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Ar. 20 Gberlausitzer Heimatzeitung 231 Freilich blieb das Urstromtal nicht ganz so eben. Die Zeit nach der Eiszeit, die sogenannte Nach eiszeit oder Steppenzeit, ist von mächtigen Winden ausgefüllt worden. Die ergriffen den feinen Sand des Urstromtales und häuften ihn zu langen und bedeutenden Sandhügeln. Diese zeigen auf der Seite, welche dem Winde zugekehrt war (meist Westen) einen flach ansteigenden Rücken. Die kleinen Sandkörnchen rollen, durch die Kraft des Windes getrieben, darauf immer weiter. Am Ende fallen sie ab und setzen so die Sandrücken fort. Alles, was in den Weg kommt, wird un barmherzig in Sand eingehüllt, Bäume schauen oft nur mit wenigen Asten heraus, Straßen und Felder verschwinden, denn diese Sandberge gleichen den Dünen an der Ostsee: sie wandern. Und so kann es geschehen, daß das einstmals Verschüttete nach Jahren wieder zum Vorschein kommt. Solcher Dünen haben wir in der nörd lichen Lausitz eine ganze Reihe. Sie sind meist von außerordentlicher Schönheit (Hunnenhügel bei Wessel), besonders dann, wenn sie an Teichen liegen (Großsärchen bei Wittichenau). Als die Schanze von Nielhen. O. Pferdeschmuck, Haarschmuck, Knochenringe, Kämme, Fibeln, Sicheln, goldene Ringe, sogar Sicherheitsnadeln u. a. m. (Bautzener Museum.) Dünengebiet und Urstromtal Während wir also der Tätigkeit der Flüsse nach der Eiszeit die schönen Flußtäler mit ihren Skalen verdanken, schufen sie im Norden mittels ihrer großen Kraft etwas, was durchaus im Gegensatz zu vorhin geschilderter Tätigkeit steht. Als das Eis nämlich bei der letzten Vereisung an der Nordgrenze der Lausitz Halt machte, schüttete es wie sonst einen langen Hügelzug von Sanden und Schottern auf. Es kamen aber wärmere Winde und schmolzen die mächtigen Eismassen. Die ungeheuren Schmelz wässer vereinigten sich mit den Flüssen der Lausitz und des Oder gebietes und ergossen sich in einem riesigen Tale nordwestwärts. Dieses Tal wird das „Lausitzer Urstromtal" gcnann« und zieht sich von Breslau her über Baruth, Wittichenau, Hoyerswerda und Ruhland bis zur Elbe. Es hat heute die Form einer riesigen, vollkommen ebene» Platte, die sich scharf von den „ ... c» . südlichsten Dünen darf man wohl das Gebiet " "" zwischen Luppa, Milkel, Steinitz, Königswartha und Neschwitz ansehen, bekannt unter dem Namen „Hahnenberge". Hier hat jeder Gelegenheit, eine andere Kraft des Windes und des seinen Dünensandes zu beobachten. Denn der über den Boden getriebene Sand prallte an die freiliegenden Steine, die die Gletscher abgesetzt halten, und wirkte wie ein Sandgebläse. Er fraß die weicheren Stellen heraus, was man an jedem Feld steine beobachten kann, und schliff schließlich eine Seite schräg ganz glatt. Sobald sich der Wind drehte, entstand eine neue Schliffläche. Trafen sich nun solche, so bildeten sich oft messer scharfe Kanten, die wir an den sogen. „Zwei-, Drei-, Bier- und Fünfkantern" der Dünen heute noch bewundern. (Hahnenberge, Urstromtal.) So bietet uns die Eiszeit eine Fülle von erhabenen und merk würdigen Erscheinungen. Erst schlug das Inlandeis unsere Fluren in mächtige Fesseln und tötete alles Leben (das während der Braunkvhlenzeit unzweifelhaft vorhanden war). Dann über- s fluteten gewaltige Ströme die heimatliche Erde und schufen ihre i heutigen Formen. Schließlich wurde der Boden ein Spiel des sanftgewellten alten Schottern des Gletschers ab hebt, fast 40 km breit; denn das Wasser des Ur stroms wurde immer schwächer und ebnete dann seine Aue mit Sand und Lehm ein. In dieses riesengroße Tal haben sich endlich die heutigen Flüsse ihre zwerghaften Betten cingegraben (die meisten Flüsse der nördlichen Lausitz folgen heute diesem Urstromtal, während Neiße, Spree, Bober u. a. dies weite Tal durchbrechen und nach Nor den fließen). Freilich besitzen sie nicht mehr ihre alte Kraft, träge und langsam fließen sie dahin in vielfach geschlängeltem Laufe. Man hat später in ihre Täler Querdämme gebaut und so auf die einfachste Art Teiche gewonnen, deren Schönheit uns noch beschäftigen wird. Zum Teil fließt unter der Oberfläche des Urstromtales heute noch der alte Urstrom, freilich ganz langsam. Uns fallen mehr die Gewässer der Oberfläche ins Auge: die schönen, blanken Seen, die lustig rieselnden Bäche und die klaren Teiche. Sie sind so oft be fangen und verherrlicht worden. Das Wasser der dunklen Tiefe aber, der Urstrom, verfällt der Vergessenheit. Und doch ist er die allesspendende Mutter der übrigen Gewässer — ein Abbild des Schicksals, das vielem wahrhaft Großen wieder holt zuteil wird. Buchwalde bei Großsärchen. Düne am Großteich. Dr. Beil-Dresden.