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wollen sie vielmehr auch in ihrer Vergangenheit und ihrer Entstehung verfolgen. Und darum lassen wir einmal die Steine reden! Sie verraten uns ganz wundersame Dinge. In den Urzeit en bildete sich auf der langsam erkalten den Erde die dünne Erstarrungskruste. Weitere Ab kühlung und Zufuhr neuer Massen aus dem durch und durch glühenden Innern lieferten dann die verstärkte Panzer decke. Aber nirgends auf dem weiten Erdenrund treffen wir sie jetzt noch an — die Erstarrungskruste und die Pan zerdecks — denn sie wurden später wieder ein- und umge schmolzen. In diese Urzeit oder das Archaikum verlegte man früher auch die Bildung der sogenannten Urgesteine, wie Granit, Gneis, Glimmerschiefer und andere den Kern und Untergrund vieler Gebirqsmassive aufbauenden Gesteins arten. Unter anderem sollte neben dem Erzgebirge und den Sudeten auch der Granitsockel unserer Lausitzer Berge jenen Urzeiten angehören. Aber genaue Untersuchungen haben ge lehrt, daß nur einige wenige Stellen der Erde wahre Urge birgsreste sind (Kanada, Schottland, Finnland). Unser Lau sitzer Granit, auf den wir dann noch ausführlich zu sprechen kommen, ist zwar alt, aber keineswegs uralt. Jedenfalls haben wir in unserer Nachbarschaft Schichten, die weit älter sind als er. Wir brauchen nur ein wenig unsere Landesqrenze zu überschreiten, um bei der Freudenhöhe öst lich Trögelsberg und Spittelgrnnd Ablagerungen eines alten Meeres zu finden. Größere Mächtigkeit erlangen sie dann in dem Ieschkengebirge,dessen höchsterGipselaus dem stamm verwandten Nordböhmen herübergrüßt. Tonschiefer und andere zum Teil sehr barte, glimmerhaltige Gesteine bauen diesen stolzen, 1000 Meter übersteigenden Berg auf. Sehr ungenau nur wäre uns das Alter dieser Ieschkenschiefer be kannt,wären nickt in sie mancherorts,Heinersdorf,Christophs- grund, Svetla, Kalk lager eingeschoben. In diesem Kalke, der ja bekanntlich im Wasser entstanden ist, finden sich näm lich Spuren ehemaligen Lebens in Form von Versteinerungen oder Fossilien. Diese dienen uns als Wegweiser durch das oft viel verschlungene Labyrinth der geologischen Zeiten oder Perioden. Freilich sind die im Ieschkenqebiet gefundenen Überreste äußerst spärlich: man hat nichts weiter als die St'elglieder von Seelilien entdeckt, pflanzenähnlichen, höchst zierlich geformten Tieren. Altes andere, was sicher sonst noch am Boden des Meeres wucherte oder in dem schlammigen Wasser seine Daseinsbedingungen fand, das ist entweder bei der Aufwölbung der Schichten zu dem Gebirge bis zur Un kenntlichkeit zerquetscht oder eben bis jetzt noch nicht aus dem Gestein herausgelöst worden. Vielleicht hat einer von uns das Glück, dort beim Hämmern in den Kalkbrüchen einen Brachiopoden (muschelähnliches Tier) oder gar einen schönen Trilobikenkrebs ans Tageslicht zu fördern. Dann würde mit Sicherheit bewiesen —was vorderhand noch nicht völlig klar steht —, daß diese Gesteinsschichten entstanden sind in dem Kambrischen Urmeer. Dos ist die älteste Versteinerungen führende Zeit. Das Becken von Prag und Pilsen ist ein klassisches Beispiel dafür. Dlefolgende Periode, das Silur, war eine Zeit größter Meeresbedeckung in unserer Gegend. Aus Böhmen flutete das Meer herüber bis nach dem nördlichen Sachsen und der pieußischen Oberlausitz. Aber kümmerlich scheint auch jetzt noch die Tierwelt entwickelt. Bon bekannteren Arten lebten nur die verschiedenen säge-und kammförmigen Graptolithen (polypenähnliche Koloni ). Nach ihrem Tode sanken sie zu Boden und wurden eingebettet in Schlamm und Sand, dem mitunter — besonders in den Uferzonen — auch Gerölle und Geschiebe bcigemengt waren. Als das Wasser dann abgelausen oder