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230 Gberlausitzer Heimatzeitung Nr. 20 der Granitketten wurden einfach abgeräumt und erniedrigt. Bon solchen Bergen, die ein eigenes Gestein haben, nahm der Gletscher auch einzelne Gesteinsstücke mit und verstreute sie dann schweif artig nach Süden (Strohmberg und Löbauer Berg). Die ganze blühende Kultur unserer Gegend wurde vernichtet. Eichen und Cypressen starben unter dem kalten Hauch des Eises und ver schwanden, mit ihnen auch die Tiere, die wegen des südlichen Klimas in großer Zahl bei uns lebten. Unaufhaltsam stemmte sich der Riesengletscher vorwärts. Durch die Schwere der Eismassen senkte sich über lockerem Untergründe der Anfang des Gletschers (Stirn) und schob die Schichten des schon bestehenden Unter grundes übereinander, sodaß „Stauchungen" entstanden. So liegen z. B. in den großen Braunkohlenlagern bei Zeißholz, Großdubrau u. a. die Flöße sehr oft übergeschoben oder mindestens stark gefaltet. Manche Braunkohlenschichten sind einfach mit nach Süden genommen worden, vielleicht geschah das auch mit den Sanden und Tonen, die ebenfalls in der Braunkohlenzeit ent standen. Dort, wo der Gletscher nicht weiter konnte (am Mönchs- walder Berg in 420 Meter, am Kottmar in 465 Meter Höhe, der Löbauer Berg wurde wohl um 100 Meter überschoben), be gann er die milgeführten Massen abzulagern. Und so finden wir am Fuße des ganzen Gebirgszuges eine ungeheure Anhäufung von Erd- und Steinmassen (ganz so, wie auch jeder Alpengletscher seine Moränen ablagert), die sich zu großen Hügeln formen (Wolfshügel bei Briefing, Sandberg bei Strehla usw.). Die Sammlung der „Isis" sm Bautzener Museum enthält aus diesem eiszeitlichen Schutte Korallen, Seeigel, Schwämme und Schlangen sterne (Südschweden, Rügen), zumeist als sogen. „Steinkerne" in Feuerstein, die uns zeigen, wie auch in dieser Hinsicht die Eis zeit eine Bereicherung in unser geologisch armes Gebiet brachte. Und wie schön sind nicht Achate, Amethyste, Jaspis und Lhalcedon — ebenfalls eiszeitliche Zeugen —, wenn sie geschliffen sind? Wir haben also bei uns die Endzeichen der großen Eiszeit. Und da die Gletscher sicher mehrmals vor- und zurückgingen, so hinterließen sie als Moräne viel Gletscherschutt, die sich heute unfern Augen als Sand- oder Schotterberge ganz auffällig am Fuße der nördlichen Granitbergzüge dartun. Sand ist aber un fruchtbar, das weiß ein jeder. Da unser Moränengebiet jedoch sehr gut angebaut und von einer ziemlich hohen Bodenklasse ist, so muß noch etwas anderes geschehen sein. Die Erklärung gibt die Eiszeit selbst. Sie kam in ihrer Wucht nicht auf einmal, sondern machte drei Borstöße, von denen der erste bis Nordsachsen, der zweite ungefähr bis an den Töpferberg (Zittauer Gebirge und Landesgrenze), der dritte viel weiter zurück bis in die Gegend des heutigen Flämings a. d. Elbe erfolgte. Alle aber hinterließen ihre Spuren in den Kies- oder Schotterbergen. Zwischen diesen einzelnen Eiszeiten hat man Zeiten entdeckt, die ganz anders waren, die seuchtes, warmes Klima mit sich brachten und trockene, starke Winde. Letztere ergriffen eine fruchtbare Schicht (den Löß und den Lößlehm) auf den Moränenhügeln und führten sie in mächtigen Staubwolken nach Süden. Dort, wo sie sich nieder schlugen, hat man heute die fruchtbarsten Felder (Wetro, Nieder gang, Lommatzscher Pflege und Leipziger Gegend). Bei uns ist diese Schicht sehr