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Handwerkskunst finden sich unter den meist rundbogigen Haus türen in wundervollerSchmiedearbeit oderEichenholzmitkräftig geschnitzten Ornameutefl. Wie wirken durch ihre Einfachheit die Bogen über der Brüdergasse, eine in Bautzen häufig angewendete Versteifung zwischen Nachbarhäusern. Unter Zerstörungen durch Krieg und Feuer hat besonders das Rathaus zu leiden gehabt, das.um 1213 erbaut, im Laufe der Jahrhunderte wesentliche Veränderungen erfuhr. Die Nordfront atmet barocken Geist, die Pilasterarchitektur des Südoorbaues stammt vom Umbau 1863, die reizvolle, aus drei Stockwerken bestehende Bekrönung des schlanken Turmes wurde im Jahre 1704 geschaffen. Eins fiel beim Rundgang durch Bautzen besonders auf, das war die meisterhafte städtebauliche Anlage. Nicht eines Bau künstlers Ideen verdankt doch Budissin seine Entstehung, sondern Jahrhunderte halfen diesewgeradezu vorbildlichen Plan schaffen Jede Straße lenkt des Beschauers Blick auf einen malerischen Punkt, jede Straßenkreuzung ist liebevoll ausgebildet. Über raschung hemmt ost des Wanderers Fuß, wenn sich ihm, noch in die Betrachtung schöner Fassaden versunken, plötzlich der Blick weilet und er auf einem j'ener schönen Plätze steht, an denen die alte Stadt so reich ist. So mar es, als sich uns das wundervolle Bild des Rathauses mit dem dahinter liegenden Dom erschloß. Es war gleichsam, als sollte durch die Aneinanderreihung von Plätzen eine innere Sammlung erzielt werden, eine Überleitung vom Wohnhaus zum öffentlichen Bau, bis man dann vor dem Gebäude steht, das in jeder Epoche der Baukunst die stolzesten Blüten trügt: der Kirche. Weihevolle Stimmung umfängt den Besucher im St.Petrt- Dom, einer der wenigen Simullankirchen Deutschlands. Das ein- facheHell des von schlanken, achteckigen Pfeilern getragenen Ge wölbes, der braune Ton des gebeizten Holzwerkes, das matte Licht, das durch gemalle Scheiben fällt und sich widerspiegelt im Gold, schließt sich zu einein Ganzen und zwingt allein zur Samm lung und Andacht. Wunderwerke des Barocks birgt der katho lische Teil in seinem marmornen Hauplaltar und dem prächtigen Chorgestühl mit seinen die Natur des Holzes verleugnenden Schnitzereien: während auf prolestantischer Seite besonders die geschmackvollen Fürsten-, Rats- und Orgelemporen desBeschauers Blick fesseln. Noch zu zwei weiteren geistlichen Bauten lenken wir unsern Schritt: zu der durch Neuein- bezw. Umbauten entstellten Micha eliskirche und den Ruinen der ehemals in Dacksteinarchitektur aufgeführten Mönchskicche. Als eine derHauptpflichten der Architekten gilt die Aufgabe, jeden Neubau dem Charakter der Umgebung anzupassen. Wie gut ist dies Gottfried Semper gelungen, dem der Auftrag zufiel, im Anschluß an den wendischen Turm eine Kaserne zu schaffen. Ein fach und schlicht ist seine Architektur, die das Zinnen- und Helm motiv des Turmes fortsetzt. Weniger glückliche Hand zeigten dagegen manche Bauten aus neuerer Zeit, die durch Anwendung unverstandener, mittelalter licher Formen jäh den einheitlichen Eindruck zerreißen, besonders auch dadurch, daß sie die so notwendige Beherrschung des Bau stoffes vermissen lassen. Wohl zogen vor dem Kriege Tausende deutscher Männer und Frauen weit in die Ferne, die Schönheit zu suchen: sie wußten nicht, daß auch unser engeres Vaterland Schätze-birgt, die jeden mit Heller Freude erfüllen müssen. Noch oft und gern werden unsere Gedanken rückwärts wandern und all die Schönheiten nochmals genießen, die uns das „sächsische Nürnberg" geboten hat. Am Molaifriedhof Durch den rundgswölbten Dogen im trotzigen Turm bringt man dich, müder Wandrer, zur ewigen Duh in den Garten des Friedens. Don der Kleinen Kapelle im zerfallenen Gemäuer tönt trauernd das letzte Abschisdsklingen der irdischen Welt. Inmitten der alten getreuen Heimatstadt mit den Erinnerungen verflossener Leiten wartest du auf das Kommende Sein. F. weist Talkenstein—Quitzdorf—Alt Liebel-Keule Von Richard Blasius m Ostende des Dorfes Welkersdorf