der Meeresgrund durch unterirdische Ge walten emporgehoben war, da verhärteten die Massen zu einer grau-grünlichen, dem Sandstein oft täuschend ähnlichen Bildung; man nennt sie die Rauch-oder Grauwacke. Diese Gesteinsart wird wohl den meisten bisher unbekannt sein, wenigstens für die hiesige Gegend. An der sächsisch preußischen Grenze zieht sie sich noch als langer, freilich oft unterbrochener Saum von Görlitz bis Leipzig. Dagegen findet sie sich in unserer Nachbarschaft nur in Form kleiner Schollen, so bei Obermittig nahe Kratzau, bei Georgenthal und als ein ganz kleines isoliertes Stück im Nonnenwalde westlich Dittersbach a. d. Eigen. Warum, fragen wir uns unwillkürlich, kommt die Grauwacke bei uns nur noch in solch geringfügigen Resten vor? Ist sie in späteren Zeiten verwittert und vollständig abgetragen worden, oder liegt sie unter anderen Schichten tief verborgen, daß wir nicht an sie herankönnen? — Sicher wurde am Ende des Silurs und in dem sich anschließenden Devon ein großer Teil der Grau wacken durch Wind und Wetter wieder zerstört. Aber der wahre Grund ist doch ein anderer! Und darum wollen wir etwas weiter ausholen! Wir müssen annehmen, daß alle in der Urzeit und im grauen Altertum — d. h. Kambrisches Urmeer, Silur, Devon — entstandenen Schichten ursprünglich nur horizontal oder höchstens schwach geneigt abgelagert worden sind. Aber in folge der weiterschreitenden Abkühlung der Erde, die einen großen Teil ihrer Wärme an den freien Weltenraum abgab, zogen sich die Massen im Innern zusammen. Die feste Erd kruste (Erstarrungskruste, Panzerdecke), die nur einer dünnen Haut entspricht, mußte nun zu weit werden. Und einem Apfel oder einer Kartoffel vergleichbar, deren Schalen durch Aus trocknung im Frühjahr schrumpfen, runzlich werden, mußte auch die Erdrinde schrumpfen, sich in Falten legen. Die erste große nachweisbare Auffaltunq der Schichten — wir werden davon noch mehr kennen lernen — trat am Ende der Steinkohlen- oder Karbonzeit ein. Es war ein bedeut sames Ereignis. Dadurch entstanden Gebirge, die aus Süd frankreich über die Vogesen,den Schwarzwald,das Rheinische Schiefergebirge, den Harz und in weitem Bogen die Sudeten umfaßten. Die Höhen der Alpen haben sie mindestens erreicht. DasBeispiel eines durch seitlichenDruck zusammengeschobe nen Stück Tuches oder mehrerer Blatt Papier zeigen aber, daß unter den Falten Hohlräume entstehen. In diese drangen nun aus dem glühenden Erdkern ungeheure Massen von vulkanischem Brei oder Magma. Weil aber die Grau wackenschichten als mächtig starker Mantel darüber lagen, konnten sie ihn nur selten durchbrechen. Vielmehr wurden lie durch den ungeheuren Druck emporgehoben und verbogen. Manche Schichten blätterten auf und wurden durcheinander geschoben. Die untersten Erdschollen des Mantels sanken vollständig in den vulkanischen Herd hinein,wo sie ein-oder umgeschmolzen und durch neue Nachschübe in ganz veränder ter Form wieder herausqepreßt wurden. Die mittleren Schich ten hingegen wurden von den feurigen Massen nun allseitig umhüllt, und endlich in die obersten Teile der Decke zwängte sich —bald in starken, bald in dünnen Armen — der glutige Stoff; zum Teil bekamen sie nur die über 1000 " hohe Hitze zu spüren, jahre-, jahrhunderte lang. Das Gestein, das aus der Tiefe herausquoll, nachdem es einen großen Teil unserer Grauwackenbedeckung also ver schluckt, umgeschmolzen oder sonst stark verändert hatte, war der allbekannte Granit. Auch andererorts ist er kein Fremder. Im Schwarzwald, in den Vogesen, im Oden wald, im Harz, im Böhmerwald, im Fichtel-, Erz- und Riesengebirge, im Thüringerlande, überall machen wir seine , Bekanntschaft. Und gar erst in der Lausitz! Bon der Dres-