Gbsrlausitzer Hsimatzeliung Gottesdienste. Denn der größte Teil der Kirche ist abgetragen worden, und zwar im Jahre 1896, just im selben Jahre, in dem der Baumeister Ernst Giese die neue Kirche den Radiborern übergab. Die neue Kirche ist groß und licht und schön, an künstlerischen Werten reicht sie aber nicht im entferntesten an das heran, was das alte Kirchlein in seinen Mauern wahrt. Wo dessen Schiff sich einst streckte, ist heute Rasen. Erhalten ist nur noch der Chor und die Sakristei, über die sich früher der Glockenturm erhob. (Abb. 1). An der ehe maligen Triumphbogenwand, die heute im Freien steht, leuchten durch Helle Tünche wert volle Reste von Wandmalereien aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Vor einigen Fahren hat man ein Schutzdach darüber gebaut, um sie vor Regen und Wetter zu schützen, aber Wind und Wetter schlagen nach wie vor daran, und nicht lange, so sind sie hinweggewaschen. Treten wir ein in den engen Raum) Dämm riges Licht umfängt uns. Bon den Wänden spricht es in lausend Sprachen von der Kunst gewesener Jahrhunderte. Denn da steht es dicht gedrängt von Altären, Statuen, Heiligen bildern und sonstigen Resten kirchlicher Kunst. An der linken Wand fesseln zunächst die Holz statuen der Madonna und des Evangelisten Johannes. Beide sind Schöpfungen der großen sächsischen Bildhauerschule, die im 13. Jahr hundert ihre Blüte entfaltete und von Freiberg ausging. Fn die gleiche Zeit gehören die Stifterfiguren im Dom zu Naumburg. Dicht dabei steht eine Reihe kleiner hölzerner Heiligenfiguren ans der Zeit der Hochgotik. Die Figuren haben sämtlich etwas Blockartig- Gebundenes. Nur die Köpfe sind frei und bedeutend. — In dem der dicht bei der Eingangstür an der linken Wand hängt, spiegelt sich die realistische Strömung wieder, die sich um die Mitte des 15. Jahrhunderts unter dem Einfluß der großen niederländischen Meister (der Brüder van Eyck und Rogiers van der Weyden) in Deutschland geltend macht. Die Herkunft von der idealisierenden Richtung der hoch gotischen Plastik ist zwar noch zu spüren in der Gewandung und in der 8-förmig stilisierten Biegung der Körper. Aber in der Prägung der Köpfe, in Haltung und Geste zeigt sich deutlich ein neues realistisches Streben. Im Schreine selbst stehen die Statuen der Maria mit dem Kindt- und di-r heiligen Barbara mit dem Turm (Abb. 2). Die Madonna ist von großer Schönheit und nimmt den Beschauer noch mehr gefangen als die vorhin Besprochene. Die Flügel zeigen in vier Bildern die Verkündigung an Maria, die Geburt Christi, die Anbetung der Könige und die Dar stellung im Tempel (Abb. 3 u. 4). Auf diesen Tafeln ist der niederländische Einfluß besonders merkbar. Aus der Verkün digung z. B. erscheint am Fenster der Rundbogen, auf den Ian van Eyck mit Vorliebe zurückgriff. Die weiblichen Typen zeigen das herbe Oval der Eyckschule. Die Männerköpfe streifen in ihrer Charakteristik mitunter beinahe ans Kari- katurhafte. Besonders der Älteste der heiligen drei Könige (in dem man vielleicht einen Stifter vermuten darf) ist da für bezeichnend. Hier macht sich der spezifisch deutsche Drang nach restloser Ausdrucksgestaltung Luft. Man darf den Altar wohl um 1450 anjetzen. köstlichen Altarschrein, Den Übergang zur Spätgotik vermittelt eine „Pietü" in der Nähe des Fensters (Abb. 5). Gemeint ist eine Hol figur der sitzenden Madonna mit dem Leichnam Christi auf dem Schoß. Eine seltene Arbeit von großer Verinnerlichung des Schmerzensausdrucks. Sie würde allein einen Besuch in Radibor lohnen! Zwei Statuen der „heil. Anna Selbdritt" an derselben Wand führen schon tief in die 2. Iahrbundertshälfte hinein (Abb. 6 u. 7). Die stehende Mutter Anna hält beide Male auf dem linken Arme die frauenhaft gebildete Maria, auf dem rechten das Christkind. Das eine Mal betet Maria das Kind an, das mit einer Weltkugel spielt. Aus derselben Zeit stammen die Statuen des heil. Georg als Drachenlöter über dem Altar und des Johannes Evan gelist» gleich links neben der Eingangstür. Alle diese Ar beiten gehören in den Kreis der Freiberg- r Bildschnitzerschule. Besonders deutlich ist dies bei dem sandsteinerneu Sakra mentshäuschen vom Jahre 1519 an der linken Wand. Eine im Dekorativen sehr schär,enswerte Arbeit. Die beiden Fi guren der heil. Barbara und des Jacobus Maior, die rechts und links von der mit dichtmaschigem Eisengitter ver schlossenen Sakramentsnische stehen, sind ziemlich un bedeutend. Aber der reiche und geschmackvolle Astwerk aufbau des Häuschens läßt unwillkürlich an die alte Frei berger Domkanzel denken (Abb. 8). Noch näher sind die Beziehungen der vorzüglichen Statue des Bischofs Benno (rechts vom Altar) zu der berühmten