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Der große Koffer Bon Sch. R. ichels Gottlob, das ist schon einer! Hat nichts wie Raupen im Kopfe. Es war noch vor dem Kriege. Auf seinem Haus boden stand ein gewaltiger Koffer. Überall war er im Wege. Hineinlegen konnte man auch nicht viel, da er in zahlreiche kleine Fächer abgeteilt war. Auch roch es da drinnen nach Moder nnd Motten. „Grad wie in einer Gruft," brummte Gottlob, als er ihn kürzlich wieder mal öffnete, um zu ergründen, ob denn wirklich gar nichts darin auf zuheben ginge. „Ausgeschlossen," sagt er zri seiner Frau. „Zerhäck's L ...spricht die. Der Gottlob würgt den schweren Koffer in den Hof und be ginnt mit Hammer und Axt zu hantieren. Seiner Frau fällt es auf, daß Gottlob gar so lange hämmert. Sie geht deshalb nach sehen. „Su e Viech," knurrt der Mann. „Ar is wie Eisen." Es ist wirklich nichts zu machen mit dem Ungetüm, das sicher noch aus Urgroßvaters Zeiten stammt. Die haben damals solide gearbeitet. Ein paar Beulen hat Gottlob dem schwarzen Gesellen beigebracht. Sonst nichts. „Ob ich's mit Feuer versuch?" fragt er seine Frau. „Dar brennt ne!" sagte sie. Eine Weile steht Gottlob verlegen vor dem Koffer. Auf den Boden mag er ihn nicht mehr „battallgen". Uber 1'/- Zentner wiegt er ja. „Ha," spricht er. „Ich hab ene Idee!" „'s werd a rechter Draik sein," sagt Ida, seine Frau. Sie traut ihrem Gottlob nicht, daß er den Koffer nicht entzwei bringen will. Sie kennt ihn zu gut. Ob er nicht irgend einen Unfug damit treiben wird, ehe er ihn zerhackt. Sie nimmt.die Axt und hämmert selbst. Ohne Erfolg. „Host rächt, Gottlob," meint sie, „ar is zu feste. Was haste den» für mit'n?" „Ich schaff'« ein Busch. Dort lad'ch'n ab." „Nu dos giht. Mog'ch d'r Farschter dermitte kümmern." „Glei heute obends schoff'ch'n naus. Ich war'sch Haasen soin. Dar kimmt mit." Haase war sein Freund. Er schickt sogleich einen Boten an Herrn Lehrer Haase. Der stellt sich ein und beide beratschlagen, wie sie das Ungetüm ungesehen in den Wald bringen könnten, um es auszusetzen, wie die Heiden ein krankes Kind. „Mußt einspannen, Gottlob," ratet der Lehrer. „Hm, ar hot's Gewichte. Wenn denkst'», daß mir fahren?" „Nun, um b-8 is schon finster heute. Spann nur immer ein." Das geschieht und nach einer Stunde liegt der Koffer auf dem Wage», sorglich mit einer Plane zugedeckt. Möglichst unauffällig fahren sie aus dem Dorfe hinaus. Sie haben sich beide etwas vermummt, um nicht vom ersten besten erkannt zu werden. Glücklich gelangen sie auf die Landstraße. Aber es kommen hin und wieder Leute. Die sehen sich den Wagen an. Was mögen die Zweie wohl für eine verdächtige Ladung haben? „Verdammt!" knurrt Gottlob, als ein Mann freundlich grüßt: „'n Abend, Herr Lehrer." „In den Busch können wir nunmehr den Koffer nicht mehr schaffen." „Hm, was machen wir?" / „Ich hab's," spricht Haase. „Wir fahren zum Schisser." Der Schisser ist der Schützenhauswirt, ihr guter Bekannter. „Hü," ruft der Gottlob und lenkt den Braunen zum Schützen hause. DerLehrer geht hinein und sagt zum Wirt: „Wir bringen einen Koffer mit. Ein schwerer Kasten. Am Bahnhof hat uns ein Mann gebeten, ihn mit zu Dir zu fahren. Er bleibt bei Dir immer über Nacht. Wir haben den Namen nicht recht verstanden. Aus Chemnitz oder woher ist er." „So, so," dienert der Wirt und geht hinaus. Der Gottlob hat die Plane abgenommen, und der Mond bescheint das Ungetüm. Der Wirt sieht den Koffer und sagt: „'n Abend, Gottlob. Der Koffer? Dan kenn ich. Dar is von der Firma Hartmann in Chemnitz, 's is e Glasreisender. Dar bleibt egal bei mir über Nacht. Gaht'n ock rei!" „Su eefach is dos nich," sagt Gottlob. „Dar Hot Gewichte." „Weeß ich. Dar is ne 's erste mal ei men Hause." Und nun schleppen die drei den alten Kasten ins Schützenhaus und stoßen ein paar Ecken ab. „Dunnerwater," schimpft der Gottlob Michel. „Siche Schand flecke!" „'s tut nischt," lenkt der Schießhauswirt ein. „Hartmann zahlt gut. 