, vielleicht auch hatte einmal schon ihr Herz gesprochen, einmal im grünen Walde, wo sie öfter dem Jäger begegnet war, der oben in den Hütten gegen das Böhmische wohnte, aber der war schon versprochen ge wesen und hatte bald darauf eine von der böhmischen Seite gefreit. Er war nicht glücklich mit der Fremden geworden, sie war ihm im vorigen Jahre gestorben und hatte den Christian mit seinem Mägdlein allein gelassen. Dies alles mochte ihr wohl durch den Kopf gehen; ob das Mägdlein sein Ebenbild war, ob er den Dukaten noch auf bewahrte, den sie ihm gegeben, als er einmal bei ihrem Vater vorgesprochen und sich die Sammlung betrachtet hatte, die dieser sich von den alten auf seinem Grund und Boden gefundenen Münzen angelegt. Er hatte soviel Verständnis und Lust daran gefunden. „Kinder," sagte sie plötzlich, wohl um ihre Gedanken abzu lenken, „ich weiß ein neues Weihnachtslied, das hat mir unser Herr Pfarrer gegeben, es ist von einem, der heil aus dem großen Kriege zurückgekehrt ist, er hat viel schöne Lieder gedichtet, die man singen kann, wenn er auch ein Preuße ist. „Laßt mich das Lied anstimmen." Sie sang mit ihrem schönen Sopran Max von Schenkendorfs Weihnachtslicd: Brich an, du schönes Morgenlicht! Das ist der alte Morgen nicht, Der täglich wiederkehret. Es ist ein Leuchten aus der Fern, Es ist ein Schimmer, ist ein Stern, Von dem ich längst gehöret." „Ich hab die Weise ausgeschrieben," unterbrach sie sich, ging zu einem Wandbrett, dem sie ein geschriebenes Notenblatt ent nahm und gab es Luischen. Alsogleich neigten sich die jungen Gesichter über das Blatt und ihre frischen Stimmen erhoben sich zu feierlichem Gesang. Die Harfe tönte mit wundersamem Klang durch den Raum.