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Zu der Verwertung der Schwefelkohle, welche als Düngemittel verkauft und verwendet wurde, trat später die darunter lagernde Braunkohle. Erst als 1836 der Grundstücksbesitzer Gottlieb Apelt aus Reichenau das in damaliger Zeit wenig lohnende Bergwerk käuflich erwarb, hatte die Geburtsstunde des Bades geschlagen. Apelt, als Wohltäter und Menschenfreund in weiten Kreisen geschätzt, hatte auf seinen Spaziergängen gern das Dörf. chen Oppelsdorf aufgesucht. Bor dem Kauf schon hatte er erkannt, daß außer der Braunkohle noch ein anderer Schatz in Gestalt einer wertvollen Heilquelle daselbst in der Erde schlummere. Noch im Jahre 1836 begann er Init dem Bau der ersten Ba-deansta l t, des jetzt noch im Gebrauch stehenden alten Albertbades, und zwar seines vorderen, Vorbau genannten Teiles. Dasselbe war mit sechs Badezellen und ebensoviel hölzernen Badewannen aus- gestattet. Aus einem unmittelbar nebenan liegenden Wasserschacht wurde das Mineralwasser mittels eines Schwungrades gehoben, in einem kleinen Kessel erwärmt und in solchem Zustande den Bädern zugeführt. Bald wurde deren Besuch ein reger, selbst aus dem benachbarten Böhmcrlande trafen zahlreiche Gäste ein. So stellt das 3ahr 1837 den Anfang des wirklichen Badebetriebes dar. Nach dem Tode des Besitzers im Jahre 1840 gingen dessen Oppelsdorser Grundstücke in die Hände seines Sohnes, des Pro fessors Dr. Ernst Friedrich Apelt, über. Obwohl derselbe zumeist in Jena weilte, ließ er sich die weitere Ausgestaltung und Ver größerung seines neuen Besitztums sehr angelegen sein. Er gilt als der eigentliche Begründer des Mineralwasserbades Oppen dorf. Infolge mancherlei von ihm vorgenoinmener Verbesserungen hob sich der Besuch immer mehr, besonders da Apelt auch für Unterkunft und Verpflegung der Kranken Sorge trug. Noch besser wurde dies von 1867 an unter seinem Besitznachfolger Johann Gottlieb Schröter aus Wustung bei Friedland in Böhmen. Das 1836 erbaute alte Bad erfuhr 1870 durch einen Anbau die erste Erweiterung, sodaß die Anzahl der Zellen auf dreizehn vermehrt werden konnte. Wir wollen es nicht als unsere Aufgabe ansehen, alle die Neubauten und Neugründungen sowie sonstigen Fortschritte des Badelebens von Oppelsdorf bis aus die gegenwärtige Zeit zu ver folgen. Nur einige Namen und Zahlen mögen noch seinen Auf- stieg zu seiner jetzigen Höhe darlegen. Im Jahre 1767 zählte der Ort in 29 bewohnten Gebäuden gegen 115 Einwohner. 1774 waren es laut Aufzeichnung 142 und sind um das Jahr 1800 jeden falls auch nicht viel mehr gewesen. Bon 1885 bis 1910 stieg die Bewohnerzahl von 177 auf 240. Einem Ortsplan von 1902 zufolge hatte Oppelsdorf zu dieser Zeit 146 Grundstücke, ein schließlich von Feld, Wiese und Wald. Die Anzahl der Kur- gäste hat sich innerhalb eines Zeitraumes von dreißig Jahren (1881—1911) von 294 aus 2052 vermehrt. Der Weltkrieg hat zwar eine bedeutende Verminderung derselben herbeigesührt, doch ist gegenwärtig wieder eine erfreuliche Hebung der Besucherzahl zu beobachten. 350 Wohnungen in jeder Ausstattung und Preis lage stehen zurzeit den Badegästen zur Verfügung. Seit 1891 erhebt die Badevcrwaltung eine Kurtaxe und von 1896 an er scheint eine eigene, zeitweilig sechzehn bis achtzehn Seilen um- fassende Kurliste. Im April 1917 ist eine Bädergesellschaft ge gründet worden zum Zwecke des Erwerbes der Oppelsdorser Bäder und zur Förderung des hiesigen Badelebens. Noch sei schließlich hier auf die Heilerfolge des Oppelsdorser Kur- gebrauchs verwiesen. Bon vorzüglicher Wirkung hat sich ein Aufenthalt in unserm Orte gezeigt bet Nervenkrankheiten, Gicht, Muskel- und Gelenkreiben, chronischen Gelenk-Entzündungen, Hautkrankheiten und Frauenleiden. Nach ihrem bedeutenden Gehalt an kohlensaurem Eisenoxydul steht die Oppelsdorser Stahlquelle aus gleicher Stufe mit Reinerz und Langenau, kommt Elster und Franzensbad sehr nahe und übertrifft Flins- berg und Liebwerda. Reich, ja überreich ist die nähere und weitere Umgebung von Oppelsdorf an lohnenden und fesselnden Ausflugszielen. Obwohl sie fast ausnahmslos einer längeren Betrachtung wert sind, soll ihrer heute nur in aller Kürze gedacht werden. Vielleicht bietet sich später einmal Gelegenheit, dieselben in eingehender Weise zu würdigen. Borausgeschickt sei die Be merkung, daß der Oppelsdorser