's kimmt wieder rei." Endlich steht der Koffer geborgen in dem Hause. Der Lehrer und Gottlob gehen in die Gaststube und trocknen den Schweiß ab. „Wenn'ch das gewußt hätt, su schwer, ich hätt'n ne ufgeladen," barmt Gottlob. „Nu laß ock gut sein. Was hat ar euch denn gegahn?" frägt der Schisser. „Uns gegeben? Wir könn doch nichts annehmen," sagt Haase. „O ju," wirft Michels Gottlob ein, „sollst uns was ze assen und ze trinken gähn, hat ar gesoit." „Das dacht ich mir doch," meint der Schisser. „Hartmann is immer nobel gewast. Ar verdient ja ooch genung mit sen Glas sachen. Was wullt'r hon: e Schnitzel oder Schweinsbratel? Hochfein heute! E paar gute Flaschet bring'ch ooch." „'s is egal, was de gibst. Mir sein frnh, daß mirn lus sein, dan Kasten," spricht der Gottlob scheinheilig. Als der Wirt draußen ist, brechen die beiden in ein unbändiges Gelächter aus. Dann tun sie sich gütlich, und der Braune mußte lange warten, bevor sein Herr ihn zur Heimfahrt antrieb. Beim Abschied sagt der Lehrer: „Gottlob, haste nicht no so en Kasten?"— Der Schisser hat Tag für Tag auf den Reisenden gewartet. Er kam nicht. Gottlob und derLehrer konnten auch weiter keine Auskunft geben. Nach 14 Tagen schreibt der Schisser an Hart mann nach Chemnitz. Die Firma teilt umgehend mit, daß z. Z. von ihr kein Reisender in der Lausitz auf Reisen sei. Der Koffer gehöre ihr nicht. Daraufhin erläßt der Schisser im Lokalblatte ein Inserat wegen des Koffers. Es meldet sich niemand. Bier Wochen sind vorüber. Nun holt der Wirt den Gemeindevorstand. Dieser bestellte den Schlosser und läßt den Koffer öffnen. Enttäuschte Gesichter. Nur Modergeruch steigt in die Nase. Die Sache wird immer geheim nisvoller. Der Gendarm trifft ein. Er notiert fleißig in sein Büchel. „Wer hat den Koffer hergebracht?" fragt er. „Michels Gottlob und der Lehrer Haase." „Michels Gottlob?" spricht der Gendarm und lacht. „Was lachste de denne asu?" fragt der Gemeindevorstand. „Da habt ihr euch veralbern lassen, wenn die Zweie 'n Koffer gebracht haben," sagt der Mann des Gesetzes. Die Anwesenden begreifen schnell. Jetzt fängt der Schisser an zu jammern: „Mei Assen, mei schienes Assen! Schnitzel und Bäffsteck. Und 4 Flaschel. Wer zahlt das?" „Hast ja 'n Kuffer dafür," wird ihm zum Tröste. „Warum läßt de Dich mit Gottlobe ei," sagt der Gendarm und geht seiner Wege. Aus dem Gachsenlande — In der Sächsischen Schweiz ist ein wuchtiges Ehren- malfür die Bergsteiger errichtet worden, die ihr Leben für Deutschlands Ehre gelassen haben. Den Vorzug, dieses Mal zu tragen, hat einer der prächtigsten Gipfel, die „Hohe Liebe" im Schrammsicingebiel: kein Modeberg, sondern abseits vom Strom der Massenwanderer, mit besonderen Reizen, vor allem von den Wandersreunden geschätzt als einer der schönsten Aussichtsberge. Dort fand am Sonntag, den 17. Oktober, die Weihefeier statt, schlicht und prunklos. Das Ehrenmal, geschaffen von der Interessengemein schaft, paßt sich autzcrordenliich stimmungsvoll der Umgebung an. Es besteht aus zwei aus gewaltigen Sandsteinquadern gebildeten Rundchulen, hinter denen sich eine Steinwand erhebt, Säulen und Wand gekrönt von einer wuchtigen Steinplatte. Eine in die Wand eingelassene Bronzetafel enthält die Inschrift: Den gefallenen Bekg- steigern IS14-1918".