dünn, daher prägt sich der sandige Untergrund unserer Schotterberge durchweg in der Pflanzenwelt aus. (Echte Sandbäume: Birke und Kiefer.) Wo aber der blanke Sand zu tage tritt, siedeln sich Natternkops, Königskerze und stellenweise Disteln an und beweisen dadurch, daß das Leben auch über den unfruchtbarsten Boden zu siegen weiß. Hätte aber nur das Inlandeis mit seinen Nachwirkungen unsere Heimat geformt, so gliche sie den lieblichen Hügelgeländen Mecklenburgs, Holsteins u. a., also einer fruchtbaren Landschaft mit wogenden Getreidefeldern und lachenden, grünenden Laub wäldern. Und da der Lehm, der von der „Grundmoräne" entsteht und alle möglichen Steine gepackt enthält, für das Wasser un durchlässig ist, würden wir bei uns auch den eigenartigsten Reiz der Mecklenburger, Holsteiner und Masurischen Platte bewun dern dürfen: Tausende von blinkenden Seen mit ihrem zarten Blau und ihren herrlichen Randwäldern. Daß sie aber tatsäch lich heute ganz anders aussieht, ist das Werk der zahlreichen und mächtigen Flüsse, die nach der Eiszeit in Verbindung mit den Eigenströmen der Lausitz den „Geschiebelehm" der Gletscher er griffen und meistenteils fortführten. Was sie als Gegengeschenke zurückließen, das ist unser heutiger unfruchtbarer Schotter, der leider große Strecken der Lausitz bedeckt. Die Flüsse haben sich nun durch Schotterberge und stehengebliebene Granithügel ihren Weg gebahnt. Bei den ersteren wurde es ihnen nicht allzu schwer gemacht: denn der Sand ist leicht wcgzuschwemmen. Vielfach aber benutzten die Gewässer gar nicht diesen leichteren Weg. An verschiedenen Beispielen (Spree bei Bautzen, Löbauer Wasser bei Weißenberg, Neiße bei Hirschfelde u. a.) kann man schließen, daß dort, wo die Flüsse heute hätten fließen können, eine hohe Gröditzer Skala. 2. Kaubgch Bautz». Mauer von Schottern der Eiszeit gewesen sein muß, sodaß sich die Flüsse lieber den Weg durch den harten Granit wählten. Und da begann es seine ganze reißende und nagende Kraft zu entfalten. Es sägte und schrammte, es wühlte und sprengte, es riß und stürzte. Und so schuf es sich in jahrtausendelanger Arbeit ein tiefes Bett in die Felsmassen, die der Wanderer noch heute bei Doberschau, Weite Bleiche, am Abgott bei Oehna, bei Blösa, Kuckau, Ostro, Weicha, Weißenberg, Rodewitz-Niethen, Kloster Marienthal u. a. schauen kann, und die von den Sorben Skalen genannt werden. Es sind die Stellen, die inmitten einer gleich förmigen sanften Schotterlandschaft Bilder von hoher Schönheit, von kühnen, wilden Zügen zaubern. Unsere ersten Bewohner der Lausitz benutzten die günstigen Verhältnisse und bauten hier ihre trotzigen Schanzen, hochgetürmt gegen die Landseite, senkrecht abstürzend nach der Fluhseite. Der Wanderer, der sich heute von ihnen an der wunderlieblichen Verbindung von grüner Wiesenaue, üppigem Buschwerk und weitem Blick in die Ferne erquickt, lenkt dabei wohl seine Gedanken nach uralter Zeit, wo hier Männer und Jünglinge ihre Schwerter und Lanzen gegen die anrückenden Feinde schwangen, indes die Frauen und Kinder mit ihrer Habe und ihrem Vieh zitternd hinter dem Wall Schutz suchten. Solch schöne Schanzen findet man bei Blösa, Weite Bleiche, Doberschau, Coblenz, Nedaschiitz, Spittwitz, Ostro, Kuckau, Niedergurig, Niethen, Lauske, Kopschin, Göda, Gröditz, Conne witz u. a. Groß ist der Reichtum dessen, was eifrige Sucher in diesen Ringwällen fanden: Steinhämmer, Kinderspielzeug,