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Schöppenbuch, während Scheibe sein eigenes Erbgericht hatte, sich aber später an das Gericht im Mitteldorfe anschloß. Aus der Zeit dieser Vereinigung stammt noch der Name Mittelrichter. Betreffs der Schulverhältnisse der Gemeinde Herwigsdors sei erwähnt, daß das Mitteldorf die älteste Schule hatte. Dort gab es schon 1560 ein Schulhaus, worin der Gerichtsschreiber wohnte, der zugleich auch Glöckner, Küster und Organist war. Nebenbei unterrichtete er. Dafür bekam er Naturalien von den Bauern, die ihre Kinder zu ihm schickten, und außerdem besaß er ein kleines Feld, das er selbst bewirtschaftete. Dieses hieß das Schullchu. 1597 wurde eine Scheune errichtet, die 200 Jahre später wieder erneuert wurde. Da nach und nach infolge der größer werdenden Schulkinderzahl die vorhandenen Räume zu klein waren, erbaute man 1893 die neueKirchschule für 27000Mark. Diese ist später noch vergrößert worden: denn sie mußte auch die schulpflichtigen Kinder aus Scheibe aufnehmen. Diese gingen zwar bis 1843 schon in die Kirchschule, wurden dann aber in das neuerrichtete Schulhaus in Scheibe geschickt, das am 17. Oktober 1843 seiner Bestimmung übergeben wurde. Wenn gegenwärtig die Kinder von Scheibe wieder die Zentralschule besuchen, so hat das seinen Grund darin, daß diese wie schon gesagt vergrößert worden ist, und daß sie besser gegliedert ist. Die Scheibeschule nämlich war dreiklassig, während die Kirchschule achtklassig ist. Auch in Oberherwigsdors besteht eine Schule. Wann sie ge gründet worden ist, ist unbestimmt. Erwähnt wird sie erst 1736. Es kann aber sein, daß sie schon vorher existiert hat. Der um das genannte Jahr amtierende Lehrer war Friedrich Mönch, ein Junggeselle. Ein späterer Lehrer, Tobias Schüller, verkaufte 1832 sein Haus als Schulhaus an die Gemeinde und trat in den Ruhestand. Das jetzige Schulhaus ist 1893 errichtet worden und kostete 21000 Mark. Zum Schlüsse noch ein Wort über die kriegerischen Ereignisse. Johann von Guben berichtet, daß 1312 die Ritter von Pog und von Swerticze mit ihren Reisigen von Gabel in Böhmen her in Herwigsdors einfielen und das Dorf niederbrannten, weil sie mit dem Herrn von Leipa in Fehde lebten. Bald darauf schlug sie jedoch Leipas Sohn mit Zittauer Bürgern bei dem Oybin so sehr aufs Haupt, daß sie das Wiederkommen vergaßen und 20 Ge fangene in den Händen der Sieger zurückließen.— 1363 machten die Prager Bürger mit 300 Geharnischten eineu Raubzug nach Herwigsdors und brannten die Pfarre samt der Scheune nieder. Hierauf stürmten sie auch die Kirche und trieben einigen Bauern das Vieh weg. Zittauer Mannschaften hielten sie aber bei der Stadt auf und nahmen ihnen ihre Beute wieder ab. — Während der Hussitenkriege fielen 1433 die Tollensteiner in das friedliche Dorf ein und'stahlcn, was sie fanden. Die Zittauer Bürger ver folgten wiederum die Räuber und Mordbrenner, wurden aber bei Warnsdorf von Siegmund von Wartenberg empfindlich ge schlagen. — Während des 30 jährigen Krieges wurde Hennigs dorf mehrere Male von den kaiserlichen Truppe», die unter dem Befehle des Heerführers Illo standen, arg geplündert, bis sie wieder von dem sächsischen Generalleutnant Ärnheim vertrieben wurden. — 1699, im Schwedenkriege, quartierten hier nachein ander sächsische, dänische und russische Truppen. Im November 1706 kamen auch noch schwedische Soldaten, vor denen Stadt und Land zitterten. Einige rohe Soldaten verübten grobe Ausschrei tungen: die Masse aber hielt ans gute Manneszucht. — Auch in den drei Schlesischen Kriegen hatte Herwigsdors viel unter der Einquartierung zu leiden. Am 22. Juli 1757 kam es in der Gegend von Oderwitz, Herwigsdors und Pethau zu mehreren Gefechten zwischen Preußen und Österreichern. — Während des Napoleonischen Krieges kamen mehrmals die Franzosen durchs Dorf. — 1866 erschienen hier österreichische Husaren, nach ihnen preußische Truppen. — 1870-71 und 1914-19 fochten viele brave Ortssöhne mit sürs Vaterland. In ihrer Mehrzahl dienten sie bei den 102 ern. Biele haben die Heimat nicht wieder gesehen: in fremder Erde haben sie ein frühes, kühles Grab gefunden. So haben wir ein