bei Löwenberg in Schlesien stand früher die feste Burg Talkenstein, die nach allerdings unsichern Meldungen 1207 durch Her zog Heinrich dem Bärtigen errichtet worden sein soll. Ihre Besitzer nannten sich Talkenberg auf Talkenstein. Herzog Heinrich setzte einen Edlen von Talkenberg auf Plagwitz als ersten Burgvogt ein, nach dem das Schluß auch seinen Namen erhalten hat. 1368 kam das Fürstentum Iauer unter böhmische Landeshoheit, da die Landesherzöge ausgestorben waren, und da mit hörte auch das Burggrasentum auf. Die Güter wurden ver kauft und die Burg stand leer. Von den Talkenbergern seien hier besonders zwei genannt, Bernhard von Talkenberg und sein Sohn Christoph, beide be rüchtigte Raubritter und gefürchtete Parteigänger. DcrSchweid- nitzer Bund, eine Vereinigung von Räubern und Mordbrennern unter Führung des Hans von Oelsnitz, zählte neben den Herren von Fürstenstein, Lehnhaus und Nimmersatt auch sie zu seinen Mitgliedern. Inquisitionsakten im Görlitzer Ratsarchiv gewähren einen Einblick in das verbrecherische Treiben dieser adligen Frevler. Alle politischen Zwistigkeiten beutete dieser Bund für sich aus, und der Güterverkehr nach Sachsen war seiner schrankenlosen Willkür preisgegeben. So gefürchtet waren diese Schnapphähne, daß selbst Nürnberg und Breslau scheuten, offen gegen sie vor zugehen. Die Wirren der Hussitenkriege machten es den Sechsstädten unmöglich, dem Befehl des Kaisers Sigismund zur Zerstörung des Talkensteins nachzukommen, was die Talkenberger so sicher machte, daß sie selbst dem Herzoge von Sachsen Fehde ansagten. Als 1474 König Matthias in Böhmen und Mähren mehrere Raubnester zerstörte und ihre Herren henken ließ, halte er es auch auf den Talkenstein abgesehen, doch wurde er durch die Kunde abgehalten, daß die Polen Feindseligkeiten eröffnet hatten. 1475 fingen die Städte einen Spion der Talkenberger, namens Kanzler, bei dem sie ein Schriftstück fanden, das von den Räubern Walter Haubitz, Hans von Lüben, Adam Schwabe, Lorenz Gott hardt unterschrieben war, und worin sie sich Bernhard von Tal kenberg gegenüber verpflichteten, ihm den Zehnten des Lösegeldes zu geben, das sie für einen Gefangenen erhalten würden, den der Talkenberger auf seiner Burg für sie verborgen hielt, auch ver sprachen sie darin, den Aufenthalt des Gefangenen nicht zu ver raten. Weiter trug Kanzler einen Brief Christoph von Talken- bergs auf Lehnhaus, dem Schlupfwinkel der Bande, an seinen Brüder Bernhard auf Talkenstein bei sich, in dem zu einem Ritt nach Lehnhaus aufgefordert wurde, aber mit 20—30 Fußknechten, die heimlich kommen sollten. Ein zweiter Brief, geschrieben von Bernhard an Nickel von Rqmen, besagte, „es sei ein Anschlag zu Donnerstag Nacht gemacht, doch besorge er, daß er nicht mehr zu einem Ritt kommen werde, die Freunde säßen ihm zu weit, und sie möchten lieber mit 6 oder 8 Pferden in der Osterwoche zu ihm kommen auf sein Haus." Er schloß: „Ich bin soweit in das Pech gesetzt, daß ichs nimmer achte, es gehe mir wie Gott will. Den Brief zerreißt!" Christoph von Talkenberg war klug genug, sich von seinen Ge- sährien zurückzuziehen, des Königs Gunst zu erstreben, was ihm auch gelang, sodaß er 1477 beim Friedensschluß mit den Fürsten- tümern Schweidnitz und Iauer als Landeshauptmann von Glogau mitverhandelte und später Dewin bekam. Sein Bruder dagegen blieb der Alte. Seine Bande wuchs immer mehr an und wies neben Edelleuten auch heruntergekommene Lausitzer und böhmische Bauern und Bürger auf, die sich in wüsten Kirchen, Kellern und Schlössern aufhielten und auf den Raub von Pferden und Geld ausgingen. Daß ihre Zahl sehr groß war, zeigt der Umstand, daß ein Mitglied, ein gewisser Hans Gro, in die Gefangenschaft der Städte geraten, dem Behmgericht vorschlug, ihn freizugeben, wenn er dafür 40 oder 50 Räuber mit List in der Städter Gewalt bringe. 1476 sandte König Matthias ein Heer und befahl dem Land vogt Georg von Stein, sowie den Städten Schlesiens und der Oderlausitz behilflich zu sein bei der Zerstörung des Talkensteins.