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272 Gberlausitzsr Hermatzsiiung Ar. 24 Käufer ergießt. So werden Vergangenheit und Gegenwart auf den Bildern miteinander verwoben. Am Domstift, der Wohnung des Dekans und der Dom herren, mit seinem prunkvollen Portal geht es die Schloß straße hinunter zur Ortenburg: man schaut das gotische Tor mit dem Bilde des Kaisers Matthias dqrüber, die Auffahrt mit dem Hofrichterhaus und dem Ausfallpförtchen, von dem aus man einen herrlichen Blick auf die in der Tiefe brau sende Spree und den gegenüber liegenden Proitschenberg genießt, man schaut in die schmucke Georgenkapelle. Weiter geht es zur Nikolaikirche, dem gotischen Backsteinbau aus dem Mittelalter. Prächtig wirken die gotischen Fenster, in deren leere Höhlen der Himmel schaut, mächtig der alte Umgang. Von unvergleichlicher Stimmung ist's hier an Allerheiligen und Allerseelen, wenn auf den Gräbern, die nun in der Kirche liegen, die bunten Lichter brennen. Auf den wendischen Friedhof werden wir geführt. Heute ein friedlicher Ort, war er einst heiß umstrittenes Gebiet. 1429 stürmten hier die Hussiten gegen die Stadt. Schon glaubte man die Stadt in der Hand der Eroberer. Da in der höch sten Not erschien der Erzengel Michael und brachte Rettung. Ihm zu Ehren wurde die Michaeliskirche erbaut, die heute das Stadtbild ziert. Ein echtes Stück Mittelalter ist der Eselsberg. Berta Zillessen hat die Aufnahme so geschickt gemacht, daß man sich unmittelbar ins Mittelalter zurück versetzt glaubt und man sich nicht wundern würde, wenn eine Schar gewappneter Landsknechte aus dem Tore hervor gesprengt käme oder die Müllersknechte ihre Säcke be ladenen Esel den Berg hinauftreiben würden. Noch viele andere Bilder weiß die Serie von Bautzen zu zeigen. Die Ansichten sind insofern doppelt wertvoll, als sie nicht nur mit der Geschichte der Stadt vertraut machen, sondern zugleich — und zwar durch ihre Auswahl wie durch ihre Ausnahme — künstlerischen Sinn erziehen und auf das Gemüt wirken. Ein Geschichtskundiger der Stadt hat zu jedem Bilde erläuternde Worte gesetzt, die geschichtliche Kenntnisse vermitteln. So sind es reiche Gaben, die man von den Bildern mit hinweg nimmt, und sie verdienen es wahrlich, daß sie ihren Zweck erfüllen: in Schulen und Ver einen für den Reichtum und die Schönheit unserer Heimat zu sprechen, den Fremden Anregung zu sein, unsrer Lausitz die ihr gebührendeBeachtung zu schenken, in uns Lausitzern aber selbst das Heimatgefühl zu stärken. Denn die Heimat lieben heißt die Heimat kennen. MUMIMHIUllMMIiMUMUlHUUMUMIlMUMIllHHHttlUHHHHHUUUMMUHilMMMIMlH Die Kirche zu Lawalde O.-Lausitz Mit einer Abbildung von Richard Mättig, Großschönau man durch schlesische Kirchdörfer, so zeigen sich allenthalben alte Gotteshäuser mit separat stehenden Glockentürmen; teils sind sie steinern, ""5 dem 18. Jahrhundert zumeist stammend, teils auch nur hölzern, die dem 17. Jahrhundert angehören. In unsrem Sachsenlande sind meines Wissens nach nur noch zwei solcher Exemplare vorhanden: der steinerne Torturm der Stiftskirche zu Ebersdorf bei Flöha und der hölzerne in Lawalde Oberlausitz. Wenden wir uns letzterem zu. Bon der lieblichen Sechsstadt Löbau bringt uns harte Straße in einer Stunde nach dem rund 700 Bewohner zählenden Dörfchen Lawalde, an dessen Südseite die Kirche steht. Kommen wir vom Dorfplatze her, stellt sich uns sogleich der reizende Glockenturm in den Weg, gleichsam die dahinterstehende Kirche selbst bewachend. Wie reizend sieht er aus. In seinem massiven Untergeschoß be findet sich eine Durchfahrt zum Kirchplatz, die jedoch durch den, die Gewichte bergenden Uhrkasten sehr beengt wird. Das Ober geschoß besteht aus hübsch mit Schiefer verkleidetem Fachwerk mit malerischem Zifferblatt nach Norden, und wird von einer wuchtigen, ebenfalls schieferbeschlagenen Haube und Laterne be krönt. An des Turmes Ostseite hängt sich der überdachte Aufgang zum'Glockenboden. Nur 15 Stufen sind zu passieren und schon sind wir oben. Im festgezimmerten Glockenstuhle hängt noch eine Glocke, die große. Michael Weinhold goß sie 1698 in Dresden. Auf ihr lesen wir nebst allerlei weitläufigen Kollaturangaben den Reim: „Ich leut euch all zur Kirchen ein, wer kommt vnd hoert wird selig seyn." Sieben unverschließbare Schalluken lassen das nötige Licht in den Glockenboden. — Der Kirchplatz ist ringsum von Mauer oder Zaun eingeschlossen. Außer einem kleinen Ein gänge an der Südseite befand sich früher kein weiterer als der