Kurverein eine Menge stand- fester Ruhebänke und zweckentsprechender Wegweiser an den besonders in Betracht kommenden Wegen und Straßen der nächsten Umgebung aufgestellt und angebracht hat. In nordöst licher Richtung hat der rührige Reichenauer Gebirgsverein diese dankenswerte Tätigkeit bis weit über jenes Dorf hinaus fortgesetzt. An erster Stelle wird wohl jeder Spaziergänger seine Schritts nach dem nur ein Biertelstündchen entfernten, im südlichen Walde nahe der Landesgrenze gelegenen Oppelstein lenken. Von der Kirche aus, wo ein Wegzeiger nach dem Oppelweg, Oppelstein und Gickelsberg weist, wenden wir uns dem Rittergutshofe zu, durchqueren denselben, treffen später auf eine Bank und nebenan befindlichen Wegweiser, und steigen, am Walde angelangt, in diesem links aufwä'ts. Bald stehen wir am Ziele, einem stillen, von grünendem Nadeliorst umschlossenen Plätzchen. Hier erhebt sich der im Jahre 1913 feierlich geweihte „Oppelstein" mit fol gender Inschrift: Oppel-Berg. Die Herren von Oppel, gesessen 1261 auf Reichenau, Schlegel und Türchau, gründeten und er bauten Oppelsdorf um 1390." — Gärtnerische Anlagen und Bänke umgeben die Denkstätte. Mit diesem Spaziergang läßt sich anschließend ein Ausflug nach dem 566 Meter hohen Gickelsberg, dem natürlichen Wahrzeichen der Oppelsdorser Gegend, verbinden. Unser bisher eingeschlagener Weg leitet in seiner Fortsetzung längs der Landes- grenze in einem kleinen Stündchen mühelos bergan. Wer den Oppelstein zuvor nicht zu besuchen gedenkt, verfolgt den Weg durch den Albertpark und gelangt so in kürzerer Zeit noch auf den „Grenzweg". Ein braunes Dreieck auf weißem Grunde ist hier als Wegzeichen zu beachten. Als zweiter Zugang nach dem Berge kommt die aussichtsreiche Straße nach Lichtenberg und der Auf stieg am Endende desselben in Betracht. Es ist dies eine Teil strecke der kürzlich vom Gebirgsvereinsverband „Lusatia" her- gestellten südlichen Isergebirgs-Markierung: Kottmar—Hirsch felde—Oppelsdorf—Gickelsberg. Die Farbenmarke besteht aus einem roten aus weißem Grunde. Ans der österreichischen Seite der basaltischen Gickelsbergkuppe steht eine einladende Gastwirtschaft. Uber die einzelnen Punkte der herrlichen Fern sicht unterrichtet uns eine daselbst käuflich zu erwerbende muster- gültige Rundsichtszeichnung (von Franz Motz, Lehrer in Wetz walde). Vom Gickeisberge läuft eine gelbe Wegebezeichnung durch die Dörfer Ober- und Niederwittig nach der gewerbe fleißigen nordböhmischen Stadt Kratz au. Ebenfalls gelbe Wegmarken folgen dem Kammwege nach Osten, hinauf zu dem auf dem Südgipsel des 639 Meter hohen Kahleberges malerisch gelagerten Dörfchen Hohen wald. Eine zu einem Aussichtsturm umgestaltete vormalige Wind- wühle gewährt hier einen umfassenden Rundblick. Don diesem Orte aus hat der Reichenauer Gebirgsverein einen angenehmen Waldweg abwärts nach dem sächsischen Markersdorf mit gelb blauen Farbcntäselchen versehen. Die Entfernung Gickelsberg. Hohenwald beträgt eine Stunde und nach Markersdorf aber mals eine Stunde. Wer längeren Aufenthalt in Oppelsdorf nimmt, wird nicht versäumen, dem nahe gelegenen großen Industriedorfe Reiche nau nebst Markersdorf einen Besuch abzustatten. Bon der Reichenauer Straße zweigt außerhalb des Ortes Oppelsdorf ein etwas ansteigender Feld- und Wiesenweg ab, der uns bequem in dreiviertel Stunden dem Mittelpunkt des Dorfes in der Gegend der Kirche zuführt. Es empfiehlt sich, nach Durchwanderung des Ortes den fünfzehn Minuten von Haltestelle Markersdorf ent- fernten, vom Gebirgsverein zugänglich gemachten, mit Stufen und Bänken versehenen Steinberg seines vorzüglichen Aus blicks halber zu «rsteigen. Dasselbe gilt von dem dicht an der Londesgrenze gelegenen, mit drei Linden und einer Aussichts bank gekrönten Markersdorfer Wachberg. Der Aufstieg zu ihm erfolgt östlich der Schule jenes Dorfes und nimmt etwa zehn Minuten in Anspruch. An der Reichenau—Kunnersdorfcr Zollstraße beginnt eine blau-weiße Wegemarkierung, die das nach Nordosten sich ausbreitende Gebiet des sogen. Tschau- waldcs durchschneidet und in 1'/-Stunden in dem böhmischen Orte Dörfel an der Friedländer Bahnlinie endet. Tie Reichenauer Kleinbahn setzt sich jenseits der Landesgrenze fort und berührt daselbst die Ortschaften Hermsdorf, Ditters bach und Kunnersdorf. In der Bezirksstadt Friedland i. B.