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Nr. KZ Gberlausitzer Hslmatzsttung 4SZ hellste Regenbogen. Die Wände sind glatt und reinweiß, an manchen leuchten grünliche oder bläuliche Sterne. Inden weiten Räumen wohnt ein alter, alter Mann, der ist so alt, daß ihm Haar und Bart lichter geworden sind wie der Schnee, wenn er vom Himmel herabrieselt. Er trägt einen großen, braunen Mantel aus festem Lodenstoff, die Füße stecken in hohen Stiefeln, den Kopf deckt eine Mütze, die mit Fell fein verziert ist. Das Gesicht, gerötet und sehr runzelig, sieht meist freundlich aus. Wenn ihr den Mann fragt, wer er sei, so sagt er, derWeihnachtsmann, den wir Ruprecht heißen. Aber glaubt nicht, er wohne allein da unten. Ihm dienen viele fleißige Gesellen und Gehilfinnen, das sind die Zwerge oder Erdmännel, Elsen und Feen. Die Zwerge sind nicht groß, aber geschickt und flink. Sie haben dunkelgraue Mäntel an und spitze Kappen auf, das ist gar spaßig anzusehe», wenn sie gehen. Die Elfen sind licht bekleidet in rein rosa Seide, haben weiße Flügel und über der Stirn drei zierliche Federn als Schmuck. Die Feen tragen fast durchsichtige Gewänder aus Himmelsblau, ihre Augen strahlen fröhlich, ans die lockigen Haare setzen sie hübsche Krönlein, die gleißen wie Glas, wenn es die Sonne trifft. Die Gesichtlein leuchten freudig wie die Morgenröte. Zwerge, Elfen und Feen sind gute, liebe Wesen, sie bienen dem Herrn Ruprecht, aber nicht wie die Menschen um Geld, sondern gern und in Freuden, das Arbeiten ist ihnen eine Lust. Was schaffen denn aber die lieben Kleinen? Sie fertigen das ganze Jahr über Spielzeug und Weihnachtssachen. In einem Saale wird fleißig gesägt, gehobelt, geschnitzt, angestrichen und lackiert. Es entstehen Häuschen, klein und nett, allerlei Tiere, Pferde zum Reiten und Ziehen, Figuren von Menschen, Reiter und Jäger, Kanonen, Wagen, Schlitten und tausend und aber tausend Schachteln, Kästen und Büchschen. Im Saale daneben wird gedruckt, gepinselt, gekleistert, gebunden, Bilder und Bücher, Spiele und bunte Scheibenbogen werden hergestellt, fein und in allerlei Sorten. Die Elfen arbeiten und verzieren Puppenstuben und Kaufmannsläden, sie setzen feine Möbel-und allerlei Gerät hinein. Die Feen nähen Kleidchen und Mützchen für kleine und große Kinder, auch Gewänder für Puppen in jeder Art, wie sie die Kinder immer gern haben. Jedesmal im Dezember ist am meisten zu tun, da schickt das Christkind seine Boten mit vielen Bestellungen. Wie rühren sich dann flink die vielen Hände, aber sie bringen fast nicht genug fertig. Der Ruprecht wandelt in den Stuben umher und sieht nach dem Rechten. Er braucht nirgends anzutreiben, sondern kann überall loben. Dann gelingt die Arbeit noch einmal so gut. In den letzten Wochen vor Weihnachten rücken die Zwerge in den Tann, dort holen sie die zierlichsten Fichten. Die werden mit Zuckermänneln, Äpfeln, Nüssen, Glas kugeln und Lichtern angeputzt, daß es eine Art hat. In der hei ligen Nacht wird der Berg fast leer. Nur zwei oder drei Zwerge bleiben als Wächter zurück, jeder trägt ein silbern Horn. Die andern alle, auch die Elfen und Feen, tragen die schönen fertigen Sachen hinein in Stadt und Dorf. Sie kommen ganz still und unsichtbar, denn ihr Meister hat ihnen Zaubermützen geschenkt, wenn sie die aufhaben, kann sie kein Mensch gewahr werden. Den Feen gab er feinen Samen von der Bärlappstaude in die leichten Schühlein —, nun treten sie unhörbar auf. Die Elfen schweben den Schmetterlingen gleich daher. In jedes Haus, wo Kinder sind, kommen sie, tragen einen Christbaum hinein und stellen neue, schöne Sachen darunter. In manche Stube, in der Betrübte wohnen, bringen sie Freude, den Kranken stärkende Ruhe. Was gibt das dann am Weihnachtsmorgen überall für Freude, die Kinder können sich bald nicht fassen. Doch die kleinen Getreuen dürfen nicht dabei sein. Wenn auf den Türmen die Hämmer bald die Mitternachtsstunde schlagen wollen, dann blasen die drei Wächter auf der Berghöhe mitihren Hörnern. Alsdann eilen die zierlichen Wcihnachtsboten geschwind heim, sie wissen warum. Ruprecht und das liebe Christkind haben ihnen in dem schönsten Saale beschert. Dessen Wände sind aus feinstem Glas, die Decke ist von Silber und goldene Sterne scheinen klar herab. Auf Tischen sind herrliche Gaben aufgestellt und ein himmlischer Lichterbaum. Wie köstlich das alles ist, geht garnicht aufzuschreiben. Lieder erklingen mit Engelweisen. Her nach wird gespeist unter dem flimmernden Baume, Honigkuchen und