Bild um das andere aus den vergangenen Tagen der Gemeinde Herwigsdors au unserem geistigen Auge vorüberziehen lassen, und der Wanderer kann wieder in aller Ruhe seinen Kaffee schlürfen und seinen Kuchen verzehre». Er mag aber die Eindrücke, die ihm vor die Seele gezaubert worden sind, mit in seine Stadt nehmen und bedenken, daß auch der stillste Winkel aus der Väter Tagen vieles zu erzählen weiß, und daß aus ihm zahlreiche große, tiefe und warme Empfindungen strömen. Aus den Leidenstagen unserer Heimat in vergangenen Kriegszeiten Bon Fr. Beruh. Störzner-Arnsdorf I. ont Arnsdorfer Erbgericht. itten im Dreißigjährigen Kriege war es. Kriegs geschrei erfüllte das Land und schreckte seine Be wohner. Wer sichere Schlupfwinkel im Walde oder Gebirge wußte, der suchte mit den Seinen sie auf, oder er brachte dort sein bewegliches Hab und Gut in Sicherheit vor den plündernden Horden. Da stellte sich aber 1632 auch ein Feind ein, gegen den man nicht mit Waffen in der Hand ankämpfen konnte und der auch die sichersten Verstecke aus findig machte, der vor niemandem zurückschreckte. Er holte seine Opfer zu jeder Stunde und in jedem Hause, bei arm und reich, bei hoch und niedrig. Auch durch Arnsdorf schlich er bei Tag und Nacht und verbreitete Furcht und Schrecken. Es war — die Pest. Ganze Familien raffte sie hin. Auch der Arnsdorfer Richter George Mechner ward mit den Seinen ihr Opfer. — Schwer war gerade diese ehrenwerte Familie vom Schicksal heimgesucht worden. Am 23. November 1631 war das Erbgericht nebst allen Gebäuden des Mitteldorfes ein Raub der Flammen geworden. Die Richter familie war mit vielen anderen des Dorfes nnn obdachlos. Dazu kamen noch die Greuel des Krieges. Die kaiserlichen Völker zogen raubend und mordend durchs Land. Wie sie es trieben, davon berichten uns Augenzeugen aus jenen Tagen: „Sie hausten wie Wilde, plünderten die Dörfer, legten sie in Asche und brachten viele Hundert Menschen jämmerlich um. Sie hatten ihre Säbel vergiftet und gebrauchten diese nicht nur gegen die Wehrhaften, sondern auch gegen die Wehrlosen. Da flohen die Landleute in Scharen nach den befestigten Städten, nm Sicherheit zu suchen, mußten aber, wenn die Stadt vom Feind genommen wurde, mit den Bürgern das traurigste Schicksal teilen. Die Schlimmsten unter den kaiserlichen Scharen waren die Hatzfeldischen Soldaten. Auf den Höhen bei Radeberg, Lichten berg, Großröhrsdorf und Bretnig hatten diese ihre Lager auf geschlagen und von hier aus machten sie täglich Raubzüge in die umliegenden Ortschaften, ängstigten und marterten die Bewohner, schlugen sie tot oder zu Krüppeln, stachen und schossen. Sie kannten in keinem Falle Erbarmen, verschonten weder Frauen, Greise, noch Kinder. Sie rissen alles, was sie benutzen konnten, an sich, alles andere verwüsteten und zerstörten sie mutwillig. In jedem Orte, den sie betraten, gab es Raub, Mord und Brand. Alles floh vor ihnen in höchstem Entsetzen, doch auch die Flucht konnte viele nicht retten. Mit teuflischer Bosheit schossen die Barbaren auf die Flie henden, gleichviel, wer diese waren und ob sie leer oder mit Hab seligkeiten beladen zu entkommen suchten. Wer ihnen zu Gesicht kam, wurde mörderisch verfolgt, wer ihnen in die Hände fiel, ward gemißhandelt, gequält, getötet. Biele wurden von ihnen geohrfeigt, daß sie taub wurden und das Blut nachging. Da verkrochen sich die Menschen bis in die dunkelsten Wälder, blieben Tag und Nacht in ihren Verstecken, bis sie endlich der Hunger oder die Kälte wieder hervortrieb. Gar mancher ist in dieser Zeit elend umgekom men, dessen Gebeine nachher zufällig aufgefunden wurden." — Diese Quälereien nahmen kein Ende. M. Klette, welcher damals Pfarrer in Großröhrsdorf bei Pulsnitz war, schreibt hierüber im Kirchenbuche wörtlich: Anno 1632, den 12. Julie, am 6. Trinitatisonntage.soderFeynd, das kayserlicheBolk, zu lign, lotzdorff, Radebergk, kleinrierßdorff, bei uns, zu Arnßdorff, Fischbach, Seligstadt eingefallen und rauben und plündern, in Kirchhäusern usw. erschrecklich schenken und Vieh ahn Kühen, ochsen und Pferden hauffenweise weggetrieben, übel geschlagen, gemartert, geschendet, Väter dreyige hier erschlagen V