Marzipangebäck, dazu gibt es Nektarwein, der schmeckt so süß, daß ihn Menschenkinder überhaupt nicht trinken können. Da solltet ihr einmal sehen, wie sich die Kleinen ake freuen. Aber es wird noch hübscher. Sieben oder neun Zwerge holen dann Geigen, Flöten und eine kleine Trommel herbei, sie machen mär chenhafte Musik. Die Zwerge, Elfen und Feen tanzen duftig leichte Reigen, die spitzen Mützen wackeln lustig hin und her und die dünnen Röckchen fliegen. Dann steht der Ruprecht dabei, sieht zu und lacht, daß ihm die Tränen aus den Augen fließen. Zuletzt macht er seinen Lieblingen noch eine besondere Freude. In einer Tanzpause sagt er ihnen, es sollten zwei Wochen F.erien sein. Wie schön das ist, wißt ihr Kinder ja alle. Darum geht ein Hallo an, die Musikanten spielen einen Tusch, alles jubelt und lacht. Dann beginnt der Tanz wieder, zwei kecke Elfen umarmen den alten Ruprecht, er muß mit hinein in den tollen Reigen, ob er will oder nicht, sie drehen ihn rundum und walzen, daß ihm bald der Atem ausgeht. Das lustige Treiben währt bis zum Weihnachtsmorgen, wenn um 8 Uhr die Sonne erscheint. In den Ferien, sie dauern bis zum 6. Januar, darf ein jedes treiben, was es will, bald so wie bei euch, wenn die Schule ge schlossen ist. Nur hat da manchmal der Vater oder die Mutter etwas für euch zu tun, wenns euch auch nicht immer recht ist. Das ist hier nicht so, die kleinen fleißigen Leute haben ganz und gar frei. Die meisten von ihnen geben sich der Erholung und Ferienlust völlig hin, sie ruhen, lesen, lachen, tändeln und spielen. Andere, das sind die feinsten Köpfe, nehmen eine Arbeit vor, zu der sie sonst nicht kommen. Sie sinnen auf Neues. Ein noch nie dagewesenes Spiel, bei dem niemand verlieren kann, hübscher als die alten alle, Puppen, die nicht bloß sitzen und sprechen, son dern auch gehen können, zierlicheKleidchen in nettester Form, aus duftigstem Gewebe, Spielgeräte, die nicht alt werden und nie zer brechen, auch immer die Farbe hallen, solcherlei wollen sie erfinden. Wem das Glück hold ist, den belohnt dann Knecht Ruprecht. Isis ein Zwerg, so kommt er zur Musik, das ist ein begehrter Posten. Elfen dürfen beim Einfangen der goldnen Sonnenstrahlen Helsen, nach Neujahr steigt die Himmelskönigin ja höher aufund ihr Glanz wird stärker. Ein paar recht kluge Feen braucht der Ruprecht als Botinnen. Er sendet sie in alle Orte, Bestellungen zu besorgen, auch um zu erfahren, wer unter den Kindern recht fleißig ist. Zwei nimmt er als seine Dienerinnen an, der alte Herr kann sich nicht alles selber machen. Da er so freundlich und gütig ist, haben ihn alle lieb. Wer das Jahr über am rührigsten ivar, den sucht er sich heraus. Um ihn sein zu können, gilt als größte Auszeichnung. Ist das Ende der Ferien da, so geht es erneut ans Schaffen. Nach der Ruhe hat jedes frische Kraft und rege Lust. Es muß viel fertig werden, aller Borrat wurde zum Christfeste verbraucht, die Stuben sind sämtlich leer. Darum regen sich die Hände um die Wette in Ruprechts Reich, eine Freude, das zu schauen. Nun möchtet ihr wohl gern einmal in den Berg hinein, um seine feinen Räume zu sehen. Das geht nicht an, Knecht Ruprecht leidet das nicht. Bloß wer in der Nacht vom 24. zum 25. Dezem ber um zwölf Uhr geboren ist, der darf einmal einen Blick in die Wunderwelt tun. Wenn ihr aber recht fleißig seid, den Eltern folgt und die Mitmenschen liebhabt, so wird später aus eurer Seele wohl auch eine lichte Fee, die immer im Glück leben und andern Freude bereiten darf. Wollt ihr auch erfahren, woher ich das Märchen weiß? An einem schönen Herbstsonntage, es war im Oktober, die Sonne ging in der Ferne im Glanze unter und färbte die Wolken rot, da stand ich auf eurem Berge und schaute in die liebe Heimat hinein. Dort ist mir die Geschichte eingefallen, weil ich ein Sonn tagskind bin. Die lieben alle Erdgeistlein, und Elfen und Feen sind solchen hold. Die können klar in die Welt blicken, auch in die Erde hinein, gar durch die Steine hindurch sehen. Darum weiß ich auch noch etwas. Ihr deutschen Kinder habt seit Jahren jed' Weihnachten nicht viel erhalten. Ob da der Krieg schuld war? Sicherlich. Auch Knecht Ruprecht und seine vielen kleinen Ge hilfen müssen alles teuer einkaufen, sie leiden unter dem Mangel und können nicht mehr aus dem Vollen schaffen wie früher. Helft, ihr Kinder alle, daß wir bessere und billigere Zeit bringen, arbeitet, seid fleißig, spart, werdet tüchtig, daß unser liebes Land heraus kommt aus bittrer Not. Dann kehren die fröhlichen Feste wieder